Ausnahmegenehmigung abgelehnt Frau darf mit Gesichtsschleier nicht ans Steuer
27.01.2025, 20:41 Uhr Artikel anhören
Die verschleierte deutsche Muslimin klagte gegen das Land Berlin.
(Foto: picture alliance/dpa)
Soll es einer Frau in Deutschland erlaubt sein, beim Autofahren einen Nikab zu tragen? Diese Frage beschäftigt bereits mehrere Gerichte. Bisherige Entscheidungen der Richter zur Ausnahmegenehmigung vom Verhüllungsverbot fielen unterschiedlich aus. Das Urteil eines Berliner Gerichts ist eindeutig.
Das Tragen eines Gesichtsschleiers am Steuer eines Autos bleibt einem Gerichtsurteil aus Berlin zufolge verboten. Eine 33-jährige deutsche muslimische Frau scheiterte mit einer Klage am Verwaltungsgericht der Hauptstadt, mit der sie eine Ausnahmegenehmigung für das Führen eines Kraftfahrzeugs mit einem sogenannten Nikab erstreiten wollte.
Nach der Straßenverkehrsordnung (Stvo) dürfen Personen, die ein Kraftfahrzeug führen, ihr Gesicht nicht so verhüllen oder verdecken, dass sie nicht mehr erkennbar sind. Die Klägerin verwies darauf, dass es ihr muslimischer Glaube gebiete, dass sie sich außerhalb ihrer Wohnung nur vollverschleiert zeigen dürfe. Auch im Auto sei sie den Blicken fremder Menschen ausgesetzt. Daher müsse ihr erlaubt werden, beim Steuern eines Autos ihren gesamten Körper einschließlich des Gesichts bis auf die Augenpartie zu verschleiern.
Ihren Antrag auf Erteilung einer entsprechenden Ausnahmegenehmigung hatte das Land Berlin abgelehnt. Dagegen richtete sich die Klage. Das Verwaltungsgericht Berlin wies diese nun ab. Eine Ausnahmegenehmigung könne die Klägerin auch mit Blick auf ihre grundrechtlich geschützte Religionsfreiheit nicht beanspruchen. Diese müsse hinter anderen Verfassungsgütern zurücktreten. Das Verhüllungsverbot gewährleiste eine effektive Verfolgung von Rechtsverstößen im Straßenverkehr, indem es die Identifikation der Verkehrsteilnehmer ermögliche, erklärte das Gericht.
Das Verhüllungsverbot diene zudem dem Schutz der körperlichen Unversehrtheit und des Eigentums Dritter, weil Kraftfahrzeugführer, die damit rechnen müssten, bei Regelverstößen zur Verantwortung gezogen zu werden, sich eher verkehrsgerecht verhielten als Autofahrer, die nicht identifiziert werden können.
Demgegenüber wiege der Eingriff in die Religionsfreiheit der Klägerin weniger schwer, befand das Gericht. Ein gleich wirksames, aber mit geringeren Grundrechtseinschränkungen verbundenes Mittel stehe nicht zur Verfügung. So könne etwa eine Fahrtenbuchauflage nur dem Halter eines Fahrzeugs auferlegt werden. Die Klägerin begehre jedoch eine Ausnahme als Lenkerin eines Fahrzeuges.
Für ungeeignet befand das Gericht auch den Vorschlag der Klägerin, einen Nikab mit einem "einzigartigen, fälschungssicheren QR-Code" auszustatten und die Ausnahme vom Verhüllungsverbot mit einer solchen Auflage zu verbinden. Nach Ansicht der Richter wäre damit nicht garantiert, dass die Person mit dem Nikab tatsächlich diejenige sei, für die der QR-Code kreiert wurde. Gegen das Urteil kann Berufung beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg beantragt werden.
Bundesweit mehr als ein Dutzend Verfahren
Nach Angaben der Senatsverkehrsverwaltung ist in Berlin bislang keine Ausnahmegenehmigung erteilt worden. Nach Kenntnis der Verwaltung ist dies auch in anderen Bundesländern bislang nicht der Fall. Mehrere Gerichte in Deutschland haben sich bereits mit der Thematik beschäftigt. In Rheinland-Pfalz hatte das Oberverwaltungsgericht in Koblenz im August 2024 entschieden, dass der Antrag einer Muslimin auf Befreiung vom Verhüllungsverbot beim Autofahren zu Recht abgelehnt worden ist.
Laut Klägeranwalt und des Vereins Föderale Islamische Union gab es jedoch einen Fall in Schleswig-Holstein, wo für die Dauer von drei Jahren eine Ausnahmegenehmigung erteilt wurde. Die Religionsgemeinschaft hat das Verfahren nach eigenen Angaben begleitet und finanziert. Sie unterstütze bundesweit mehr als ein Dutzend weiterer Verfahren, erklärte ein Sprecher.
Quelle: ntv.de, gut/AFP/dpa