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Hessen Gericht: Hessen-AfD darf als Verdachtsfall beobachtet werden

Ein hohes Gericht sieht Anhaltspunkte für Bestrebungen in der AfD gegen die Demokratie. Der Verfassungsschutz darf die Partei in Hessen als Verdachtsfall bewerten. Wie reagiert die AfD?

Kassel (dpa/lhe) - Auch in Hessen darf der Landesverfassungsschutz die AfD als Verdachtsfall einstufen und beobachten. Das hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof in Kassel entschieden, wie das Gericht mitteilte. Bestätigt wurde damit unter anderem eine vorhergehende Entscheidung im Eilverfahren des Verwaltungsgerichts Wiesbaden vom November 2023.

Das Landesamt für Verfassungsschutz hatte vor rund drei Jahren die Einstufung vorgenommen, dass der AfD-Landesverband in Hessen ein rechtsextremer Verdachtsfall ist. Im November 2023 entschied das Verwaltungsgericht Wiesbaden, dass die hessische AfD beobachtet werden darf. Die AfD war unter anderem deshalb vor den Verwaltungsgerichtshof gezogen. Strittig war auch, inwieweit diese Einstufung als Verdachtsfall öffentlich gemacht werden darf.

AfD wehrt sich weiter gegen ihre Beobachtung

Die Partei teilte mit, sie halte die aktuelle Begründung "nicht für überzeugend, die AfD als Verdachtsfall einzustufen". Sie werde "den Rechtsweg weiter beschreiten". Die Partei ergänzte: "Nach der Entscheidung im Eilverfahren geht es nun im Hauptsacheverfahren vor das Verwaltungsgericht Wiesbaden." Damit bezog sich die AfD darauf, dass der Hessische Verwaltungsgerichtshof bislang lediglich in einem Eilverfahren entschieden hat - unanfechtbar und höchstens mit der Möglichkeit etwa einer Verfassungsbeschwerde.

Landesinnenminister Roman Poseck (CDU) begrüßte die neue Gerichtsentscheidung: "Sie bringt endlich Rechtsklarheit in einer für unsere Demokratie zentralen Frage." Der Verwaltungsgerichtshof habe die Auffassung des Verwaltungsgerichts Wiesbaden bestätigt, "dass die AfD in Hessen gegen die Menschenwürde und das Demokratieprinzip verstößt". 

Innenminister: AfD hat sich immer weiter radikalisiert

Die Entscheidung stelle der Partei im Land "ein vernichtendes Zeugnis aus". Die AfD habe sich in den vergangenen Jahren auch in Hessen immer weiter radikalisiert: "Gemäßigte Kräfte wurden aus der Partei gedrängt oder kalt gestellt."

Poseck kündigte an: "Das Landesamt für Verfassungsschutz wird den Beschluss auswerten und die daraus folgenden Konsequenzen für den weiteren Umgang mit der hessischen AfD ziehen." Der Innenminister, einst höchster Richter Hessens, hatte vor rund drei Wochen das lange Verfahren um die AfD-Einstufung kritisiert.

Gericht: AfD richtet sich gegen Menschenwürde von Ausländern

Der Landesverfassungsschutz hatte argumentiert, es bestehe beim AfD-Landesverband der Verdacht einer gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung gerichteten Bestrebung. Der Verwaltungsgerichtshof hielt in seinem Beschluss fest, dass es dafür tatsächliche Anhaltspunkte gebe. 

Das Verwaltungsgericht als Vorinstanz habe etwa in Abwägung mit der Meinungsfreiheit unter anderem zutreffend angenommen, dass die AfD für einen sogenannten ethnischen Volksbegriff eintrete. Es gebe außerdem hinreichende Aussagen, die sich "gegen die Menschenwürde von Ausländern, insbesondere Asylsuchenden, als ethnisch „Fremde“ richteten". 

Gericht: Pauschale Herabwürdigung von Muslimen

Weiterhin gibt es laut dem Verwaltungsgerichtshof Anhaltspunkte für eine diskriminierende Ungleichbehandlung von Deutschen mit und ohne 
ausländischen Wurzeln. Äußerungen der AfD deuteten einen rechtlich abgewerteten Status von Deutschen mit Migrationshintergrund an. Zudem gebe es Anhaltspunkte dafür, dass Muslime pauschal herabgewürdigt würden. 

Verfassungsschützer haben Grenzen bei Öffentlichkeitsarbeit

Das Verwaltungsgericht Wiesbaden hatte 2023 auch beschlossen, dass der Verfassungsschutz seinerzeit die Öffentlichkeit rechtswidrig in einer Pressemitteilung über die Beobachtung der AfD unterrichtet habe. Dafür gebe es zumindest in Hessen keine gesetzliche Grundlage. 

Der Verwaltungsgerichtshof erläuterte, die Verfassungsschützer könnten aber in ihren Verfassungsschutzberichten die Öffentlichkeit über die AfD aufklären. Die Partei verbuchte diese gerichtliche Einschränkung nach eigener Aussage als einen juristischen Sieg. 

FDP: Keine Distanzierung von Rechtsextremisten

Laut der Grünen-Fraktion im Landtag unterstreicht der neue Gerichtsbeschluss, dass die AfD längst keine Protestpartei mehr sei: "Sie wendet sich gegen unsere Freiheit, unsere Demokratie und gegen die Menschenwürde. Deshalb wird sie völlig zu Recht vom Verfassungsschutz beobachtet." 

Die FDP-Fraktion befand: "Die hessische AfD hat es bis heute nicht geschafft, sich von Rechtsextremisten wie Björn Höcke, dem sogenannten Flügel und der Identitären Bewegung zu distanzieren - im Gegenteil: Flügel und Freunde der Identitären Bewegung sind Teil der Fraktion."

Quelle: dpa

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