Hessen Immer mehr Müll rund um Altkleider-Container
10.10.2025, 03:57 Uhr
Eigentlich sollte es um die Weiternutzung abgelegter Kleidung gehen. Doch Container zum Sammeln von Altkleidern erinnern häufig eher an eine Müllkippe.
Frankfurt/Main (dpa/lhe) - Müllsäcke stapeln sich, Kleidung liegt zerstreut auf dem Boden rund um den Container: Ein unschöner Anblick, der sich an vielen Sammelstellen von Altkleidern in Hessen bietet. Die Kommunen wissen um die zunehmende Vermüllung und haben teilweise inzwischen Konsequenzen gezogen.
Die Stadt Bad Soden-Salmünster im Main-Kinzig-Kreis gibt einige Standorte von Altkleider-Containern auf, wie sie Anfang Oktober mitteilte. Die Container würden nun vor und auf dem städtischen Bauhof aufgestellt.
Sperrmüll an den Sammelstellen, herumliegende Kleidung, all dies müsse die Müllabfuhr auf Kosten der Allgemeinheit beseitigen, beklagt die Stadt. Das sei nicht zumutbar, sagt Bürgermeister Dominik Brasch (CDU): "Eine tägliche Reinigung dieser Standorte ist weder praktikabel noch finanzierbar."
Kreislaufwirtschaft funktioniert nicht
Das Bild gleicht sich in vielen Städten. Die Stadtwerke Offenbach nennen auf Anfrage den zusammengebrochenen Markt für Alttextilien und eine nicht funktionierende Kreislaufwirtschaft als Gründe.
Es gebe einen unverminderten Zustrom von Billigkleidern, die meist schon nach kurzer Zeit nicht mehr an Bedürftige weitergegeben werden könnten. "Die Hersteller dieser Kleidung sind aber noch nicht verpflichtet, diese Textilien wieder zurückzunehmen, oder sich an der Finanzierung des Sammelsystems zu beteiligen", sagt Sprecherin Sigrid Aldehoff. Dies führe dazu, dass die Kleiderberge schneller wüchsen, als sie abtransportiert werden könnten.
Dreckecken auf den Abstellplätzen
So entstünden Dreckecken auf den Abstellplätzen. "Wer einen Abend lang seinen Kleiderschrank ausgemistet hat und froh ist, die Sachen endlich entsorgen zu können, nimmt sie nur in den seltensten Fällen wieder mit nach Hause, wenn der Container überfüllt ist", so die Sprecherin. In Offenbach werde derzeit geprüft, wie die Stadt einspringen könne.
Dass Alttextilien kaum mehr gewinnbringend verkauft werden könnten, bestätigt Michael Rückert, stellvertretender Geschäftsführer des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) in Hessen. Dies gelte für tragbare Kleidung ebenso wie für Textilreste.
Problem für karitative Organisationen
Für karitative Organisationen, die bislang mit dem Aussortieren und Verkauf Geld verdienten, um damit soziale Projekte zu finanzieren, sei dies ein Problem. Teilweise müsse man inzwischen draufzahlen. Hinzu komme, dass jeglicher Müll in die Container geworfen werde, den man dann kostenpflichtig entsorgen müsse. Einige Kreisverbände hätten das Sammeln von Altkleidern deshalb beendet.
Die Entwicklung betrifft auch den Malteser Hilfsdienst, wie eine Sprecherin für die Region Hessen, Rheinland-Pfalz, Saarland mitteilt. Dennoch wolle man die karitative Textilsammlung aufrechterhalten und sei mit den Kommunen im Gespräch. Diese könnten etwa Gebühren erlassen oder eine Zuzahlung leisten. Langfristig hoffe man auf eine nachhaltige europäische Regelung zur Finanzierung der Sammlung und Verwertung von Alttextilien.
Auch in Frankfurt muss die Müllabfuhr regelmäßig die Aufstellplätze von Containern reinigen - ein Problem wilder Ablagerungen gebe es allerdings rund um alle Arten von öffentlich zugänglichen Behältern, auch für Altglas, teilen die Entsorgungsbetriebe FES mit. "Übermengen an Altkleider-Containern liegen jedoch in der Aufgabe des Betreibers/Aufstellers dieses Behälters", erklärt eine Sprecherin.
"Klamoddekurier" kommt mit Lastenrad
Alternativ kann man in Frankfurt Container auf den Wertstoffhöfen nutzen oder in einigen Stadtteilen den "Klamoddekurier" bestellen, der Alttextilien mit dem Lastenrad abholt - ein durchaus nachgefragtes Angebot, wie die FES erklärt: Rund 900 Abholungen gab es im ersten Halbjahr 2025.
"Überfüllte Container können vorkommen, gerade an den Wochenenden", heißt es aus Kassel. Ein Sprecher der dortigen Betriebe "Die Stadtreiniger" sieht im Preisverfall für Alttextilien den Grund.
In Wiesbaden haben die Entsorgungsbetriebe bereits mit Beginn des ersten Corona-Lockdowns eine Zunahme der Menge an Alttextilien bemerkt, die einfach an den Containern abgelegt werden. Damals haben viele Menschen die Zeit genutzt, um zu Hause auszumisten.
Ständiger Drang zu neuer Kleidung
Ein Sprecher nennt auch minderwertige Fast-Fashion - schnell und billig produzierte Kleidung, die nicht lange getragen wird - und den Drang der Menschen, ständig neue Kleidung zu kaufen als Gründe. Die Neuregelung zur getrennten Erfassung von Alttextilien, die seit 1. Januar 2025 gilt, habe die Entwicklung verstärkt.
Seitdem müssen Textilabfälle getrennt entsorgt werden. Doch was das genau bedeutet, darüber gebe es viel Unsicherheit. Der korrekte Ort für verschlissene und verschmutzte Kleidung ist nicht der Container, sondern die Restmülltonne, wie von den Entsorgungsbetrieben der Städte betont wird. In die Altkleidersammlung sollen nur Kleidungsstücke, die noch tragbar sind.
Quelle: dpa