Hessen Turbo-Weinernte – Riesling-Ertrag unter dem Durchschnitt
26.09.2025, 15:06 Uhr
Rasche Reife und Regen haben die Weinlese in Hessen beeinflusst. Wie zufrieden sind die Winzer? Welche Folgen hat der Klimawandel für sie?
Oestrich-Winkel/Heppenheim (dpa/lhe) - Der Regen der vergangenen Tage hat Hessens Winzer zur Eile angetrieben: Westlich von Wiesbaden blicken sie auf eine fast schon abgeschlossene Turbo-Ernte zurück. Der Rheingauer Weinbauverband sprach in Oestrich-Winkel von "einer der frühesten und schnellsten Ernten aller Zeiten".
Die rasche Reife der Trauben im August, der anfänglich noch schöne September und der dann vorhergesagte Regen habe schnelles Handeln erfordert, "um das gesunde Lesegut in den Keller zu bringen". Mit dem Ertrag zeigen sich Weinbauern zwischen Taunuskamm und Rhein weniger zufrieden.
Das Anbaugebiet Rheingau erstreckt sich laut dem Deutschen Weininstitut (DWI) über 3.180 Hektar - und das zweite, weitaus kleinere Weinbaugebiet in Hessen, die Hessische Bergstraße, über 461 Hektar. Bundesweit gibt es 13 Weinbaugebiete.
Wie weit ist die Weinlese an der Bergstraße?
Hier sagte Kellermeister Thomas Schmitt von der Genossenschaft Bergsträsser Winzer: "Wir sind aktuell noch in der Weinlese." Der Ertrag werde nicht so hoch wie im vergangenen Jahr, aber es sei eine überdurchschnittliche Qualität. Einzig der Regen der vergangenen Tage habe die Freude etwas getrübt. Die feuchte Witterung begünstige die Traubenfäule.
Wie ist der Ertrag im Rheingau?
Der Ertrag der im Rheingau deutlich vorherrschenden Rebsorte Riesling lag laut dem regionalen Weinbauverband ungefähr 10 bis 15 Prozent unter dem langjährigen Mittel von rund 7000 Litern pro Hektar, vereinzelt hätten Weinbauern auch von einem weitaus geringeren Ertrag berichtet. "Das tut dem Winzer schon weh", sagte Verbandspräsident Peter Seyffardt.
Hinsichtlich der Qualität teilte der Rheingauer Weinbauverband mit, wer schnell gewesen sei, sei mit sehr gesunden Trauben belohnt worden. Nach den Regenfällen habe sich jedoch, besonders in den jüngeren Anlagen, Fäulnis zum Teil recht schnell entwickelt. Insgesamt sprach der Weinbauverband von "gesunden Trauben in hoher Qualität".
Welche Folgen hat der Klimawandel?
Die Vegetation erwacht als Folge des Klimawandels früher im Jahr. Das wirkt sich auch auf Austrieb und Blüte der Weinreben aus. "Die Faustregel – circa 100 Tage nach der Blüte beginnt die Riesling-Ernte – galt nicht wirklich und die Ernte begann bereits wesentlich früher", erklärte der Rheingauer Weinbauverband.
Die Veränderungen des Klimas wirkten sich positiv auf den Säuregehalt der Rieslingtrauben aus. "Das sich hartnäckig haltende Vorurteil – Riesling schmeckt sauer – gilt schon länger nicht mehr", hieß es weiter.
Und die negativen Folgen der Erderwärmung für Winzer? Der Weinbauexperte Manfred Stoll, Professor an der Hochschule Geisenheim im Rheingau, sagte: "Es sind die Extreme, die häufiger auftreten, die uns in Zukunft die Probleme bereiten." Bei vielem Sonnenschein an Hitzetagen können Trauben Sonnenbrand bekommen - und bei vielem Regen aufplatzen und faulen.
Welche weitere Bedeutung hat die Weinbranche?
Nach früheren Angaben des hessischen Weinbauministeriums sichert diese Wirtschaftsbranche im Rheingau und an der Bergstraße nicht nur Arbeitsplätze, sondern trägt auch zur Erhaltung der Kulturlandschaft und zur Stärkung des Tourismus bei.
Inwiefern gibt es eine Krise des Weinbaus?
Allerdings ist auch von einer Krise des deutschen Weinbaus die Rede. Hessens Weinbauminister Ingmar Jung (CDU) hatte kürzlich mit Blick auch auf US-Zölle erklärt, die hiesigen Weingüter gerieten "zwischen die Fronten: im Export durch Handelskonflikte, im Inland durch sinkenden Konsum".
Jung zufolge stammt nur 42 Prozent des in Deutschland getrunkenen Weins aus heimischer Erzeugung. Und die Gesellschaft altert, zugleich trinken junge Menschen weniger Wein - es gibt einen Trend zu alkoholfreien Getränken. Ältere Weintrinker sollen aus gesundheitlichen Gründen oft ihren Konsum verringern.
Quelle: dpa