Reise

Rauchschwaden über Neu Chicago Auf den Märkten in Buenos Aires

Teehändler auf einem Markt in Buenos Aires.

Teehändler auf einem Markt in Buenos Aires.

(Foto: imago/Xinhua)

Architektur, Museen, Theater, Buchhandlungen, Fußball, Gastronomie - Argentiniens Hauptstadt Buenos Aires geizt nicht mit Attraktionen. Pflicht für jeden Besucher sind auch die Märkte am Sonntag.

Die Porteños, also "die vom Hafen", so nennt man die Bewohner von Buenos Aires, sind nicht unbedingt als Frühaufsteher bekannt. Natürlich, wer den Samstagsabend in einem Theater auf der Avenida Corrientes verbringt, danach um Mitternacht Pizza essen geht und schließlich bis zum Sonnenaufgang durch die Bars und Clubs im Stadtteil Palermo zieht, der kann am Folgetag kaum früh fit sein. So sieht man am Sonntagvormittag meist wenige Menschen auf den sonst pulsierenden Straßen der zweitgrößten Metropole Südamerikas. Nur hier und da spürt man die Ruhe vor dem Sturm, denn bald schieben sich mit großen Augen Menschenmassen durch die Gänge -  es ist Markttag in Buenos Aires! Den bekanntesten Markt findet man San Telmo, dem ältesten Stadtviertel unweit des politischen und administrativen Zentrums.

Mercado de San Telmo: Die Obstauswahl ist riesig.

Mercado de San Telmo: Die Obstauswahl ist riesig.

(Foto: imago/robertharding)

Auf der Plaza Dorrego, wo früher die Bauern ihre Kutschen abstellten, bevor sie ihre Waren in der bis ins 18. Jahrhundert überschaubaren spanischen Siedlung verteilten, werden jeden Sonntag seit über 40 Jahren vor allem Antiquitäten verkauft. Edles Porzellan vergangener Tage wird neben verrosteten Lampenschirmen angeboten. Verstaubte Kartons voller Postkarten erzählen die Einwanderungsgeschichte der Hafenstadt. Irgendwoher erklingt immer ein Tango und ein klassisches Andenken ist zum Beispiel ein Türschild in der typischen Schrift des "Fileteado porteño", einem bunten und geschnörkelten Grafikstil, der in der lokalen Kultur seinen Ursprung hat. 

Mittlerweile platzt dieser Markt, die "Feria de San Telmo", aus allen Nähten und verteilt sich über mehrere Blocks auf das Kopfsteinpflaster der Straße Defensa. Hier bekommt man Laptop-Taschen im Andino-Design, gestrickte Strümpfe für den Hund und fliegende Händler aus den Nachbarländern verkaufen heimisches Fingerfood.

Ordentlich etwas zu essen gibt es auch auf einem Folklore-Markt etwas abseits im Südwesten von Buenos Aires. Hier, im Stadtteil Mataderos ("Schlachtereien"), finden in der Woche  Viehauktionen statt und alles dreht sich um die Rindfleischverarbeitung, so dass sogar der lokale Fußballverein "Nueva Chicago" (Neu Chicago) heißt - in Anlehnung an die Gemeinsamkeiten mit dem Zentrum der nordamerikanischen Fleischindustrie.

Bratwürste vom Grill

Sonntags landet vor allem Schweinefleisch in Form von Chorizos (grobe Bratwürste) und Bondiolas (Nackensteaks) auf dem Grill. Rauchschwaden ziehen über die "Feria de Mataderos" und wenn da nicht so viele Besucher wären, könnte man sich glatt auf einem Dorffest in der Pampa Argentiniens wähnen. Denn auf dem Markt in Mataderos sieht man Pferde-Shows und es gibt Reitausrüstung, feine Lederwaren oder sonstiges Gaucho-Zubehör zu kaufen. Dazu wird im Trommeltakt Chacarera getanzt, ein Volkstanz aus dem Norden des Landes.

Ganz anders ist die Stimmung im eleganten Stadtteil Recoleta. Direkt am gleichnamigen berühmten Friedhof, wo die Staatsprominenz vergangener Tage ruht, findet wöchentlich auf der "Plaza Francia" ein Markt für Kunsthandwerk statt. Goldschmiede bieten moderne Schmuckstücke an. Dekorationen aus der Kunstglasbläserei, kreativ verarbeitete Holz- und Keramikartikel oder auch handgefertigte Musikinstrumente sind an den Ständen ausgestellt. Einen Becher zum Mate trinken bekommt man zwar auf allen Märkten, aber hier wohl in der edelsten Version. Das urtypische Aufgussgetränk genießt man klassisch mit einem Trinkhalm aus einer Kalebasse, die hier zum Beispiel mit Silber verziert zu haben ist.

Feria De San Telmo: Auf dem Markt gibt es alles - von Klamotten bis Laptop-Taschen.

Feria De San Telmo: Auf dem Markt gibt es alles - von Klamotten bis Laptop-Taschen.

(Foto: imago/robertharding)

Früher war übrigens der grüne Hang vor dem Kulturzentrum Recoleta am Sonntag der Treffpunkt für Mate trinkende Hippies, die den Klängen von mehr oder weniger talentierten Nachwuchsmusikern lauschten. Diese Szene findet man heute eher im runden Parque Centenario, wo aber auch auf einem großen Flohmarkt von gebrauchtem Werkzeug bis zu kaum brauchbaren VHS-Kassetten so einiges zu finden ist. Ein Klassiker sind die wahlweise äußerst grimmigen oder äußerst gesprächigen Buch- und Zeitschriftenhändler auf der Westseite des Parks. Hier findet man so manchen vergriffenen Literaturklassiker oder vielleicht Diego Maradona auf dem Titelblatt einer alten Originalausgabe der argentinischen Sportzeitschrift "El Gráfico".

Grimmige und gesprächige Buchhändler

Grimmige und gesprächige Buchhändler und zudem Kisten voller Vinyl-Raritäten oder Briefmarkenschätzen gibt es auch ein paar Blocks weiter südlich, im Rivadavia-Park. Dieser Markt ist einer der ältesten der Stadt und auch außer an Sonntagen ein Paradies zum Stöbern. Und was machen die verkaterten jungen Leute, wenn sie endlich fit sind? Sie gehen dahin zurück, wo sie bereits die Nacht verbracht haben.

Auf nach Palermo in den bunten Hipster-Kiez Soho zum Klamotten shoppen! Rund um den Borges-Platz, den alle Porteños allerdings "Plaza Serrano" nennen, räumen die Bars Tische und Stühle zur Seite und geben am Sonntagnachmittag den Platz frei für die Kleiderständer junger Nachwuchs-Designer. Hier gibt es Shirts und Schuhe jenseits der großen Marken. Zwar stellen auch ein paar Maler ihre Werke auf einem Spielplatzes aus, aber grundsätzlich dreht sich alles um coole Outfits. Schließlich will man beim nächsten Ausflug in das Nachtleben von Buenos Aires besonders chic auffallen.

Quelle: ntv.de

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