"Rettung für alle Einsamen" Das Hostel der Zukunft steht in L.A.
01.09.2016, 11:36 Uhr
Bloß für ein paar Tage oder ein halbes Jahr: In Los Angeles gibt es vier PodShare-Unterkünfte.
(Foto: Twitter/@MattBero)
200 Euro für ein Hotelzimmer in Los Angeles? Das ist nicht für jeden machbar. Für alle, die sich das nicht leisten können, gibt es PodShare. 35 Euro pro Nacht für Bett, Frühstück, WLAN und Duschgel inklusive. Aber: Es gibt einen Haken.
Los Angeles ist mit knapp vier Millionen Einwohnern alleine im Stadtgebiet die zweitgrößte Stadt der USA und gemeinhin bekannt als Hotspot der Reichen und Schönen. Mehrere Millionen Besucher kommen jährlich in die Metropole, um sich unter anderem den Hollywood Boulevard Walk of Fame anzuschauen, eine Filmstudio-Tour mitzumachen oder am Venice Beach den Blick auf den Pazifik zu genießen.
Doch L.A. ist ein teures Pflaster. Zwar gibt es auch günstige Ein- oder Zwei-Sterne-Hotels, die allerdings auf gängigen Bewertungsportalen eher schlechte Wertungen bekommen. Und für ein Drei- oder Vier-Sterne-Hotel müssen Urlauber schon mal umgerechnet 150 bis 200 Euro pro Nacht berappen.
Im günstigen Sektor ist das Übernachtungsangebot also noch ausbaufähig. Und genau in diese Marktlücke hat Elvina Beck ihre Angebote platziert: PodShare – eine Mischung aus Airbnb und Jugendherberge. Vier dieser Häuser gibt es in L.A. schon. 2012 öffnete sie die erste Unterkunft, bis Ende 2017 sollen es zehn sein.
Stockbetten, Netflix und Leselampe
Und so sieht das Ganze aus: 18 Menschen teilen sich ein einziges Zimmer ohne Trennwände, sie schlafen in Stockbetten übereinander. Jeder hat sein zwei Quadratmeter großen Pod. Im Wesentlichen besteht dieser aus einem Bett mit einer Schaumstoffmatratze, außerdem gibt es einen Fernseher mit Spotify- und Netflix-Angebot und eine Leselampe. Die Gäste, oder "Podestrians" genannt, zahlen 35 Euro die Nacht. In diesem Preis inbegriffen ist WLAN, ein großes Frühstücks-Büfett und Leihfahrräder. Im Bad steht eine Auswahl an Duschgels, es gibt Deo und Zahnpasta zum "sharen" – also teilen. Außerdem stehen in der Unterkunft Arbeitsplätze für jedermann mit modernen Rechnern zur Verfügung, professionelle Schnittprogramme wie Adobe Suite oder Final Cut Pro inklusive.
Elvina Beck sieht in ihrer Erfindung mehr als nur eine billige Unterkunft, für sie zählt das Zusammengehörigkeitsgefühl. "PodShare ist die Rettung für alle Einsamen", sagt die 31-Jährige in einem Werbespot. Und tatsächlich ist der Grundriss der Unterkünfte so angelegt, dass die Gäste unvermeidlich aufeinandertreffen. Jeder Neuankömmling wird von einem Mitarbeiter durch die Räume geführt und den anderen Bewohnern vorgestellt. Dann bekommt er ein Stück Kreide in die Hand gedrückt, mit dem er seinen Namen auf eine Tafel neben seiner Schlafkoje schreibt.
Privatsphäre schon bei Buchung aufgeben
Privatsphäre ist also nicht vorhanden. Sie wird bereits bei der Buchung aufgegeben. Auf der Homepage sieht man nämlich nicht nur, wie viele Männer und Frauen sich gerade im PodShare eingemietet haben, sondern auch, was sie arbeiten, aus welcher Stadt sie kommen und wie viele gemeinsame Freunde man bei Facebook hat. "So kann man Big Data nutzen, um klügere Entscheidungen zu treffen", sagt Beck.
Doch in der großen Gemeinschaft gibt es strenge Regeln. Es ist verboten, Drogen zu nehmen und Sex zu haben. Und auch wer schnarcht, fliegt raus. "Wir helfen dann, eine andere Übernachtungsmöglichkeit zu finden", sagt Beck mit ihrem ständigen Lächeln auf den Lippen.
Beck sieht ihre "PodShare"-Idee sogar nicht nur als Übernachtungsoption für Touristen. Für sie ist das Wohnen in riesigen Wohngemeinschaften die Zukunft. Bereits jetzt können sich Menschen für 800 Euro pro Monat einen Pod mieten. In L.A. ein echtes Schnäppchen. Dort bezahlt man für ein Ein-Zimmer-Appartement locker den doppelten Preis. Beck lebt bereits seit vier Jahren in dieser ständigen Transparenz: Jede Nacht nutzt sie ein Bett in einer ihrer vier Unterkünfte. Sie könne nicht vom Teilen und einer großen Community sprechen, wenn sie dies selbst nicht lebe, so die 31-Jährige. Und wenn mal alle Pods ausgebucht sind, nehme sie eben das Sofa.
Quelle: ntv.de