"Mehrzahl der Fragen über Doping" Bolt ist vor der WM in Peking arg genervt
21.08.2015, 12:54 Uhr
Weiße Weste: Sprintstar Bolt hält den Rekord im 100-Meter-Sprint.
(Foto: imago sportfotodienst)
Bei der Leichtathletik-WM in Peking geht es für die Läufer um mehr als nur Medaillen: Die Doping-Skandale der letzten Jahre haben dem Sport schweren Schaden zugefügt, das Image steht auf dem Spiel. Einen stört die Debatte ganz gehörig: Titelverteidiger Usain Bolt.
Doping - das allgegenwärtige Thema in der Leichtathletik hat auch Superstar Usain Bolt zwei Tage vor seinem ersten Auftritt bei der WM in Peking eingeholt. "Die Mehrzahl der Fragen ist über Doping. Das ist wirklich traurig. Es steht wirklich im Mittelpunkt. Alles, was ich in den vergangenen Wochen gehört habe, war Doping, Doping, Doping", sagte der jamaikanische Sprintstar, der am Samstag seine Mission Titelverteidigung über 100 Meter beginnt. Und wirkte dabei sichtlich genervt.
| 1. | 9,58s | Usain Bolt | JAM | ||||
| 2. | 9,69s | Tyson Gay | USA | ||||
| 3. | 9,69s | Yohan Blake | JAM | ||||
| 4. | 9,72s | Asafa Powell | JAM | ||||
| 5. | 9,74s | Justin Gatlin | USA | ||||
| 6. | 9,78s | Tim Montgomery | USA | ||||
| 7. | 9,78s | Nesta Carter | JAM | ||||
| 8. | 9,78s | Maurice Greene | USA | ||||
| 9. | 9,79s | Ben Johnson | KAN | ||||
| 10. | 9,80s | Steve Mullings | JAM | ||||
| fett: Dopingsperre / kursiv: Dopingvorwurf | |||||||
Doch Bolt wird sich daran gewöhnen müssen: An den WM-Tagen wird das Thema dauerhaft über dem Pekinger "Vogelnest" schweben. Der scheidende Weltverbandspräsident Lamine Diack wollte die Problematik zwar kurz vor dem Beginn der Wettkämpfe vom Tisch fegen, machte mit einem weiteren kruden Monolog alles nur noch schlimmer. "Wir sind überzeugt, dass 99 Prozent unserer Athleten sauber sind. Wir können uns auch auch gar nicht leisten, dass die Leistungen hier im Zweifel stehen. Dann wäre alles vorbei", sagte der 83-Jährige. Man lasse sich von niemandem reinreden, die Tests seien vorbildlich, und überhaupt: "Wir sind schließlich nicht der Radsport." Stimmt: Jenem ist immerhin bewusst, dass er ein großes Problem hat.
Kenia steht unter Generalverdacht
Bereits am Samstag lief beim Auftakt der 15. Welttitelkämpfe beim Marathon der Männer ein gewaltiger Schatten mit. Die Favoriten kommen aus Kenia, allen voran Weltrekordler Dennis Kimetto und sein Vorgänger Wilson Kipsang. Ein erneuter Erfolg der Kenianer jedoch würde die Diskussionen gleich wieder anfeuern. Die Läufer-Nation aus Ostafrika steht unter Generalverdacht. Die einstigen Wunderläufer wurden längst entmystifiziert. In den Doping-Enthüllungen von ARD und der britischen Sunday Times wurde ihnen ebenso systematisches Doping unterstellt wie der russischen Leichtathletik.
Laut einer Analyse von mehr als 12.000 Blutproben aus der IAAF-Datenbank soll ein Drittel aller Medaillen in Ausdauersportarten bei Weltmeisterschaften und Olympischen Spielen von 2001 bis 2012 von Sportlern mit verdächtigen Blutwerten gewonnen worden sein. Insgesamt betrifft dies 146 Medaillen, davon 55-mal Gold. Die Rede war von insgesamt über 800 auffälligen Blutproben. Insbesondere Kenia und Russland stehen im Mittelpunkt der Anschuldigungen. Die IAAF hat den russischen Verband inzwischen zu Sperren gegen acht Athleten und Betreuer aufgefordert. Zudem berichtete die ARD von sechs neuen Epo-Fällen bei russischen Gehern. Russlands Sportminister Witali Mutko wies die Dopingvorwürfe erneut zurück.
Nach der jüngsten Enthüllungsstory ging trotz des Dementis aus Moskau ein Aufschrei durch die Gemeinde. Die Reaktionen ließen aber teilweise kaum Hoffnung auf Veränderung. So sprach Lamine Diack, der vom Briten Sebastian Coe nach 16 Jahren als Präsident des Weltverbandes IAAF abgelöst wird, von einer Verschwörung, von einer "gezielten Kampagne, um die Medaillen neu vergeben zu können". Und Coe selbst sprach in einer ersten Reaktion gar von einer "Kriegserklärung" an den Sport. Für Clemens Prokop war diese Formulierung "unglücklich", wie dem ZDF-Morgenmagazin mitteilte. "Ich hoffe, dass Sebastian Coe jetzt nach dem Wahlkampf andere Formulierungen wählt, jedenfalls hat er in seinem Wahlprogramm der Anti-Doping-Bekämpfung eine große Bedeutung beigemessen", sagte der Verbandschef, der am Mittwoch nicht zu einem der neun IAAF-Vizepräsidenten gewählt worden war.
Quelle: ntv.de, Christoph Leuchtenberg, Kristof Stühm, sid