Vom Verräter zum Heilsbringer Cleveland verneigt sich vor "King" James
20.06.2016, 17:33 Uhr
LeBron James feiert den ersten NBA-Titel der Cleveland Cavaliers.
(Foto: AP)
Als LeBron James die Cleveland Cavaliers 2010 in Richtung Miami verlässt, verbrennen Fans seine Trikots. Nach dem historischen NBA-Triumph der "Cavs" kämpft sich James aber zurück ins Herz seiner Heimat. Es ist die Krönung eines steinigen Wegs.
Immer wieder liefen LeBron James Tränen über die Wangen. Sichtlich ergriffen vom größten Moment seiner Karriere stockte dem Superstar die Stimme. "Ich weiß nicht, warum wir den härtesten Weg gehen mussten", sagte der 31-Jährige nach der historischen Aufholjagd seiner Cleveland Cavaliers, die mit dem ersten NBA-Titel des Klubs endete.
Es ist seine Krönung. Erstmals hat ein Team in der Finalserie der nordamerikanischen Basketball-Profiliga ein 1:3 noch in ein 4:3 gedreht. Cleveland gelang das Kunststück durch einen 93:89-Sieg bei den Golden State Warriors - der Meister wurde entthront, gleichzeitig gelang die Revanche für das 2:4 in den Endspielen vor einem Jahr. "Wir stehen in den Geschichtsbüchern. Das ist etwas Besonderes", sagte James von Glücksgefühlen überwältigt am Ende einer langen Reise.
"Blut, Schweiß und Tränen"
Bei der Rückkehr zu seinem Heimatklub vor zwei Jahren hatte der verlorene Sohn den Fans nicht weniger als den Titel versprochen - er hielt Wort. "Ich habe alles gegeben. Blut, Schweiß und Tränen. Der Mann da oben wollte, dass ich das mache. Cleveland, das ist für dich", sagte "King" James. 2012 und 2013 hatte der zwölfmalige Allstar zwar mit Miami Heat triumphiert, doch sein dritter Titel ist etwas völlig anderes. "Das ist mein Zuhause", betonte James, in Akron/Ohio rund 50 km südlich von Cleveland geboren.
Auch noch auf andere Weise ist der Erfolg nichts Alltägliches. Die Cavaliers wurden als erste Mannschaft aus der Stadt seit 1964 Champion in einer der großen Profiligen. Damals hatte das NFL-Team Cleveland Browns die Football-Meisterschaft geholt. James wurde einstimmig zum wertvollsten Spieler (MVP) der 70. Finals gewählt. Wer auch sonst? Mit 27 Punkten, 11 Assists und 11 Rebounds gelang ihm im entscheidenden Duell ein Triple-Double. In den Spielen fünf und sechs hatte er jeweils 41 Punkte gemacht. James war da, als es zählte. "Der beste Spieler auf dem Planeten", schwärmte Teamkollege Kyrie Irving.
Steph Curry am Boden
Als die Cavaliers im kalifornischen Oakland ihren Coup feierten, machte sich der Held der Warriors auf den Weg in die Kabine. Stephen Curry hatte an der schweren Bauchlandung zu knabbern, für die Rekord-Hauptrunde mit 73 Siegen in 82 Spielen konnte er sich am Ende nichts kaufen. Über Monate waren die Warriors fast unschlagbar, die Larry O'Brien Trophy sahen sie dennoch nur aus der Ferne. Curry, wie James aus Akron, verlor in den Play-offs seine Leichtigkeit. Gerade in den letzten drei Spielen war so gut wie nichts mehr davon zu sehen, was den 28-Jährigen vor der Meisterrunde ausgezeichnet hatte.
Curry spielte verkrampft und traf nicht ansatzweise wie gewohnt. Als die Brust von James breiter und breiter wurde, fiel sein Konterpart regelrecht in sich zusammen. "Es war ein Stich ins Herz", so Curry: "Es hat wehgetan, ihnen beim Feiern zuzuschauen und sich dabei zu wünschen, wir würden das tun. Am Ende des Tages müssen wir ihnen gratulieren." Warriors-Trainer Steve Kerr meinte knapp: "Wir sind perplex. So ist das Leben."
LeBron James wollte so schnell wie möglich zurück nach Cleveland: "Ich kann es kaum erwarten, in den Flieger zu steigen", sagte der Ausnahmekönner. Die Fans werden ihn feiern wie einen König. Dabei war er vor sechs Jahren der meistgehasste Mann der Stadt. Als James sich nach sieben Jahren bei den Cavaliers und dem verlorenen Finale von 2007 nach Florida verabschiedete, wurde er zum Verräter gestempelt. Doch all das ist längst vergessen.
Quelle: ntv.de, Uli Schember, sid