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Mont Ventoux - vom Winde verweht Darum gewinnt Froome - so oder so

Die Vorzeichen sprechen für einen erneuten Triumph von Christopher Froome auf dem Mont Ventoux.

Die Vorzeichen sprechen für einen erneuten Triumph von Christopher Froome auf dem Mont Ventoux.

(Foto: REUTERS)

Der Mont Ventoux ist der geschichtsträchtigste Gipfel der Tour de France. Hier warten Tod oder totaler Triumph. Hier gewinnt man nicht einfach - es winkt vielmehr die sportliche Unsterblichkeit. 2016 ist aber etwas anders.

Die Tour de France droht langweilig zu werden. Nachdem Topfavorit Christopher Froome die achte Etappe von Pau nach Bagnères-Luchon gewann und ins Gelbe Trikot des Gesamtführenden geschlüpft ist, baut er seinen Vorsprung auf die Verfolger systematisch aus. Es ist vor allem die Art, wie sich Froome präsentiert, die keine Spannung bei der 103. Frankreich-Rundfahrt aufkommen lassen will.

Froome gab Hauptkonkurrent Nairo Quintana aus Kolumbien auf der 8. Etappe die ersten Sekunden bergab mit. Auf dem elften Teilstück von Carcassonne nach Montpellier zeigte sich der Brite dann aufmerksam - und besonders windfest: In einer Windkante fuhr er mit einer kleinen Gruppe dem Peloton davon und wurde hinter Tagessieger Peter Sagan Zweiter. Quintana hatte erneut das Nachsehen - und nun bereits 35 Sekunden Rückstand. Der Wind wird auch auf der 12. Etappe eine wichtige Rolle spielen, denn am französischen Nationalfeiertag geht es von Montpellier hinauf auf den mythischen und mystischen Mont Ventoux.

Nicht nur ein Berg, ...

Streckenverlauf 12. Etappe

Streckenverlauf 12. Etappe

(Foto: Le Tour)

Wie aus dem Nichts erhebt er sich aus dem Rhone-Becken. Der Beiname "kahler Riese der Provence" kommt nicht von ungefähr. Das sich am 1912 Meter hohen Geröllgipfel bietende Panorama ist dafür umso atemberaubender. Bei guter Sicht streift der Blick über die französischen Alpen bis hin zur südfranzösischen Mittelmeerküste und den Pyrenäen.

Der unbewaldete Gipfel ist allerdings äußerst windanfällig. Das Wetter kann sehr schnell umschlagen. Und so ist der Anstieg einer der härtesten der Rundfahrt. Der Fahrer kämpft sich allein durch die von Geröll umfassten Kehren hinauf. Den Körper immer im Wind und die Gegner im Nacken gilt es, den inneren Schweinehund am schnellsten zu überwinden.

... sondern ein Mythos

5454112.jpgTom Simpson (30. November 1937-13. Juli 1967)

5454112.jpgTom Simpson (30. November 1937-13. Juli 1967)

(Foto: picture-alliance / dpa)

Der "Berg der Winde" wird 1951 erstmals ins Tour-Programm aufgenommen. In diesem Jahr wird er zum 16. Mal angefahren. Neben Tourmalet, Galibier und L'Alpe d'Huez gehört er zu den "heiligen Bergen" der Frankreich-Rundfahrt. Traurige Berühmtheit erlangt er vor fast 40 Jahren.

1967 stirbt der britische Ex-Straßenrad-Weltmeister Tom Simpson im Anstieg hinauf auf den Mont Ventoux. Drei Kilometer vor dem Gipfel, in der sengenden Sonne, rebelliert der mit Amphetaminen und Cognac vollgepumpte Körper des 29-Jährigen. Simpson kippt vom Rad und ist tot.

Armstrong gegen Pantani: "Il Pirata" siegt ...

Armstrong gegen Pantani: "Il Pirata" siegt ...

(Foto: REUTERS)

Nur drei Jahre später erleidet der Etappensieger und spätere Tour-Gewinner Eddy Merckx nach dem Triumph auf dem Ventoux einen Schwächeanfall. Der Belgier muss mit Sauerstoff versorgt werden. Und auch Lance Armstrong hat seine Erfahrung mit dem "kahlen Riesen". In einem legendären Rennen gegen Marco Pantani unterliegt er im Jahr 2000. Sein Statement zum Ventoux danach: "Er mag mich nicht. Und ich mag ihn nicht." 2009 folgt das nächste Duell Mann gegen Mann in der "Mondlandschaft". Am Ende triumphiert Juan Manuel Garate. Der Geschlagene heißt Tony Martin.

Verkürzte Etappe - vom Winde verweht

Zeitfahrspezialist Martin hegt in diesem Jahr keine Ambitionen auf einen Sieg am Ventoux. Ursprünglich sollte die 12. Etappe der Tour 2016 184 Kilometer lang sein. Vor dem Ventoux warten mit dem Cote de Gordes bei 131,5 Kilometern und dem Col des Trois Termes bei Kilometer 134,5 lediglich zwei kleinere Anstiege der Kategorien vier und drei: 3,3 Kilometer lang und 4,8 Prozent im Schnitt steil sowie 2,5 Kilometer lang und mit 7,5 Steigungsprozenten.

Streckenprofil 12. Etappe (ungekürzt)

Streckenprofil 12. Etappe (ungekürzt)

(Foto: Le Tour)

Der Anstieg am Ende zum Ventoux hinauf ist dann knapp 10 Kilometer lang und im Schnitt 8,8 Prozent steil. Er wurde wegen voraussichtlich sehr starker Winde um sechs Kilometer verkürzt. Windgeschwindigkeiten von mehr als 100 Kilometern pro Stunde sind angekündigt worden.

Alles spricht für Froome

Diese nun verkürzte Streckenführung und das noch enge Gesamtklassement spielen Froome in die Karten und dürften dafür sorgen, dass das Peloton lange zusammenbleiben wird. Einzelne Attacken, Nadelstiche, wird es geben - ein Großangriff der Hauptkonkurrenten ist indes nicht zu erwarten.

Zu viel liegt von der Tour noch vor den Fahrern. Das wissen Quintana, die beiden Astana-Profis Fabio Aru und Vincenzo Nibali genauso wie die BMC-Doppelspitze um Richie Porte und Tejay Van Garderen. Eine Attacke zu viel und man blutet auf der 13. Etappe, dem Einzelzeitfahren.

Die Möglichkeit von Ausreißergruppen, die der Etappe dann ihren Stempel aufdrücken könnten, bietet sich wenn überhaupt, dann nur in der ersten Hälfte des Teilstücks. Hier sind vor allem die Franzosen gefragt. Thomas Voeckler, Thibault Pinot oder auch Romain Bardet sind heiße Kandidaten dafür.

Von wegen Tag der Franzosen

Am 14. Juli, ihrem Nationalfeiertag, wollen die Franzosen bei der Tour immer etwas reißen. Allein es gelingt nur selten. David Moncoutie war 2005 der letzte, dem dieses Kunststück glückte. 2004 schaffte es Richard Virenque. Seitdem reißen die Franzosen nichts mehr. Im Gegensatz zu den Deutschen: Linus Gerdemann siegt am 14. Juli 2007 und Andre Greipel fünf Jahre später.

Im Vorjahr heißt der Sieger am 14. Juli: Froome. Allerdings lautet das Etappenziel nicht Mont Ventoux. 2013, bei der letzten Anfahrt auf den "kahlen Riesen" innerhalb der Tour siegt der Brite dagegen eindrucksvoll. Am Ende heißt auch der Gesamtsieger der Frankreich-Rundfahrt: Christopher Froome. Die Geschichte könnte sich in diesem Jahr wiederholen. Das wäre schon irgendwie langweilig. Dem Mythos des Mont Ventoux schadet das aber nicht.

Quelle: ntv.de

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