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Verband deckt notorischen Doper Hat auch der Fußball seinen Armstrong?

Teil einer großen Lüge: Lance Armstrong, Doper .

Teil einer großen Lüge: Lance Armstrong, Doper .

(Foto: AP)

Klingt wie eine Verschwörungstheorie: Der Radsportverband deckt den Doper Lance Armstrong. Es ist aber wahr. Daraus muss der Sport die richtigen Schlüsse ziehen. Allen voran der Fußball. Die Zutaten für den Armstrong-Skandal sind vorhanden.

Noch einmal zum Mitschreiben: Ein olympischer Sport-Weltverband hat einen notorischen Doper gewähren lassen. Hat ihn trotz erdrückender Indizien nicht hinreichend getestet, ihn gegen Dopingvorwürfe verteidigt, die eigenen Regeln für ihn gebrochen. Weil die UCI es konnte, und weil es für beide Seiten Vorteile hatte: Für Lance Armstrong, den siebenfachen Sieger der Tour de France, und für den Radverband UCI, der sich im Glanz des Amerikaners sonnte, der vom Krebskranken zum Tour-Dominator wurde. Ein moderner Held. Ein Betrüger. Ein Teil einer großen Lüge.

Nun ist die Dopingvergangenheit des Radsports im Allgemeinen und Lance Armstrongs im Speziellen keine Neuigkeit mehr - sehr wohl aber erhellt der Bericht der unabhängigen Untersuchungskommission CIRC das System hinter dem spritzenverseuchten Sport. Die Zutaten sind: Die Aussicht auf viel Geld, die Omertà aller Beteiligten, das komplette Abschotten. Passt das noch irgendwo? Richtig, das passt auf so gut wie jede Sportart. Zum Beispiel den Fußball, für den die Dopingdiskussion ja jüngst wieder einmal von Neuem begonnen hat. Mehmet Scholl, Jürgen Klopp, aber vor allem der DFB sollten gerade jetzt die richtigen Schlüsse aus dem Fall Armstrong ziehen. Meint es der Fußball ernst mit seinem Bekenntnis zum sauberen Sport, gehört der Anti-Doping-Kampf in die höchste Prioritätsstufe - und komplett in die Hände einer unabhängigen Agentur.

Der Ruch der Alten Dame

Das Grundproblem brachte der profilierte Sportmediziner Perikles Simon im ZDF "Sportstudio" so auf den Punkt: "Praktisch keiner" habe ein Interesse daran, das System Fußball kritisch zu hinterfragen. Wer sollte das auch sein? Die Sponsoren pumpen Milliarden in das schöne Spiel, sie brauchen sicher keine Doping-Enthüllungen. Die Funktionäre in Verbänden und Vereine leben von diesem Geld. Und die Spieler? Sie sind das schwächste Glied in der Kette. Wer nicht gerade in der Bundesliga kickt, muss in seiner relativ kurzen Karriere hart ackern, um für das Leben danach genug Geld zu verdienen. Dopingmittel können dabei helfen. Den eigenen Vorteil maximieren und die Klappe halten, so lief es im Tour-Peleton. Warum sollte es im Fußball anders sein?

Trainer, Funktionäre und Vereine basteln an der Legende vom Fußball als "Mischsportart", in der Doping nichts bringen würde. Ein Märchen, das wissenschaftlich widerlegt ist. Was Doping genau bringen kann, lässt sich übrigens unter anderem an Juventus Turin studieren. Die "Alte Dame" ließ ihre Mannschaft zwischen 1994 und 1998 mit Epo behandeln. In dieser Zeit gewannen die Italiener drei Meisterschaften und einmal die Champions League.

Aber das sind vergangene Zeiten, nicht wahr, Paul Breitner? "Ich habe als Aktiver und auch nach meiner Karriere immer gesagt, dass im Fußball gedopt wird", hatte er jüngst gesagt. Aber: "Heute sind wir dopingfrei, das können wir so sagen." Das kann man gerne sagen. Nur beweisen kann man es schlecht. Auch dafür hat Experte Perikles Simon eine Erklärung: Im Fußball wird zu selten kontrolliert. Noch dazu "werden die Kontrollen vom Fußball selber durchgeführt, sie sind also nicht so unabhängig wie in anderen Sportarten."

Die deutsche Anti-Doping-Agentur Nada darf nur im Training Kontrollen vornehmen, im Wettbewerb macht das weiter der DFB. Die Lücken in der Praxis sind gut dokumentiert. Das Geld kommt vom DFB selbst, der auch das Ergebnismanagement übernimmt. Der Blog "Fußballdoping" kommt zum Schluss: "Das ist kein unabhängiges Anti-Doping System." Wenn es das nicht ist, dann besteht die Gefahr, dass ein Fall Armstrong auch im Fußball passieren könnte. Die Zutaten sind gegeben: Es ist viel Geld im Spiel, die Beteiligten schweigen oder reden Unsinn, und der Verband regelt die Dopingfrage lieber in seinem eigenen Einflussbereich. Es kommt einem alles so seltsam vertraut vor.

Quelle: ntv.de

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