Sportbücher, die gefallen könnten Magische Momente und der Pelé des Ostens
19.12.2016, 14:29 UhrJetzt aber schnell, Heiligabend gilt's. Ein Buch über Sport geht immer: Anekdotisches von Ben Redelings, Lehrreiches vom Trainer Carlo Ancelotti, Historisches von Oliver Hilmes - und ein ganzes Buch über ein Siebeneins.
Ben-Redelings-Falle schnappt zu

"Bundesliga-Album - Unvergessliche Sprüche, Fotos, Anekdoten" ist im Verlag Die Werkstatt erschienen und kostet 9,99 Euro.
Reiner Calmund als Pornodarsteller? Unvorstellbar? Vermutlich schon. Einen klangvollen Namen für sich aber wüsste das ewige Schwergewicht der Fußball-Bundesliga schon: "Der flinke Dicke". Ganz andere Probleme hat dagegen Fritz Langner, als Spieler von Westfalia Herne eine Legende der Oberliga-West. Er klagte einst: "Stellt euch vor, die wollten mir einfach ein Bein adoptieren." Und Weltmeistermacher Andreas Brehme beschäftigt sich mit unabänderlichen Irrationalitäten im Fußball: "Wenn der Mann in Schwarz pfeift, kann der Schiedsrichter auch nichts mehr machen." Fällt irgendwo ein Satz abseits der üblichen "Ich freue mich, dass ich ein Tor geschossen habe, wichtiger ist aber, dass die Mannschaft gewonnen hat"-Floskeln, schnappt die Ben-Redelings-Falle zu. Überall wo der Ball rollt, oder rollen sollte, hat unser n-tv.de-Kolumnist seine Netze ausgelegt. Seine reiche Beute an Sprüche, Anekdoten, skurrilen Geschichten und lustigen Porträts hat er in seinem Bundesliga-Album launig aufbereitet. Eine kurzweilige Lesefreude für all jene, die ohne den Fußball nicht leben können oder wollen. (tno)
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Siebeneins - 90 magische Minuten
Ein ganzes Buch über ein einziges Fußballspiel? Christian Eichler, Sportredakteur bei der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung", hat es geschrieben. Auf 288 Seiten erzählt er, wie das so war am 8. Juli 2014 in Belo Horizonte, als die deutsche Fußball-Nationalelf im Halbfinale der WM mit 7:1 gegen Gastgeber Brasilien gewann. "Ein Spiel wie keines, das man je sah." Er erzählt chronologisch, aber das Buch ist mehr als eine Chronologie eines der spektakulärsten Spiele der Geschichte, bietet weit mehr als eine bloße Nacherzählung - und das macht es so lesenswert, lehrreich und unterhaltsam. Eicher versucht, das Unerklärliche zu erklären. Er analysiert die Taktik, er liefert Statistiken, Hintergründe, Anekdoten, Porträts. Der Verlauf der Partie ist das Gerüst, das das Buch strukturiert. Eichler beschreibt das Spiel der DFB-Elf als "ein Meisterwerk der modernen Kunst des Fußballs", dem die Brasilianer als staunende, hilflose und am Ende untröstliche Betrachter gegenüberstanden. Und ja, der Text, analytisch und voller Emotionen zugleich, erinnert alle, die seinerzeit vor dem Fernseher saßen oder gar im Mineirão an eine Nacht, die keiner je vergessen wird. Ein Buch über ein einziges Spiel - wenn nicht über dieses Jahrhundertspiel, diese 90 magischen Minuten, über welches dann? (sgi)
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Ancelotti verrät sein Erfolgsrezept
Drei Champions-League-Siege, zwei Mal der Gewinn der Klub-WM und mehrere nationale Titel in den Top-Ligen Europas - Carlo Ancelotti ist einer der erfolgreichsten Fußballtrainer der Welt. Doch welches Geheimnis steckt hinter den beeindruckenden Erfolgen des 57-Jährigen, der in einfachen Verhältnissen auf einem Bauernhof im Norden Italiens aufwuchs? Die Antwort darauf gibt der Trainer des FC Bayern München höchstpersönlich in seinem Buch "Quiet Leadership - Wie man Menschen und Spiele gewinnt". Darin reflektiert er seine bisherige Karriere als Spieler sowie als Trainer und beschreibt die Erfahrungen, die ihn im immer härter werdenden Profigeschäft maßgeblich geprägt haben. Zwar ist das Buch eine Autobiografhie. Private Details gibt Ancelotti darin jedoch kaum preis. Wer allerdings einen Einblick in dessen erfolgreiche Führungsphilosophie haben möchte, ist bei diesem Buch genau an der richtigen Adresse. Besonders interessant sind Ancelottis Anekdoten über den Umgang mit Weltklassespielern wie Cristiano Ronaldo, Paolo Maldini oder David Beckham. In eingeschobenen Teilkapiteln kommen diese mitunter schwierigen Charaktere selbst zu Wort. Dabei wird deutlich, dass Ancelottis Taktik der zurückhaltenden Führung bei internationalen Topstars gut ankommt. So ist auch Zlatan Ibrahimovic voll des Lobes für den Italiener: "Ich habe mit den besten Trainern gearbeitet. Und Carlo ist der allerbeste." (cri)
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Denkmal für den "Pelé des Ostens"
Südländisches Temperament, verrückte Dribblings und Tore am Fließband - Peter Ducke war wohl der ungewöhnlichste Fußballer der DDR. Niemand Geringeres als Pelé zählte ihn "zu den zehn Besten der Welt". Und noch heute geraten Fußballkenner ins Schwärmen, wenn sie vom "Schwarzen Peter" sprechen. Grund genug für den Sportjournalisten Thomas Stridde, sich mit dem "Pelé des Ostens" zu beschäftigen. Herausgekommen ist das äußerst lesenswerte Buch "Peter Ducke - Held und Rebell". Detailreich porträtiert Stridde die Karriere Duckes, der 18 Jahre ohne Unterbrechung erfolgreich für "seinen" FC Carl Zeiss Jena auf Torejagd ging. Am Ende seiner Laufbahn kann der Mittelstürmer auf drei Meistertitel, drei Pokalsiege und eine olympische Bronzemedaille zurückblicken - aber auch auf eine Menge persönlicher Krisen. Ducke, der auf und neben dem Platz ein Querdenker war, kommt in Striddes Buch selbst zu Wort, sodass man ihm beim Lesen besonders nahe kommt. Außerdem besticht das Werk durch eine Vielzahl an mitunter sehr persönlichen Fotos. Komplettiert wird die Zeitreise durch das Leben des Oberliga-Torschützenkönigs von 1963 durch Anekdoten ehemaliger Weggefährten wie Hans-Jürgen "Dixie" Dörner, Jürgen Croy oder Duckes Bruder Roland. Natürlich kommt auch Hans Meyer zu Wort. Dieser antwortete einmal auf die Frage, ob er nicht auch gerne einmal Weltstars wie Ronaldinho trainieren wolle: "Junger Mensch, ich hab's in Jena doch gehabt: Peter Ducke!" (cri)
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Verlierer sind spannender als Gewinner

"Das Spiel ist aus. Geschichten über das Verlieren" ist im Verlag Random House erschienen und kostet 16,99 Euro.
Wer je einen der Texte las, die Holger Gertz für die Seite drei der "Süddeutschen Zeitung" geschrieben hat, der benötigt keine weiter Begründung, warum er auch diese Sammlung seiner Reportagen, Porträts und Essays aus den vergangene 20 Jahren über die gefallenen Helden in der Welt des Sports lesen sollte. Und das nicht nur, weil Verlierer schlichtweg interessanter sind als Gewinner. Zum Beispiel Werner Kohlmeyer, der mit der deutschen Fußball-Nationalmannschaft zwar die 1954 in der Schweiz die Weltmeisterschaft gewann, dessen Leben danach aber tragisch verlief und traurig endete; Boris Becker, der das Tennis nach Deutschland brachte und nach seiner Karriere an Ansehen verlor; Radprofi Lance Armstrong, einer der größten Betrüger der Sportgeschichte. "Einige meiner Verlierer haben versucht, aus dem Verlieren zu lernen, einige sind daran zerbrochen, einige haben sich Niederlagen schöngeredet. Einige haben verloren, weil sie betrogen haben. Einige haben verloren, weil sie nicht betrogen haben", schreibt Gertz. Er hat sie getroffen, mit ihnen gesprochen, sie ganz genau beobachtet und das alles aufgeschrieben - ohne Häme, ohne sie lächerlich zu machen und ohne sich über sie zu erheben. (sgi)
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Ein Migrantenleben mit dem Kiezklub
Falls der Hinweis, dass dieses Buch kein typisches Fußballbuch ist, zum Lesen anregt, dann bittschön: Dieses Buch ist kein typisches Fußballbuch. Elf Menschen, die in Berlin mit, in und für ihren türkisch-deutschen Kiezklub leben, lässt Imram Ayata hier ihre Geschichten erzählen. Als Vorbild des Vereins, der namenlos bleibt, dient erkennbar der Verein Türkiyemspor Berlin 1978, der Ende der 80er-Jahre kurz vor dem Aufstieg in die zweite Bundesliga stand und zu Zeiten der damals drittklassigen Oberliga mehrere Tausend Zuschauer bei seinen Heimspielen hatte. Die Protagonisten der zu einem Roman montierten Miniaturen haben allesamt denselben Bezugspunkt, um den sie kreisen - von verschiedenen Standpunkten aus, mit unterschiedlichen Blickwinkeln. Es geht um verpasste Chancen, um geplatzte Träume und gescheiterte Lebensentwürfe bei dem Versuch, sich als Migrant mit der Hoffnung auf ein besseres Leben in Deutschland zurechtzufinden. So wie bei Arda Toprak, der so viel Talent hat, dass er es zu einem Bundesligisten schafft. "Ich hatte das Ticket zum Glück gelöst." Doch dann verletzt er sich, seine Karriere versandet. Sein Vater Fikret, der all seine Hoffnungen auf Arda gesetzt hatte und ihn als Manager nach oben bringen wollte, wird darüber verrückt. Und die Schwester hofft vergeblich auf ein eigenes Modelabel. Wie erwähnt: Es ist kein typisches Fußballbuch. (sgi)
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Mehr als eine Hommage an das Rudern

"Das Wunder von Berlin. Wie neun Ruderer die Nazis in die Knie zwangen" ist im Verlag Random House erschienen und kostet 17,99 Euro.
Nun, in die Knie gezwungen hat der US-amerikanische Ruderachter die Nationalsozialisten nicht. Aber er hat bei den Olympischen Spielen 1936 in Berlin die Goldmedaille gewonnen, vor 75.000 Zuschauern auf der Regattastrecke in Grünau und Adolf Hitler auf der Tribüne. Und das ist eine Geschichte, eine historisch verbürgte zudem, die zu lesen sich lohnt. Daniel James Brown erzählt sie im Duktus einer typischen Erfolgsstory - und erzeugt so Spannung, obwohl das glückliche Ende bekannt ist. Er schildert das Leben des Joe Rantz, einem Jungen ohne Perspektive aus der trostlosen Provinz im US-Bundesstaat Washington, der mit dem Sport sein Kindheitstrauma verdrängt und es mit seinen acht Kollegen als Außenseiter bis zum Olympiasieger bringt. Eine abenteuerliche Geschichte, die gleichzeitig eine auch den Laien beeindruckende, liebevolle, kenntnisreiche und detailversessene Hommage an das Rudern ist, das sinnbildlich für die Schule des Lebens steht. Es geht nur gemeinsam, jeder muss sich auf den anderen verlassen, sonst sind alle verloren. Das geht nur mit Disziplin, dem absoluten Willen, den Schmerz zu besiegen und der stetigen Suche nach der Vollkommenheit im Zusammenspiel der Bewegungen. Kein anderer Sport, schreibt Brown, verlange "eine so völlige Selbstaufgabe". Das mag kitschig klingen. Doch so, wie er es beschreibt, ist es das nicht. (sgi)
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Als die Nazis Olympia inszenierten
In Sachsenhausen lässt Heinrich Himmler ein KZ bauen, keine 40 Kilometer entfernt nutzen die Nationalsozialisten die Olympischen Spiele, um eine große Propagandashow zu inszenieren und ihr Verbrechertum vor der Welt zu verbergen. Adolf Hitler sitzt auf der Tribüne des Stadions, Zehntausende jubeln und Leni Riefenstahl filmt. Der Historiker Oliver Hilmes beschreibt in seinem Buch eine Stadt im Ausnahmezustand, die sich in diesen zwei Wochen im August 1936 seinen Gästen anders als sonst präsentiert: Die "Juden verboten"-Schilder sind plötzlich verschwunden, das Hetzblatt "Der Stürmer" hängt nicht mehr aus und wird auch nicht öffentlich angeboten, statt des "Horst-Wessel-Lieds" klingen Swing-Töne durch die Straßen. Der Autor beschreibt die Atmosphäre der 16 Tage dieses olympischen Sommers in 16 Kapiteln, indem er prominenten und unbekannten Menschen folgt und schildert, was sie tun und denken: NS-Größen und Diplomaten, Sportler, Künstler, Schriftsteller, Transvestiten und Prostituierte. Das, was er da in den Archiven gefunden hat, liest sich gut, anekdotisch, leicht - und doch setzten sich diese Mosaiksteinchen zu einem bedrückenden Gesamtbild jenes Sommer zusammen, als Berlin sich wie eine ganz normale Großstadt zeigte und die Nazi-Diktatur nur dem Schein nach für zwei Wochen pausierte.
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Vom Rumpelfußball zum vierten Stern

"Der vierte Stern. Wie sich der deutsche Fußball neu erfand" ist im Verlag Ullstein erschienen und kostet 12,99 Euro.
Warum spielt die deutsche Fußball-Nationalmannschaft so erfolgreich, vor allem aber so schön und offensiv Fußball? Wann fing das an? Und wie? Raphael Honigstein, deutscher Journalist in London, hat darüber nachgedacht, recherchiert und mit Menschen gesprochen, die sich damit auskennen - zum Beispiel mit Dietrich Weise. Der Trainer hatte sich bereits vor 20 Jahren dafür eingesetzt, den Nachwuchs systematisch und professionell in Leistungszentren zu fördern und letztlich zu Auswahlspielern zu formen. Dass die DFB-Elf 2000 und 2004 bei der EM-Turnieren kläglich scheiterte, hat diese Entwicklung heraus aus dem Rumpelfüßlertum ins Glück also nur beschleunigt und nicht ausgelöst, wie viele behaupten. Dann übernahm Jürgen Klinsmann die Nationalelf, übergab 2006 an Joachim Löw - und der wurde 2014 Weltmeister. Das Turnier in Brasilien schildert Honigstein ausführlich von Spiel zu Spiel und nimmt diesen für die DFB-Elf so goldenen Sommer als Ausgangspunkt, um zu analysieren, warum am Ende alles so prima geklappt hat und es auch um die Zukunft bestens bestellt ist. Und das macht er richtig gut. (sgi)
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Quelle: ntv.de