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Alptraumszenario für das IOC Russland-Frage führt zu Boykott-Debatte

Die russischen Sportlerinnen und Sportler stehen vor einer Rückkehr auf die Weltbühne.

Die russischen Sportlerinnen und Sportler stehen vor einer Rückkehr auf die Weltbühne.

(Foto: dpa)

Die russischen Sportlerinnen und Sportler stehen vor der Rückkehr in den Weltsport, die Ukraine droht mit Boykott der Olympischen Spiele 2024. Auch aus Deutschland erhält das IOC Gegenwind. Für den Verbandsboss Thomas Bach ist es ein Szenario, mit dem er sich nie wieder beschäftigen wollte.

Für das Wochenende stand Abwechslung auf dem Programm. Vielleicht sogar Ablenkung. Jedenfalls hatte Thomas Bach einen Ausflug in den Thüringer Wald geplant. Doch bei der Rodel-WM in Oberhof wird Bach dem bösen Wort "Boykott" kaum entgehen können. Heftig wehte dem IOC-Präsidenten der Wind ins Gesicht, nachdem er mit seiner Exekutive die Tür für Russlands Rückkehr in den Weltsport weit geöffnet hatte.

"Unsere Position bleibt unverändert - solange der Krieg in der Ukraine andauert, sollten russische und belarussische Sportler nicht an internationalen Wettkämpfen teilnehmen", schrieb der ukrainische Sportminister Wadym Hutzajt bei Facebook: "Wenn wir nicht gehört werden, schließe ich die Möglichkeit nicht aus, dass wir die Olympischen Spiele boykottieren und uns weigern werden, an ihnen teilzunehmen." Boykott: Bachs Trauma. Der Westen boykottierte Moskau 1980, der Gegenboykott des Ostblocks folgte vier Jahre später in Los Angeles. Der Sport, das beschloss Bach damals, müsse absolut neutral sein, "um überleben zu können, um seiner Funktion als Brückenbauer gerecht werden zu können, aber er kann nicht apolitisch sein".

Die Brücken sind zerbombt

Die Brücken zwischen Russland und der Ukraine gibt es nicht mehr, sie sind zerbombt - wie zahlreiche Plätze, Hallen, Trainingsstätten in der Ukraine und damit die Grundlage für einen friedlichen und fairen Wettkampf. Verantwortlich dafür ist das russische Regime mit Bachs früherem Partner Wladimir Putin. Das weiß auch das IOC, das den Einmarsch der russischen Armee am 24. Februar, nur drei Tage nach der Abschlussfeier der Winterspiele 2022, scharf verurteilte und Sanktionen empfahl. Und das doch seit Monaten die Wiedereingliederung der russischen und belarussischen Athletinnen und Athleten vorantreibt. Unter Auflagen, als "neutrale Sportler" - mit einer wie auch immer verbürgten Ablehnung der Gräueltaten ihrer Staatsführung.

"Inakzeptabel für unser Land", stellte Hutzajt fest - und weiß Verbündete an seiner Seite. Darunter: Bundesinnenministerin Nancy Faeser. Sie sprach in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" von einem "völlig falschen Weg", den das IOC beschreite. "Der Sport sollte in seiner Verurteilung des brutalen Krieges, den Putin gegen die ukrainische Zivilbevölkerung führt, klar sein", forderte Faeser: "Die internationalen Sportverbände bleiben in der Verantwortung, sich eindeutig zu positionieren." Diese Verantwortung hat das IOC weitergereicht, mit dem Hinweis, dass eine "überwiegende Mehrheit" die Rückkehr unter "strengen Bedingungen" befürworte.

Gedanke gegen Russen anzutreten, fällt schwer

Dazu zählt auch der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB), der die Mission des Weltsports verteidigt, "Menschen im friedlichen Wettstreit zusammenzubringen". Mit notwendigen Sanktionen, mit einem funktionierenden Anti-Doping-System und einer deutlich sichtbaren Neutralität russischer und belarussischer Sportler sowie deren Distanzierung vom Krieg - jedoch möglichst bald, da die Qualifikationen für Paris 2024 beginnen.

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"Wir sind an diesem Punkt noch nicht angekommen", sagte Maximilian Klein vom unabhängigen Verein Athleten Deutschland am Freitag im ZDF-"Morgenmagazin". Der Plan komme "zum falschen Zeitpunkt. Russland führt den brutalen Angriffskrieg fort und intensiviert seine Angriffe auf die ukrainische Zivilbevölkerung", sagte Klein: "Daher können wir jetzt nicht darüber reden, russische Athletinnen und Athleten wieder zuzulassen."

Die "voreilige Entscheidung" des IOC sende ein "verheerendes Signal. Ein Signal, dass ein Staat, der wiederholt die Werte und Normen der internationalen Gemeinschaft missachtet und dazu die Werte des Sports seit Jahren bricht, einfach ohne Konsequenzen weitermachen kann". In Gesprächen mit deutschen Sportlern sei daher auch bereits das Wort "Boykott" gefallen. "Vielen fällt es schwer, daran zu denken, jetzt gegen Russen anzutreten", berichtete Klein.

Quelle: ntv.de, tno/sid

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