Formel1

Sperre oder Nachsicht? Weltverband richtet über Wüterich Vettel

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Der Rammstoß gegen Lewis Hamilton macht Sebastian Vettel zum Angeklagten. An seinem 30. Geburtstag muss der Formel-1-Wüterich beim Weltverband vorsprechen. Sowohl für einen Freispruch als auch für eine harte Strafe gibt es gute Argumente.

Sebastian Vettel verbringt seinen 30. Geburtstag als Angeklagter. Der Weltverband Fia verhandelt am Montag über weitere Konsequenzen für den Wut-Rempler des Ferrari-Piloten gegen Lewis Hamilton beim Formel-1-Rennen in Baku. Vettel hatte den Mercedes des Briten hinter dem Safety-Car gerammt, weil er sich provoziert fühlte. Ob die dafür im Rennen verhängte 10-Sekunden-Strafe genug war, daran scheiden sich die Geister.

Warum Vettel noch härter bestraft werden sollte:

  • Vorbildwirkung: Schon kurz nach dem Rennen hatte Hamilton die negative Wirkung von Vettels Aktion auf Nachwuchs-Rennfahrer beklagt. Die Fia forciert seit Jahren eine riesige Kampagne für die Sicherheit im Straßenverkehr, für die Vettel sogar schon als Botschafter auftrat. Das Foul von Baku widerspricht den dort vermittelten Werten von Rücksicht und Fairness ziemlich deutlich.
  • Wiederholungstäter: Vettel ist nicht das erste Mal im Visier der Sportrichter. In der Vorsaison beschimpfte er Renndirektor Charlie Whiting in Mexiko unflätig via Boxenfunk und kam nur wegen einer umgehenden ausführlichen Entschuldigung mit einer Bewährungsstrafe davon. "Bei jedem künftigen Vorfall, der dem von Mexiko ähnelt, wird die Angelegenheit zur Beurteilung vor das Fia-Tribunal gebracht", drohte der Weltverband dem Ferrari-Piloten damals. Mit derzeit neun Strafpunkten in seiner Sünderkartei für Vergehen auf der Rennstrecke hat Vettel so viele wie kein anderer Formel-1-Fahrer.
  • Fehlende Einsicht: In Baku war von Vettel kein Wort des Bedauerns über seinen Wut-Rempler zu hören. "Was mich noch mehr stört, ist, dass Vettel alle Schuld von sich weist - das macht er aber immer so", sagte Mercedes-Teamaufseher Niki Lauda. Vettel äußerte Unverständnis über die 10-Sekunden-Strafe im Rennen, forderte auch eine Strafe für Hamilton und verteidigte seine Aktion als zulässige Härte.
  • Die Strafe war zu milde: Trotz der 10-Sekunden-Strafe kam Vettel in Baku vor Hamilton ins Ziel und baute damit sogar seinen Vorsprung in der WM aus. "Meine Empfehlung wäre es gewesen, Vettel aus dem Rennen zu nehmen und die ganze Angelegenheit vor den Weltrat zu bringen", sagte der frühere Weltverbandschef Max Mosley.

Warum es keine weitere Strafe für Vettel geben sollte:

  • Die Strafe war hart genug: Durch das Urteil der Rennrichter wurde Vettel um den möglichen Sieg in Aserbaidschan gebracht. "Wenn ein Fahrer im Renntempo einen anderen neben die Strecke drängt, bekäme er eine geringere Strafe als zehn Sekunden", twitterte Ex-Weltmeister Jenson Button und meinte: "Lasst die Sache hinter Euch."
  • Tatsachenentscheidung: Die Rennkommissare nahmen sich lange Zeit, ehe sie zu einem Urteil kamen. Sie hatten alle Videobilder und das Datenmaterial zur Verfügung. Wenn die Fia ohne neue Beweise am Grünen Tisch das Strecken-Urteil nachjustiert, setzt sie einen Präzedenzfall. "Harte Entscheidung für die Fia, ob sie ihr eigenes System, ihre Verfahrensweisen und die Rennkommissare überstimmt", meinte Ex-Rennfahrer Martin Brundle.
  • Eingriff ins Titelrennen: Eine nachträgliche Disqualifikation oder Sperre für Vettel könnte den WM-Zweikampf mit Hamilton nachhaltig beeinflussen. Die Fia wird sich nur ungern in das Duell einmischen wollen, das in diesem Jahr die Fans elektrisiert und den Wert ihrer Premium-Rennserie erhöht. Zudem hat das Wort von Ferrari als berühmtester Rennstall der Welt weiter viel Gewicht.
  • Gefühle gehören zur Show: Vettels Rüpelei hält die Formel 1 auch Tage nach dem Baku-Spektakel im Gespräch. Stromlinienförmige Piloten, die nüchtern ihrer Arbeit nachgehen, das braucht die Rennserie im Kampf um Quoten und Aufmerksamkeit nicht. "Wir müssen froh sein. Wir brauchen Emotionen, und nicht das technokratische Dahinentscheiden", sagte Red-Bull-Berater Helmut Marko.

Vettel könnte schlimmstenfalls für ein Rennen gesperrt werden. Die Entscheidung über eine mögliche nachträgliche Sanktion soll noch vor dem Grand Prix am kommenden Wochenende in Österreich fallen. Bisher zeigte sich der Heppenheimer öffentlich uneinsichtig. Er hatte in Baku noch Rang vier vor Hamilton gerettet. Im Klassement hat Vettel 14 Punkte mehr als der Brite.

Quelle: ntv.de, Christian Hollmann, dpa

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