"Es muss ihnen wehtun!" Als Effenberg es dem FC Bayern bei der EM heimzahlen wollte

Immer für einen Spruch zu haben: Stefan Effenberg.

Immer für einen Spruch zu haben: Stefan Effenberg.

Vor der EM 1992 hatte der FC Bayern eine grauenvolle Saison gespielt. Eines der Opfer damals: Stefan Effenberg. Der 23-Jährige musste nach Querelen den Rekordmeister verlassen. Doch kurz vor der Europameisterschaft blühte Effenberg plötzlich auf.

"Am besten wäre es, wenn ich die nächsten Wochen nur Druck bekommen würde. Denn ich wünsche mir das Endspiel. Und zwar gegen Dänemark. Ich im defensiven Mittelfeld gegen meinen Freund Brian Laudrup im offensiven Mittelfeld. Der Brian hat nämlich Angst vor mir. Und dann werden wir Europameister." Was Stefan Effenberg da Anfang Juni kurz vor dem Beginn der Europameisterschaft 1992 in Schweden sagte, sollte in den kommenden Wochen tatsächlich fast alles wahr werden. Bis auf ein kleines, aber nicht unbedeutendes Detail. Denn der Sieger nach dem Finale in Stockholm hieß nicht Deutschland. Am Ende sollten sich die Dänen überraschend, aber vollkommen verdient den EM-Titel sichern. Eine Mannschaft, die als "Burger-Champions" in die Geschichte des europäischen Fußballs eingingen.

Doch auch wenn Stefan Effenbergs Traum vom EM-Triumph schlussendlich nicht wahr werden sollte, hatte er in den Wochen vor und während der Europameisterschaft einiges geschafft. Denn die Saison zuvor beim FC Bayern München war - man kann es nicht anders sagen - sowohl für den Spieler wie für den Klub eine einzige Katastrophe gewesen. Kurzzeitig fand sich der Rekordmeister damals sogar im Abstiegskampf der Bundesliga wieder - und das Verhältnis zwischen den Bayern und Stefan Effenberg schien für alle Zeiten zerrüttet.

Zum Autor

Der 23-jährige Effenberg, der mit so viel Vorschusslorbeeren und Hoffnungen von Borussia Mönchengladbach an die Isar gewechselt war, musste nach einige Querelen und ernsthaften Auseinandersetzungen den Verein am Ende der Saison verlassen. Dementsprechend geladen war Effenberg, als man ihn vor Beginn der Europameisterschaft auf die Führungsriege der Bayern um Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge ansprach: "Die müssen vor dem Fernseher sitzen und es muss ihnen weh tun."

"Acht Kilo Muskeln" aufgebaut

Doch dass der gebürtige Hamburger damals überhaupt mit nach Schweden fuhr, war lange Zeit alles andere als selbstverständlich. Denn nicht nur mit den Bayern hatte Effenberg seine Probleme, auch Bundestrainer Berti Vogts hatte ihn nach internen Konfrontationen von der Nationalmannschaft freigestellt. Doch genau diese Ausbootung und sein Verkauf durch den FC Bayern nach Florenz sollten schließlich dafür sorgen, dass sich Effenberg nicht nur in seinem Verhalten, sondern auch in seinem äußeren Erscheinungsbild kurz vor dem Ende der Saison sicht- und spürbar wandelte.

Ein wichtiger Faktor sei dabei seine Frau gewesen, schrieb damals eine große deutsche Sportillustrierte. Denn Martina Effenberg habe ihm nicht nur dazu geraten, seine Haare zu kürzen ("Das sieht besser aus, hat meine Frau gesagt. Ich merkte, dass das eine ganz andere Ausstrahlung auf die Zuschauer hat"), sondern sei als geprüfte Kraft- und Fitnesstrainerin auch maßgeblich dafür verantwortlich gewesen, dass der junge Star der Nationalmannschaft durch harte Arbeit "acht Kilo Muskeln" aufgebaut habe.

ANZEIGE
Das neue Buch der Fußballsprüche
71
22,00 €
Zum Angebot bei amazon.de

Und tatsächlich zeigten sich die ersten Erfolge auf dem Platz sehr schnell. Effenbergs statistischen Werte verblüfften alle. Doch nicht nur in der Statistik blühte der Neu-Florentiner auf - auch allgemein fand er sich schnell in einer neuen Rolle wieder. Denn obwohl er abseits des Platzes bewusst stiller geworden war ("Meine Frau sagte, dass weniger reden mehr sei. Seitdem überlege ich genau, was ich sage"), befolgte er auf dem grünen Rasen den Ratschlag seines verletzten Mitspielers Lothar Matthäus, der ihm mit auf den Weg gegeben hatte, sich "was zu trauen" und "im Spiel ruhig mal den Mund aufzumachen". Und genau das tat Effenberg und reifte schnell zu einer Art heimlicher Chef innerhalb der Mannschaft.

Sechs Jahre dauert's bis zur Rückkehr

Dass all diese Bemühungen tatsächlich schnell Früchte trugen, zeigte sich am Ende der EM. Effenbergs Marktwert war auf über neun Millionen Mark gestiegen und im Land seines zukünftigen Arbeitgebers wurde er in der "Gazetta dello Sport" von den Trainern Capello, Ericsson und Sacchi zusammen mit Thomas Häßler nach dem Niederländer Dennis Bergkamp zum zweitbesten Spieler des Turniers gewählt. Und auch sein Ex-Trainer bei den Bayern, Jupp Heynckes, mit dem er in der Saison zuvor aneinandergeraten war, zeigte sich über den "neuen Stefan Effenberg" erstaunt: "Gut, dass er in Schweden ohne aufzumucken spielte."

Mehr zum Thema

Und selbst seinen Plan, den Bayern zu zeigen, dass sein Abgang ein Fehler für den Rekordmeister gewesen sei, konnte er als erfolgreich ausgeführt verbuchen. Zwar dauerte es sechs lange Jahre, ehe Stefan Effenberg über den Umweg Borussia Mönchengladbach zum FC Bayern München zurückkehrte, doch die anschließende Zeit ab 1998 sollte zur erfolgreichsten und schönsten in seiner Karriere werden.

Doch eine Sache zerbrach damals in Schweden, in dem Sommer, als Stefan Effenberg aufblühte und dem FC Bayern schmerzhaft vor Augen führte, welch großartigen Spieler sie hatten ziehen lassen: Die Freundschaft zu seinem Teamkollegen Brian Laudrup. Doch das ist eine andere Geschichte!

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen