Brand macht Eiltempo-Karriere DFB-Shootingstar stellt Trainerin vor Herausforderung

Spielt Brand im Finale erneut von Beginn an?

Spielt Brand im Finale erneut von Beginn an?

(Foto: IMAGO/PA Images)

Karriere im Eiltempo: Mit 17 Jahren ist Jule Brand Bundesliga-Spielerin, debütiert mit 18 Jahren in der A-Nationalmannschaft, ist mit 19 Jahren Teilnehmerin bei der EM - und steht im Halbfinale gegen Frankreich in der Startelf. Dass das DFB-Team weiter vom Titel träumen kann, ist auch ihr Verdienst.

Gegen diese unglaubliche Wucht im Kopfballduell hatte Jule Brand keine Chance. Sie war einen Moment zu früh in der Luft und wurde dann von der Explosivität der in ihrem Rücken hochspringenden Spielerin umgeworfen. Die 19-Jährige bekam noch einen Arm ins Gesicht und ging zu Boden. Kurz danach rappelte sie sich auf und lief jubelnd in Richtung Eckfahne zu ihren Teamkolleginnen.

Es war die Szene zum 2:1 in der 76. Minute. Die Spielerin, der sie nicht standhalten konnte, war ihre Kapitänin Alexandra Popp. Es machte überhaupt nichts, dass die Jüngste im DFB-Team nicht an den Ball gekommen war, das hatte ja Popp erledigt. Und wie. Es war zugleich eine Szene, die zeigt, wie engagiert Brand im Halbfinale gegen Frankreich spielte. Denn nur Sekunden zuvor konnte sie eine Hereingabe von Svenja Huth, die von Griedge Mbock Bathy geblockt wurde, zwar nicht verwandeln. Gleich zweimal versuchte sie sich aus Nähe des Elfmeterpunktes, wirbelte damit aber zumindest die französische Abwehr kräftig durcheinander. Diese musste sich noch sortieren, als Huth bereits die nächste Flanke von rechts in den Strafraum brachte. Es war die entscheidende, die Popp zum 2:1 und damit zum Sieg und dem Einzug ins Finale im Wembley-Stadion am Sonntag (18 Uhr/ARD, DAZN und im ntv.de-Liveticker) verwandelte.

Shootingstar ersetzt Corona-Ausfall

Es war nicht selbstverständlich, dass Brand so ein gelungenes Spiel ablieferte. Es war das Startelf-Debüt der Angreiferin, die nach der EM von der TSG Hoffenheim zum VfL Wolfsburg wechselt. Bis dato wurde sie zwar in allen vier vorherigen Partien eingewechselt, kam aber zusammen auf nur etwa 70 Minuten Spielzeit. Der Ausfall von Klara Bühl, die wegen eines positiven Coronatests im Teamquartier in Brentford bleiben musste, machte den Umbau der Startelf nötig. Brand, die Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg als "Shootingstar" bezeichnet, die auch das Label "Ausnahmetalent" hat, fügte sich auf dem rechten Flügel ein als würde sie den Job in einem Halbfinale gegen Frankreich jeden Tag erledigen.

"Was Jule Brand gespielt hat", lobte Voss-Tecklenburg sie und eine Reihe weiterer Spielerinnen und ließ auch nicht unerwähnt, dass das Lob auch aus dem Team kam, in dem jede der anderen alles gönnt. "Wie eine Tabea Wasmuth nach dem Spiel zu Jule Brand geht und ihr sagt 'Jule, was du heute gespielt hast, das ist so großartig', da geht mir natürlich das Herz auf." Und sie betonte: "Jule wusste, was sie zu tun hatte. Aber dass sie es dann so umsetzt, mit 19 Jahren, das kann man nicht erwarten."

Tatsächlich fiel kaum auf, dass mit Bühl die zur Spielerin des Spiels gegen Österreich ausgezeichnete Frau auf der Außenbahn fehlte. Voss-Tecklenburg wird es sich nicht leicht machen, die Startelf für das Finale zu benennen, sollte Bühl tatsächlich einsatzbereit sein. Laut UEFA-Regularien wäre das möglich, wenn sie nach fünf Tagen und mit Symptomfreiheit einen negativen Test aufweisen kann. Auch die Bundestrainerin sagte: "Das muss man abwarten, ob sie zurückkommen kann. Sie hat ja keine Symptome. Und wenn sie negativ ist, dann ist sie ein Thema für uns."

Doch Bühl wird keinen Freifahrtschein haben. Brand half defensiv aus, spielte diszipliniert und gut mit Giulia Gwinn zusammen, gewann offensiv ihre Dribblings und sorgte mit ihrer Geschwindigkeit für Wirbel und manch guten Pass. Das Tor zum 1:0 bereitete sie mit ihrem Pass vom Flügel an die Strafraumgrenze zu Huth mit vor, diese flankte weiter nach innen, Popp verwertete.

Wechsel zum "Weltklasse-Team"

Mit beiden wird sie ab der kommenden Saison zusammenspielen, der VfL Wolfsburg hat sich die Dienste einer der talentiertesten Spielerinnen Deutschlands gesichert. "Mich hat beeindruckt, was der VfL die ganze Saison über für eine Leistung gebracht hat. Das ist ein Weltklasse-Team."

Sie verlässt die TSG Hoffenheim, zu der sie 2018 noch zu den Juniorinnen gewechselt war. Sie spielte sich schnell in die zweite Mannschaft und kam 2020, mit gerade einmal 17 Jahren, zu ihrem Bundesliga-Debüt. "Jule Brand ist ein Ausnahmetalent", sagte Ralf Zwanziger, der Leiter des Mädchen- und Frauenfußballförderzentrums der TSG, der ARD. "Sie hat einen raketenhaften Aufstieg hingelegt, ist bei uns durch die zweite Mannschaft geschossen und ganz schnell in der ersten Mannschaft Stammspielerin geworden."

Es ging alles so schnell, dass Brand noch nicht einmal einen Profi-Vertrag bei ihrem Verein unterschrieben hatte als sie auch schon das Werben der Wolfsburgerinnen erhörte. "Es ist wirklich alles sehr schnell gegangen. Und bei Wolfsburg hat für mich einfach das Gesamtpaket gepasst", erklärte Brand ihren Wechsel.

Aufmerksamkeit anfangs schwierig

Es läuft alles wie am Schnürchen für die gebürtige Rheinland-Pfälzerin. "Es war mein Kindheitstraum, Nationalspielerin zu werden", erinnerte sie sich bei SWR Sport an ihre Wünsche und ihre Anfänge beim Fußball: "Mit den Freunden auf den Bolzplatz, direkt nach der Schule, den Rucksack einfach irgendwo hingeschmissen - das war eine schöne Zeit. Ich habe es einfach geliebt, mit Freunden auf dem Platz zu stehen." Nun hat sie beides: Ein Team, das so zusammenhält, dass sie mindestens einige als Freundinnen bezeichnen wird, und die Ehre, Deutschland zu vertreten. Der Traum wurde im vergangenen Jahr wahr, mit 18 Jahren gab sie ihr Debüt in der A-Nationalmannschaft. Gegen Australien wurde sie in der 60. Minute eingewechselt - und erzielte nur zwei Minuten später ihr erstes Länderspieltor.

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Der Hype, den sie schon in der Bundesliga ausgelöst hatte, stieg weiter an. "Es ging alles sehr schnell: Von keiner kennt mich zu so viel mehr Aufmerksamkeit", sagte Brand gegenüber SWR Sport. "Das war anfangs schon schwierig für mich, weil ich das so nicht kannte und mir auch selbst Druck gemacht habe."

Mittlerweile hat sie bereits 21 Länderspiele absolviert und gelernt, mit der Aufmerksamkeit, die sie auch bei Instagram bekommt, umzugehen. Der Shootingstar ist eine echte Größe - und vielleicht schaut ja auch Julian Brandt von Borussia Dortmund das EM-Endspiel. "Sie scheint es richtig gutzumachen", hatte er zu Beginn des Turniers über seine Fast-Namensvetterin gesagt. "Viele aus meinem Umkreis fragen mich schon im Scherz, seit wann ich in der Frauen-Nationalmannschaft spiele." Dabei ist Jule Brand einfach ganz sie selbst.

Quelle: ntv.de

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