
Sara Däbritz kennt sich mit den Halbfinal-Gegnerinnen bestens aus.
(Foto: IMAGO/Beautiful Sports)
Im Halbfinale der Fußball-EM gegen Frankreich könnte es auf eine Insiderin ankommen: Sara Däbritz. Drei Jahre spielte sie bei PSG, nun wechselt die 28-Jährige zum erfolgreichsten Team der Welt, Olympique Lyon. Vor dem Einstand muss sie sich erstmal unbeliebt machen.
In die Karten gucken lassen wollte sich Sara Däbritz nicht. "Wir werden super vorbereitet sein und 1000 Prozent geben", versprach sie allerdings vor dem Halbfinale der Fußball-Europameisterschaft in England (Mittwoch, 21 Uhr/ZDF, DAZN und im ntv.de-Liveticker). Dabei hat sie wohl das beste Blatt auf der Hand, schließlich steht die heute 28-Jährige seit drei Jahren in Frankreich unter Vertrag.
Bei Paris St. Germain spielte sie mit fünf Spielerinnen der französischen Nationalmannschaft zusammen, nach der EM wird sie mit anderen fünf ein Team bilden, denn sie wechselt zu Champions-League-Sieger Olympique Lyon. Vorzeitig Freundlichkeiten austauschen wird sie während der Partie aber nicht, gut möglich, dass sie ihren alten und künftigen Teamkolleginnen wehtun wird.
Ihre Rolle aber wollte sie nicht überbewerten: "Unsere Analysten haben sicher schon vorher fleißig gearbeitet - und das Trainerteam wird uns bestmöglich vorbereiten." Scouts und Analysten sind gleich eine ganze Reihe in England bei der EM dabei. Laut Co-Trainerin Britta Carlson hat der DFB versucht, jeden möglichen Gegner mit einem Scout abzudecken, bis zu sechs seien im Einsatz, dazu kommen die Analysten des Teams. "Locker" ausgetauscht hat sich das Team mit Insiderin Däbritz aber schon.
Das Offensichtliche: Die Französinnen verfügen über große individuelle Qualität und eine enorme Offensivpower, auch wenn Spielgestalterin Marie-Antoinette verletzt ausfällt, weil sie sich im zweiten Gruppenspiel einen Meniskus- sowie Kreuzbandriss zuzog. Vor allem über die Außen sei das Team stark, habe schnelle Spielerinnen auf den Flügeln, betonte Däbritz. Doch das französische Team hat auch zwei Tage weniger Pause zwischen dem Viertel- und dem Halbfinale und musste noch dazu über 120 Minuten gehen, um die Niederlande niederzuringen. Für die DFB-Elf definitiv kein Nachteil, so Carlson.
In Lyon sind die Frauen erfolgreicher
Die Deutschen hatten dagegen etwas Zeit zum Durchatmen, konnten auch mal einen Teamabend an der Tower Bridge in London verbringen. Einmal abschalten von den ständigen Gedanken um das ersehnte Finale. Denn natürlich hofft Däbritz, dass "ein Spot für uns sein wird". Einen Platz im erfolgreichsten Fußball-Team bei den Frauen hat sie sich bereits gesichert, mit acht Champions-League-Titeln ist Lyon unerreicht. Klub-Eigner Jean-Michel Aulas hat früh erkannt, welches Potenzial der Fußball der Frauen hat. Seine renommierte Männer-Marke hat sich längst erweitert um üppige Erfolge für die Frauen.
Däbritz löst sich mit ihrem Wechsel auch von nervigen Fragen zu Lionel Messi, Kylian Mbappé und Neymar - den Stars von PSG. Mit denen hatte sie übrigens nie Kontakt, die Teams haben unterschiedliche Trainingszentren. Bei Olympique Lyon spielen die Männer in der ersten Liga, natürlich, aber die erfolgreichere Show liefern die Frauen. Eine von ihnen ist Däbritz' derzeit verletzte DFB-Kollegin Dzenifer Marozsan, die sich im April im WM-Qualifikationsspiel gegen Serbien einen Kreuzbandriss zuzog. Eine andere ist die größte Gegnerin am Mittwoch, Frankreichs Kapitänin Wendie Renard. Der will das DFB-Team am besten erst gar keine Chancen eröffnen.
"Haben enorme Qualitäten"
Sportlich gibt es genügend Gründe für den Wechsel nach Lyon, aber auch abseits des Platzes fühlt sich Däbritz in Frankreich wohl: "Mir gefällt dort die Gemütlichkeit und kulinarisch ist es dort auch sehr gut." Nur manchmal vermisse sie die Heimat, bekennt die gebürtige Bayerin, die schon seit 2013 im A-Team des DFB spielt.
Sie war als gerade einmal 18-Jährige dabei, als die Nationalmannschaft den bis dato letzten EM-Titel gewann. Als junge Spielerin wurde sie von der damaligen Bundestrainerin Silvia Neid für das Team, das sich im Umbruch befand, nominiert. Damals noch Ergänzungsspielerin, war sie 2016 beim Olympiasieg bereits Stammspielerin und mit drei Toren zweitbeste DFB-Torschützin.
Zur Startelf gehört sie auch bei der aktuellen Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg. Diese schätzt ihre "Energie und Physis". Beim Viertelfinalsieg gegen Österreich wirkte sie zwar bei ihrer Auswechslung nach 64 Minuten ganz schön platt und hatte mit gerade einmal 30 Ballkontakten nicht ihr bestes Spiel gemacht. Dass sie jedoch immer einsatz- und kampfbereit ist, hatte sie in der 59. Minute bewiesen. Da sprintete sie Julia Hickelsberger-Füller hinterher, die schon an Außenverteidigerin Felicitas Rauch vorbei war. Däbritz konnte sich nur noch mit einem taktischen Foul behelfen und sah dafür die Gelbe Karte.
Die Spiele gegen Dänemark und Finnland in der Vorrunde waren aber sicherlich mehr nach dem Geschmack der "zentralen Figur in unserem Spiel", wie Voss-Tecklenburg vor dem Turnier über sie gesagt hatte. Dort hatte sie mit viel Übersicht und herausragender Passquote von fast 90 Prozent beeindruckt. Auch gegen Spanien half die 90-fache Nationalspielerin engagiert mit, dass beim deutschen Team hinten immer noch die Null steht. Bei diesem Fakt soll es am besten bleiben. Warum Deutschland es gegen die starken Französinnen ins Finale schaffen kann? "Wir haben auch enorme Qualitäten. Und wenn wir Mut haben, können wir Frankreich schlagen."
Quelle: ntv.de