EM-Hooligans werden Diplomatenthema Moskau bestellt französischen Vertreter ein

Nach dem Abpfiff im Spiel gegen England gingen russische Hooligans auf andere Zuschauer los.

Nach dem Abpfiff im Spiel gegen England gingen russische Hooligans auf andere Zuschauer los.

(Foto: imago/Sportimage)

Es ist das hässliche Gesicht der EM: Im Spiel gegen England gehen russische Hooligans auf Anhänger des Gegners los. Die Polizei nimmt Tage später Dutzende Verdächtige fest. Russland droht der Ausschluss vom Wettbewerb. Nun mischt sich der Kreml ein.

Die Krawalle zwischen russischen und britischen Hooligans bei der Fußball-Europameisterschaft sind mittlerweile zu einem Fall für die Diplomatie geworden. Russlands Außenminister Sergej Lawrow hat den französischen Botschafter in Moskau zu Gesprächen einbestellt, wie das Ministerium mitteilte. Hintergrund ist die Festnahme Dutzender russischer Hooligans durch die französische Polizei. So monierte Moskau, dass die russischen Vertreter in Frankreich nicht informiert worden seien. Das Fördern einer anti-russischen Stimmung könnte die Beziehungen beider Länder belasten, hieß es weiter.

Zuvor hatte Lawrow die Aktion der Behörden kritisiert. Er sehe darin einen Verstoß gegen internationale Regeln, sagte er der Agentur Interfax zufolge. Die französische Polizei hatte am Dienstag einen Bus mit 43 Russen festgesetzt, elf davon sind inzwischen wieder frei. 

Zugleich kritisierte Lawrow das Verhalten russischer Fans. "Es ist inakzeptabel, wie sich einige unserer Bürger benommen haben, die mit Feuerwerkskörpern (ins Stadion) gekommen sind." Russische Hooligans hatten vergangenen Samstag in Marseille am Rande des ersten EM-Spiels gegen England englische Fans angegriffen. Vor dem Spiel Russland gegen die Slowakei in Lille bliebt es in der Stadt ruhig und friedlich.

"Unsere Fans werden ständig provoziert"

Wegen der Krawalle hatte die Uefa den russischen Verband mit einem EM-Ausschluss auf Bewährung bestraft. Sollten sich in einem Stadion während der EM Ausschreitungen von russischen Krawallmachern wiederholen, wäre das Turnier für die Sbornaja vorzeitig beendet. Russlands Sportminister Witali Mutko schloss neue Randale durch mitgereiste Fans nicht aus. "Unsere Fans werden ständig provoziert", sagte er der Agentur Tass. "Ich kann nicht mit Sicherheit sagen, dass sich Ausschreitungen russischer Fans nicht wiederholen werden."

Oft würden die Russen aber zu Unrecht bezichtigt. Auch in Russland werde Gewalt in den Stadien abgelehnt. Russlands Parlaments-Vizepräsident Igor Lebedew hatte nach den Ausschreitungen erklärt, er könne nichts Schlimmes an kämpfenden Fans finden. "Im Gegenteil, gut gemacht Jungs. Weiter so!", hatte er bei Twitter geschrieben.

Seibert: "Widerwärtiger Gewaltkult"

Solche Reaktionen kritisierte die Bundesregierung nun zumindest indirekt. "Da wird zum Teil von Hooligans eine wirklich widerwärtiger Gewaltkult gepflegt, der das Gegenteil des Grundgedankens von Sport ist", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert auf die Frage, wie Berlin solche Reaktionen bewerte. Das solle man nicht kleinreden, wie das zum Teil internationale Stimmen in den vergangenen Tagen getan hätten.

Nach Einschätzung Seiberts ist es "beschämend genug, dass offenbar auch Deutsche an solchen Ausschreitungen beteiligt waren". Wer nach Frankreich reise, um Randale zu machen, wer offensichtlich auch den Tod von Menschen in Kauf nehme, habe dort nichts zu suchen. Ähnlich äußerte sich Bundesinnenminister Thomas de Maizière bei einem Besuch in Paris. Er befürwortete eine "starke Antwort des Rechtsstaats" auf die Hooligan-Gewalt. "Ich bin voller Respekt für Schnellverfahren der Justiz", fügte er mit Blick auf erste Verurteilungen nach den Krawallen in Marseille hinzu.

Unterdessen forderte Russlands größte Sportzeitung "Sport-Express", das Land müsse die Fangewalt dringend in den Griff bekommen. "Die Anhänger fliegender Fäuste werden sich bis zur WM 2018 nicht in Luft auflösen." Das Turnier in zwei Jahren findet in Russland statt. 

Deutsche Behörden haben unterdessen zwei Dutzend gewaltbereiten Hooligans die Ausreise zur Fußball-Europameisterschaft verboten. Ein weiteres Dutzend gewaltbereiter Fans habe Meldeauflagen bekommen und dürfe bestimmte Gebiete nicht verlassen, sagte eine Sprecherin des Bundesinnenministeriums. Auch mit Blick auf das Spiel Deutschland gegen Polen am morgigen Donnerstag könne die Polizei noch weitere Hooligans direkt an der Grenze an der Ausreise hindern. Zudem seien mehr als 600 Gefährder von den Behörden angesprochen worden.

Quelle: ntv.de, jwu/dpa

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen