Fußball

Superstar-Dekade endet ohne Tore 31 Schüsse, Pfosten, Latte: PSG-Coach ist fassungslos

Mit der Einstellung zufrieden, mit dem Ertrag nicht.

Mit der Einstellung zufrieden, mit dem Ertrag nicht.

(Foto: REUTERS)

Paris St. Germain hat seit über einem Jahrzehnt nur ein Ziel: Der Klub in katarischer Hand will unbedingt die Champions League gewinnen - und ist nun abermals daran gescheitert. Gegen Borussia Dortmund gelingt kein Tor, auch weil reichlich Pech im Spiel ist.

Kylian Mbappé starrte eine Ewigkeit in den Pariser Nachthimmel. Ob er dabei mitbekam, was in der Dortmunder Fankurve los war? Was für eine gigantische Party dort abging? Eher nicht. Der Superstar von Paris St. Germain wirkte nach dem Schlusspfiff in einer ganz anderen Welt. Was er dachte? Man weiß es nicht. Vermutlich hatte es etwas damit zu tun, wie seine Mannschaft aus dem Halbfinale der Champions League ausgeschieden war. Mit reichlich Pech nämlich. Zwar gelang es dem Luxusensemble der katarischen Besitzer nicht, über 180 Minuten das ganze Potenzial des Kaders abzurufen, aber an Chancen für ein Tor mangelte es gegen den BVB dennoch nicht.

Allein im Rückspiel notierte das offizielle Statistikportal der UEFA 31 Torschüsse. Nicht jeder war gefährlich, nicht jeder flog aufs Tor. Besonders in der ersten Halbzeit, als die Offensive noch kontrolliert war und nicht die ganz große Wucht entfaltete, war da nicht viel bei, was die Gäste in Bedrängnis brachte. Nach der Pause wurde das aber anders. Und je länger dieses Spiel dauerte, desto wütender waren sie geworden. Und desto gefährlicher. In der 87. und 88. Minute hatte Mbappé und Vitinha den Ball an die Latte gesetzt. Zuvor hatte es bereits zweimal am Pfosten des Dortmunder Tors laut gescheppert. Viermal Aluminium, mon dieu! Dazu noch zweimal Pfosten aus dem Hinspiel. Der BVB hatte bisweilen unverschämtes Glück gehabt.

"Glücklich mit der Einstellung"

"Der Fußball war in diesem Match nicht fair zu uns. Wir müssen das akzeptieren, der Mannschaft, die das Finale erreicht hat, gratulieren, trauern und die Enttäuschung verarbeiten", sagte Trainer Luis Enrique. Der gab den fairen Sportsmann, haderte aber dennoch mit der Ungerechtigkeit, denn er sah seine Mannschaft nicht als die schlechtere bei den beiden 0:1-Niederlagen an: "So ist das Leben, so ist der Sport. Es ist wirklich wichtig, dass man weiß, wie man gewinnt, aber auch wie man verliert", sagte der Spanier: "Ich bin als Coach der Erste, der verantwortlich für die Niederlage ist, aber ich bin glücklich mit der Einstellung und dem Verhalten der Spieler."

So nah wie in diesem Jahr wird PSG dem Henkelpott aber vorerst nicht mehr kommen. Denn mit diesem Abend endet auch eine große Ära beim Traditionsklub, der seit 2011 in katarischer Hand ist. Mit diesem Abend endet die Ära der Superstars, die mit Zlatan Ibrahimović begann und mit Mbappé endet. Noch ist nicht offiziell, wo es ihn hinzieht. Aber alle Zeichen stehen auf Real Madrid. Eine provokante Frage nach seinem möglichen künftigen Arbeitgeber verhagelte ihm indes die Laune: Er wurde gefragt, ob er im anderen Halbfinale nun Real Madrid oder Bayern München die Daumen drücken würde. Mbappé schaute daraufhin einmal genervt auf, presste die Lippen zusammen und entschwand dann ohne weitere Worte. Seine glänzende Zeit an der Seine droht trist zu enden. Zuletzt saß er häufiger auf der Bank - wegen seiner Wechselankündigung. Wegen seines Real-Flirts.

Dort dürfte mit Vinicius Junior, mit Rodrygo und Jude Bellingham in den nächsten Jahren ein neues Monster erschaffen werden. Ein vielleicht unbezwingbares? Und was wird aus Paris St. Germain? Man weiß es nicht, aber die "L'Equipe" ruft schon mal das vorzeitige Ende aus: "PSG, die Flamme ist erloschen." Die "Le Parisien" richtet knallhart und fußballromantisch: "Einfach hoffnungslos. Der Traum ist verschwunden, vielleicht hat er nie existiert. Unter Berücksichtigung der Budgets und der Gehaltsabrechnungen auf beiden Seiten ist der Begriff 'Fiasko' nicht schlecht gewählt. Es gibt im Fußball glücklicherweise auch heute noch andere Argumente als die ausgegebenen Summen. Insolvenz, wir kommen!" Die spanische "Marca" schreibt: "PSG und Mbappé erleiden Schiffbruch". Bei der "AS", ebenfalls aus Spanien, heißt es: "Adios Mbappé. Adios Champions. Tragödie in Paris."

Mbappé wird philosophisch

Besonders bitter ist der nächste Knock-out für den Starstürmer, der sich in seiner Heimatstadt unsterblich machen wollte. Der die Silberware als Abschiedsgeschenk servieren wollte. Aber in beiden Spielen konnte er nie das auf den Platz bringen, zu dem er in der Lage ist. Die Dortmunder nahmen ihm die Luft zum Atmen. Sie standen ihm auf den Füßen, immer im Weg. Aber wenn er mal Raum hatte, wurde es direkt gefährlich. Sowohl im Hin- als auch im Rückspiel hatte er das Aluminium malträtiert. "Ich rede nicht gerne über Pech. Wenn man gut ist, trifft man nicht den Pfosten, sondern der Ball geht rein", befand der Starstürmer und nahm sich dabei vor allem selbst in die Pflicht: "Ich bin der Typ, der die Tore schießen und entscheidend sein muss. Wenn mir das gelingt, nehme ich das ganze Licht auf mich. Wenn aber nicht, dann muss ich aber auch den Schatten tragen."

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Dieser Schatten des Scheiterns hängt nun abermals über dem Projekt PSG, das sich im Sommer neu aufstellen muss. Vereinspräsident Nasser Al-Khelaifi ("Ich bin stolz") versuchte, die Enttäuschung herunterzuspielen: "Wir haben das Halbfinale dreimal in fünf Jahren erreicht. Natürlich ist es nicht unser Ziel, dass dann dort Schluss ist, wir wollen weiter." Insgesamt soll der Kader ausgeglichener besetzt werden, weniger Superstars, mehr starkes Kollektiv. Eine andere Spielidee wird es geben. Es soll ein gesünderes Umfeld entstehen, weniger vergiftet und weniger egozentrisch. Über die schwierige Kabine und die nervöse Chefebene waren in den vergangenen Jahren zahlreiche Trainer gestolpert, unter anderem ja Thomas Tuchel. Besonders Mbappé hatte den Klub immer wieder penetriert, mit Wechselabsichten und Unzufriedenheiten. Seine "Liebe" zu PSG wurde immer teurer bezahlt.

Der Neuaufbau beginnt derweil natürlich nicht bei null. Mit den jungen Hoffnungsträgern Warren Zaire-Emery (18, Marktwert liegt schon bei 60 Millionen Euro), Lucas Beraldo, Bradley Barcola, Nuno Mendes oder Goncalo Ramos steht die nächste sehr gut ausgebildete Generation längst bereit. Mit dem furiosen Xavi Simons, derzeit an RB Leipzig ausgeliehen, soll ein weiterer Schlüsselspieler zurückkehren. Zudem gibt es die etablierten Kräfte wie Ousmane Dembélé, Vitinha, Marquinhos oder Achraf Hakimi. Wer noch extern hinzukommt? Die Liste der Gerüchte ist gewohnt lang, auf ihr sollen unter anderem Stürmer Victor Osimhen stehen (SSC Neapel) und Barcelonas Supertalent Gavi. Der 19-Jährige gilt als Wunschspieler des Trainers, der einst selbst eine große Zeit bei den Katalanen hatte. Alles noch durchaus klangvolle Namen, aber nicht mehr so herausragend, wie die großen Rivalen aus der englischen Premier League oder dann eben Madrid. Vermutlich mit Mbappé.

Quelle: ntv.de, tno

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