Fußball

Recherche über geheime Verträge Abramowitsch griff für FC Chelsea in schwarze Kassen

Abramowitsch im Mai 2017 bei einem Heimspiel des FC Chelsea.

Abramowitsch im Mai 2017 bei einem Heimspiel des FC Chelsea.

(Foto: IMAGO/Paul Marriott)

Droht dem FC Chelsea schlimmstenfalls der Ausschluss aus der Premier League? Das zumindest vermutet ein Finanzexperte. Denn Recherchen legen offen, wie Roman Abramowitsch in seiner Zeit als Klub-Eigentümer die Finanzregeln mit illegalen Geschäften umgangen zu haben scheint.

Mit den Milliarden von Roman Abramowitsch ist der FC Chelsea in die Spitzenklasse des europäischen Fußballs vorgedrungen. Davon zeugen zwei Champions-League-Titel und zwei Europa-League-Triumphe, in England gewannen die Londoner fünf seiner sechs Meisterschaften in der Ära Abramowitsch. Insgesamt gab es 21 Titel in 19 Jahren zu bejubeln, ehe Abramowitsch den Traditionsklub kurz nach der russischen Invasion in die Ukraine und infolge der Sanktionen gegen ihn im Frühjahr 2022 verkaufte.

Recherchen deutschsprachiger und internationaler Medien zeigen nun, dass der russische Oligarch, der auch die israelische und portugiesische Staatsbürgerschaft besitzt, diese Erfolge offenbar auch mithilfe schwarzer Kassen und geheimer Verträge möglich gemacht hat. Das ZDF überschreibt die Erkenntnisse aus "Cyprus Confidential" mit folgendem Satz: "Geheimverträge zeigen, wie russische Oligarchen in Zypern über Briefkastenfirmen ihr Geld mehren und den Westen beeinflussen wollen."

Beispielhaft für diese verborgenen Geschäfte wird dabei der Transfer von Eden Hazard genannt. Der damals 21-Jährige war beim OSC Lille in Frankreich zum Star aufgestiegen, konnte sich im Sommer 2012 seinen neuen Klub nahezu frei aussuchen. Eigentlich soll Hazard zum FC Arsenal tendiert haben, dem Stadtrivalen Chelseas. So berichtete es Hazards früherer Berater John Bico-Penaque einer belgischen Zeitung. Trotzdem wechselte der belgische Nationalspieler kurz darauf für rund 35 Millionen Euro zu den Blues. Laut Bico-Penaque erfolgte der Sinneswandel auf sein Betreiben.

Immer wieder Zahlungen aus schwarzen Kassen

Der österreichische "Standard" berichtet nun, dass "bislang unveröffentlichte Dokumente Bico-Penaques Veto und Hazards Wechsel in einem neuen Licht erscheinen lassen". Darin gehe es um geheime Millionenzahlungen, die Bico-Penaque erhalten habe - jedoch nicht vom FC Chelsea, "wie es üblich und erlaubt gewesen wäre", sondern von Abramowitsch persönlich.

Neun Monate nach dem Transfer habe eine Briefkastenfirma von Abramowitsch einen geheimen Vertrag mit einer Firma abgeschlossen, deren Besitzer John Bico-Penaque gewesen sei. Dem ZDF zufolge flossen rund sieben Millionen Euro für "Beratungsdienste im Bereich der Sportforschung und -beratung", eine konkretere Begründung werde nicht genannt. Bico-Penaque selbst äußerte sich auf Anfrage dazu nicht.

Der "Spiegel" schlussfolgert daraus: "Dabei mied der Milliardär offenbar die Vereinskonten des Chelsea FC - was regelwidrig ist. Und das, so zeigen aktuelle Recherchen, hatte durchaus System: Abramowitsch zahlte in seiner Zeit als Chelsea-Besitzer immer und immer wieder aus seiner schwarzen Kasse."

Den Regeln nach hätte der FC Chelsea diese Kosten selbst tragen und vor allem in seinen Bilanzen aufführen müssen, um den Vorgaben der internationalen wie nationalen Fußballverbände zu entsprechen. Das ZDF zitiert Christian Müller, den ehemaligen Finanzchef der Deutschen Fußball-Liga (DFL), demzufolge "alle Aufwendungen im Zusammenhang mit Spielertransfers in der Gewinn- und Verlustrechnung des Klubs abgebildet werden müssten".

Was lief mit Antonio Conte?

Als weiteres Beispiel für geheime Verträge und verdeckte Zahlungen wird die Zusammenarbeit mit Trainer Antonio Conte genannt. Der Italiener wechselte 2016 zum FC Chelsea, holte gleich in seiner ersten Saison und schon drei Spieltage vor Schluss die Meisterschaft. Kurz darauf wird Contes Vertrag angepasst: mit einer massiven Gehaltserhöhung bei gleichbleibender Laufzeit.

Dem "Spiegel" zufolge kaufte eine Briefkastenfirma von Abramowitsch sich am Tag, an dem die Einigung verkündet wird, in die Firma des Spielerberaters Federico Pastorello ein. "Der war nach eigenen Angaben in die Verhandlungen zwischen Antonio Conte und Chelsea involviert", heißt es beim ZDF. Laut "Standard" geht es um rund 11,3 Millionen Euro, die als Bonus für den Berater oder gar für Conte geflossen sein könnten. Die Beteiligten hätten sich dazu nicht geäußert.

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Die neuen Inhaber des FC Chelsea erklärten auf ZDF-Anfrage, "dass es womöglich unvollständige Finanzberichte bei den Transfers gebe, die in der Zeit Abramowitschs getätigt wurden". Allerdings sei infolge des Eigentümerwechsels keine der beteiligten Personen mehr beim Klub aktiv. Vielmehr habe Chelsea "diese Angelegenheiten proaktiv bei allen zuständigen Fußballaufsichtsbehörden angezeigt" und bemühe sich um Aufklärung.

Eine mögliche Strafe könnte heftig ausfallen, vermutet Kieran Maguire, der als Finanzexperte schon länger die Zahlungsströme von englischen Fußballklubs beobachtet und auswertet. In der Sendung "Frontal 21" im ZDF sagt er, dass "ein Punktabzug am wahrscheinlichsten" sei. Allerdings hält er auch "die schlimmste Konsequenz" für den FC Chelsea für möglich: "Den Ausschluss aus der Premier League." Auch die UEFA kommt zu Wort und kündigt an, bei neuen Erkenntnissen ein neues Verfahren gegen die Blues anzustrengen.

Quelle: ntv.de, tsi

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