Was bisher in Europa passierte Auch Lionel Messi erfüllt keine Träume mehr
09.04.2022, 11:18 Uhr
Messi ist bei PSG nicht glücklich.
(Foto: IMAGO/Le Pictorium)
Im europäischen Fußball beginnen die entscheidenden Wochen. Zeit, doch mal wieder einzuschalten. Wer gewinnt die Champions League, wer holt die Titel in den großen Ligen und was ist überhaupt bislang passiert? Ein Überblick über das, was war und kommen wird.
Die Hinspiele der Viertelfinals in der Champions League und Europa League sind gespielt. Die Zuschauer sind nun auch in Deutschland nach zwei langen Jahren pandemiebedingter Abwesenheit zurück. Zeit, um wieder einzusteigen. Klar: Der FC Bayern München ist auf bestem Weg, die zehnte Meisterschaft in Folge zu gewinnen. Lassen Sie sich davon nicht abhalten und kommen Sie mit uns auf eine kurze Reise durch das aktuelle Geschehen im europäischen Klubfußball.
Der Klassiker des Klubfußballs
Beginnen wir in England. Dort kommt es bereits am Sonntag zum Spiel des Jahres, nicht nur in der Premier League, sondern in ganz Europa überhaupt. Kaum jemand mag es bestreiten. Manchester City mit Trainer Pep Guardiola empfängt den FC Liverpool mit dem legendären Jürgen Klopp an der Seitenlinie. Der deutsche Coach ist längst eine überlebensgroße Figur in Anfield und kann in dieser Saison etwas schaffen, was noch niemandem zuvor je gelungen ist: Die Reds sind immer noch auf Quadrupel-Kurs. Das besteht in England aus Premier League, Champions League, FA Cup und League Cup.
Einen Titel hat Klopp schon sicher. Bereits im Februar holen sie in einem spektakulären Finale gegen Chelsea den League Cup. 22 Schützen, und nur der Torhüter der Blues, Kepa Arrizabalaga, bringt den Ball nicht im Tor unter. Im FA Cup trifft Liverpool am 16. April im Halbfinale auf Manchester City, in der Champions League stehen die Reds nach einem 3:1 bei Benfica mit einem Bein im Halbfinale. Und in der Liga? Da sind sie nach zehn Siege in Folge nach einem zwischenzeitlichen Rückstand von 14 Punkten bis auf einen Punkt an Guardiolas City herangekommen und können nun am Sonntag die Spitze übernehmen. "Wenn ich irgendwann einmal aufhöre und Golf spiele, werde ich mich an meine größte Rivalität erinnern, an die mit Liverpool", sagt Pep Guardiola. Wie er sich erinnern wird, darüber entscheidet auch dieses Spiel.
Und was macht Chelsea?
An der Stamford Bridge hält man mittlerweile nicht nur wegen Noch-Eigentümer Roman Abramowitsch Krisensitzungen ab. Die Turbulenzen rund um den sanktionierten Oligarchen haben den Traditionsklub erschüttert. Der amtierende Welttrainer Thomas Tuchel hat genug. Auf eine 1:4-Ligapleite gegen den FC Brentford folgt ein 1:3 gegen Real Madrid. Der Titelverteidiger steht vor dem Aus in der Champions League.
Die Mannschaft der deutschen Nationalspieler Antonio Rüdiger, Timo Werner und Kai Havertz ist arg mitgenommen, hat in der Liga alle Titelchancen längst verspielt und könnte sogar noch aus den Top vier verdrängt werden. Trainer Tuchel ist "nicht nur enttäuscht, sondern auch wütend". Seine Zukunft an der Themse ist noch offen, wie auch der neue Besitzer. Der Verkauf läuft weiter. In der kommenden Woche soll es Neuigkeiten geben.
Die alte Dame regiert in Berlin
Nicht unter den Bietern für Chelsea befindet sich Lars Windhorst, der weiterhin Anteile an Hertha BSC halten soll. Die haben sich längst als unterhaltsamste Team der Bundesliga etabliert. Zum Leidwesen der Fans jedoch nicht aus sportlichen Gründen. Woche für Woche schreibt Hertha Schlagzeilen für ein ganzes Leben. Momentan von Felix Magath trainiert, taumelt der große Klub aus dem Berliner Westend in Richtung Abstieg. Über die letzten zwei Jahre ist es ihnen gelungen, mit den 374 Millionen Euro des erratischen Investors Windhorst den Kader schlechter zu machen. Aber den Klub auch interessanter. Windhorst hat immer eine Geschichte zu erzählen.
Erst kürzlich hieß es, er habe seine Anteile am Klub in einer Notlage verpfändet. Er dementiert postwendend. Auf Twitter, wo er sich häufiger tummelt und wo die Fans der Hertha auch am heuten Samstag leiden könnten. Dann geht es im Derby zu Hause gegen Union (18.30 Uhr/Sky und im ntv.de-Liveticker). Die ersten beiden in dieser Saison, eins in der Liga und eins im Pokal, wurden krachend verloren.
Der Liga droht neben dem Verlust der Hertha auch der Verlust zweier Superstars: Erling Haaland wird Borussia Dortmund verlassen und Robert Lewandowski womöglich Bayern München.
Nkunku ist Spektakel
Der spektakulärste Spieler der Bundesliga spielt derzeit jedoch nicht beim FC Bayern. Am letzten Wochenende ist er im Westfalenstadion zu bestaunen, Gelb trägt er dabei zum Leidwesen der über 80.000 BVB-Fans aber auch nicht. Stattdessen sorgt Christopher Nkunku im Dress von RB Leipzig wieder mal dafür, dass sich die Sachsen einer ernüchternden Hinrunde zum Trotz immer noch Hoffnung auf die Qualifikation zur Champions League machen dürfen. Bei allen vier Treffern der Leipziger hat Nkunku seine Füße im Spiel. Den ersten Treffer von Konrad Laimer bereitet er direkt vor, das zweite Tor erzielt der Österreicher nach einem abgeprallten Pass von Nkunku. In der zweiten Halbzeit trifft der Franzose selbst von der Strafraumkante, vor dem 4:1 von Dani Olmo lässt er auf engstem Raum drei Dortmunder ins Leere laufen.
Kaum ein Spieler in Europas Fußball ist derzeit so bedeutsam für seinen Klub wie Nkunku für RB Leipzig. In Liga, Pokal und Europacup kommt der Mittelfeldspieler(!) derzeit auf sensationelle 44 Scorer-Punkte in 40 Spielen. Mit Robert Lewandowski, Karim Benzema und Kylian Mbappé gibt es in den Top-fünf-Ligen nur drei Spieler, die an noch mehr Toren beteiligt waren. Nkunkus beeindruckende Kombination aus Explosivität, Ballkontrolle, Spielintelligenz und einer bisher verborgenen Stärke im Abschluss lässt seit Monaten Verteidiger verzweifeln. Ausgebildet wird er bei Paris Saint-Germain. Der Klub soll über eine Rückholaktion nachdenken.
Mit Pauken und Trompeten gescheitert
Denn die von Katar hochgerüstete Übermannschaft steht vor einer ungewissen Zukunft. Kylian Mbappé wird sich allem Anschein nach Real Madrid anschließen. Barça-Trainer Xavi wies bereits darauf hin, dass er sich eine Rückkehr von Lionel Messi vorstellen könnte. Und Neymar soll sich mit Klub-Verantwortlichen wie auch der Kabine überworfen haben, und ebenfalls nach einem neuen Verein Ausschau halten. Plötzlich steht sogar das Engagement Katars im Ganzen auf dem Spiel. Was war geschehen?
Im letzten Sommer kaufen sich die Pariser Verantwortlichen in einen Rausch. Lionel Messi soll die ohnehin schon vor Qualität strotzende Offensive um Neymar und Mbappé endlich zum Henkelpott führen. Damit bei allem Spektakel auch seriös verteidigt wird, sichern sich die Pariser auch Sergio Ramos als Abwehrchef und Gianluigi Donnarumma, der sich mit einer herausragenden EM der Italiener empfohlen hat. Liverpool-Motor Giorginio Wijnaldum soll in der Mitte für Balance sorgen. Nichts davon funktioniert. Wirklich überzeugt haben nur die Außenspieler Achraf Hakimi und Nuno Mendes. Lionel Messi aber erfüllt keine Träume mehr.
Xavi bringt Erfolg zurück - doch nicht das Tiki-Taka
Schon im Achtelfinale ist für das Star-Ensemble Schluss. Ausgerechnet Real, die alten "Galaktischen" hatten für die Neuauflage den Sternenzerstörer gegeben. Möglicherweise ist keine Mannschaft auf der Welt so gut darin, dämliche Fehler zu bestrafen, wie Real Madrid.
Davon hat Barcelona im Clasico nicht sonderlich viele gemacht. Und das ist durchaus überraschend. Denn die (nicht ganz so) klammen Katalanen sehen zu Beginn der Saison aus wie kurz vor dem endgültigen Zerfall. Ronald Koeman beaufsichtigt eine behäbige Mannschaft, die in der Liga der Bedeutungslosigkeit entgegen schlingert. Am 11. Spieltag verliert der FC Barcelona gegen Rayo Vallecano. Auf Rang neun stehend, wird die Entlassung von Koeman beschlossen. Es folgt die langersehnte Rückkehr vom Haus- und Hof-Strategen Xavi. Heute steht der Klub auf Rang 2. Im März zerlegt Barcelona das gerade gegen PSG wiedererstrahlte Real mit 4:0 im Santiago Bernabeu.
Dazwischen liegt zwar nicht die ganz große fußballromantische Erzählung, aber doch eine erstaunliche Entwicklung. Denn ausgerechnet Xavi, Kopf der Tiki-Taka-Mannschaft unter Guardiola und in Barcelona seit diesen Tagen sein auserkorener Nachfolger, hat für seine Spieler andere Ideen. Barça schlägt Real durch Konter, lange Bälle und Standardsituationen. Für Spannung in der Meisterschaft kommt der Turnaround zu spät. Doch immerhin kann sich Barca noch Hoffnung auf einen internationalen Titel machen, in der Europa League steht der Klub derzeit im Viertelfinale gegen die Frankfurter Eintracht. Das Hinspiel endet 1:1.
Abgehängte, angeklagte Alte Dame
An dem nimmt auch Atalanta Bergamo teil, die Überraschungsmannschaft der letzten Jahre trifft auf RB Leipzig. In der von der Öffentlichkeit weitestgehend ignorierten Europa Conference League reist Bodö Glimt zu Mourinhos Roma. Die beiden Klubs sind die letzten Repräsentanten der Serie A auf europäischer Ebene. Passend zum Abschneiden des Klubfußballs verspielt die Nationalmannschaft, immerhin amtierender Europameister, gegen Nordmazedonien die WM-Teilnahme.
Trösten können sich die Fans mit der Aussicht auf ein Foto-Finish um den Liga-Titel. Den AC Mailand(67) und Neapel(66) trennt an der Spitze nur ein Punkt. Inter liegt mit 63 Punkten und einem Nachholspiel in der Hinterhand auf Rang 3. Erst dahinter folgt der Dominator der letzten Jahre - Juventus Turin. Von 2012 bis 2020 feiert die "Alte Dame" neun Meisterschaften in Folge.
Eine Dekade voller Erfolg verhindert bereits im letzten Jahr Inter Mailand. Acht Punkte Rückstand auf den ersten Rang legen auch in diesem Jahr nahe, dass am Saisonende andere feiern. In der Champions League setzt es im Achtelfinale ein unnötiges Ausscheiden gegen den FC Villarreal. Dazu steckt Juve in gigantischen Finanzproblemen. Bereits im Winter durchsucht die Polizei Geschäftsräume in Turin. Seit Monaten ermittelt die Staatsanwaltschaft der Stadt gegen ihren Vorzeigeklub, der seine Bilanzen mit fiktiven Gewinnen aufgehübscht haben soll.
Quelle: ntv.de