Priorität auf Kader und Stimmung Bayern-Boss kehrt Kahns Scherben zusammen
25.06.2023, 06:50 Uhr
Jan-Christian Dreesen will das "Mia san mia" beim FC Bayern wieder mit Leben füllen.
(Foto: picture alliance/dpa)
Als neuer Vorstandsvorsitzender des FC Bayern will Jan-Christian Dreesen wieder für mehr Harmonie an der Säbener Straße sorgen. "Absolute Priorität" hat für den 55-Jährigen aber etwas anderes. Zweifel an seiner Eignung für den Posten wischt er entschieden weg.
Mit dem neuen Vorstandsvorsitzenden Jan-Christian Dreesen soll beim FC Bayern München wieder eine bessere Arbeitsatmosphäre einkehren. Er wolle versuchen, dem deutschen Fußball-Rekordmeister "wieder etwas einzuhauchen, was ich als Miteinander-Füreinander beschreibe", sagte der 55-Jährige in einem Interview der "Bild am Sonntag". Er wolle, "dass wir mit Freude zur Arbeit gehen, dass man dem anderen vertraut, dass die Leute untereinander kommunikativer werden, dass die Türen offen sind. Mit dem Ziel, dem FC Bayern zu dienen und ihn stärker zu machen. Mia san mia ist keine Floskel, sondern eine Haltung."
Dreesens Vorgänger Oliver Kahn war von verschieden Seiten vorgeworfen worden, dass sich unter ihm der Umgangston im Klub verschlechtert habe. Kahns Aus hatten die Bayern direkt nach Abpfiff des 34. Spieltags der abgelaufenen Saison und dem Last-Minute-Gewinn der Meisterschaft verkündet.
"Es geht um Menschen. Wir haben zuletzt eine super Mannschaft gehabt. Und haben es trotzdem sportlich nicht gerissen. Warum? Weil Menschen zusammen nicht im Team funktioniert haben", sagte der vormalige Finanzvorstand Dreesen. In einer insgesamt schwachen Saison hatten die Münchner zwar knapp die Meisterschaft gewonnen, waren aber in der Champions League und im DFB-Pokal vorzeitig ausgeschieden.
"Ich fühle mich nicht als Ausnahme"
Zweifel an seinen Kompetenzen für das Amt wegen eines angeblich fehlenden Fußball-Sachverstands weist er derweil zurück. "Ich verstehe diese Skepsis, aber ich bewege mich nun schon eine lange Zeit beruflich im Profifußball", sagte der 55-Jährige der "Bild am Sonntag". Außerdem gebe es in Europa bei keinem Top-Klub einen ehemaligen Profi als CEO. "Deshalb fühle ich mich auch nicht als Ausnahme. Sondern ich bin die Regel", sagte Dreesen. Er selbst habe als Verteidiger "in meiner Heimat bei der Spielvereinigung Aurich" gespielt, sagte er. Ehemalige Spieler sollten auch künftig in die Klubführung eingebunden werden: "Es muss aber nicht zwingend die Position des Vorstandsvorsitzenden sein."
Denkbar hält Dreesen eine künftige Einbindung der Weltmeister Thomas Müller und Manuel Neuer in den Verein. "Es wäre fantastisch, wenn wir die beiden künftig einbinden könnten, von einer solchen Konstellation würde doch jeder Klub träumen. Aber diese Entscheidung liegt beim Aufsichtsrat", so der neue Klubboss.
"Wir wollen keine Söldner"
Für Dreesen, der als Kahn-Nachfolger auch in den Vorstand der europäischen Klub-Vereinigung (ECA) einziehen will, hat nun die Kaderzusammenstellung "absolute Priorität". Zu Transfergerüchten äußerte er sich nicht, dafür zum Anforderungsprofil weiterer Neuzugänge: "Wir wollen keine Söldner, die alle zwei Jahre zum nächsten Klub gehen. Wir brauchen Spieler, die Energie ausstrahlen, die sich für den FC Bayern und seine Fans reinhängen." Für die neue Saison haben die Münchner bislang den Leipziger Konrad Laimer und Dortmunds Raphaël Guerreiro verpflichtet. Beide kamen ablösefrei.
Gute Gespräche habe es im vergangenen Jahr mit BVB-Torjäger Erling Haaland gegeben, der dann letztlich zu Manchester City wechselte, verriet Dreesen. Der Norweger war im Gesamtpaket aber offenbar zu teuer für die Bayern. Man müsse "irgendwann ein Stoppschild setzen", sagte Dreesen. "Maximaler sportlicher Erfolg bei wirtschaftlicher Solidität - das bedeutet im Klartext, dass wir weiter versuchen, die Unvernunft zu beherrschen. Es ist eh schon alles irrational bis Wahnsinn, wenn man ehrlich ist."
Weitere Aktienverkäufe der FC Bayern AG, an der der Mutterverein laut Satzung mindestens 70 Prozent plus eine Aktie halten muss, zugunsten weiterer Erlöse schloss der Vorstandsvorsitzende vorerst aus. Zwar dürfte man noch fünf Prozent veräußern, "das ist aber zurzeit kein Thema". An der FC Bayern AG sind die drei Großkonzerne Audi, Adidas und Allianz beteiligt, die jeweils 8,33 Prozent der Aktien halten.
Quelle: ntv.de, tno/dpa/sid