"Frech und bitter" Bayerns großer Ärger über den Sané-Ärger
23.08.2021, 18:48 Uhr
Leroy Sané hats schwer.
(Foto: picture alliance / SvenSimon)
Beim FC Bayern München könnte heute alles schön sein: Zweimal in Folge haben sie gewonnen, dazu kommt ein Personalcoup, den sie freudig verkünden. Doch es gibt Misstöne. Es geht um Leroy Sané, Fans und enttäuschte Erwartungen. Der Ex-Boss immerhin bemüht eine gute Erinnerung.
Es hätte ein herrlicher Tag werden sollen für den FC Bayern: Am Morgen verkündete der Rekordmeister die Vertragsverlängerung von Joshua Kimmich, bis 2025 unterschrieb "der Mann, der den FC Bayern beherrscht". Ein echter Coup, Kimmich ist einer der Schlüsselspieler der Münchener, ein Weltklassemann, Integrationsfigur, ein "künftiger Weltfußballer", wie der ehemalige Bayern- und frisch inthronisierte Bundestrainer Hansi Flick einst prophezeite. Doch statt sich im Glanze dieser wichtigen Personalie zu sonnen, müssen die Wichtigen beim FC Bayern ein Ärgernis kommentieren: die Pfiffe gegen Leroy Sané vom Vorabend. Und die machen sie sauer und betroffen.
Bayern-Trainer Julian Nagelsmann hatte seinen - nach dem noch einmal 30 Millionen Euro teureren Verteidiger Lucas Hernandez - zweitwertvollsten Angestellten am Sonntagabend nach 45 Minuten vom Platz genommen, 0:0 stand es da, der FC Bayern tat sich schwer. Gegen den 1. FC Köln. Ja, sie hatten Sané ja auch vor der letzten Saison nicht geholt, um Spiele gegen den 1. FC Köln zu entscheiden, sondern solche gegen die größten Klubs des Kontinents. Davon ist Sané aber weiter weit entfernt.
"Spieler muss das aber auch wollen"
Sportvorstand Hasan Salihamidzic hat die Pfiffe dennoch scharf verurteilt und als nicht hinnehmbar bezeichnet. "Klar, Leroy hat kein Riesenspiel gemacht. Aber wir erwarten immer, dass die Spieler von unseren Fans unterstützt werden. Wir können nicht einen Einzelnen auspfeifen lassen in der Allianz Arena. Das geht gar nicht", sagte Salihamidzic. "Von uns wird Leroy immer geschützt", versicherte der Sportvorstand. Sané sei ein ehrgeiziger Profi und wolle mit dem FC Bayern Titel gewinnen.
Bayern-Chef Oliver Kahn stimmte den Worten von Salihamidzic zu. Der ehemalige Torwart bemerkte zudem: "Es gilt für Leroy, das wegzustecken." Aufgabe des Vereins sei es, "zu schauen, dass Leroy hier seine Leistung bringt". Der Spieler müsse das aber auch wollen. Joshua Kimmich, der Mann des Tages, der heute eigentlich voll im Fokus hätte stehen sollen, bezeichnete die Pfiffe gegen Sané sowie den hämischen Applaus bei dessen Auswechslung als "frech und auch bitter". Er finde das Zuschauerverhalten "nicht in Ordnung", auch wenn es sich nur um einen Teil der Fans handelte.
"Über Einzelleistungen der Spieler reden wir in der Kabine", antwortete Nagelsmann schon am Sonntagabend, als er den Auftritt seines Spielers bewerten sollte. Für den Flügelstürmer kam der junge Jamal Musiala, der das Bayern-Spiel sehr belebte und dem Nagelsmann später in der Einzelkritik "ein herausragendes Spiel" bescheinigte. Musiala arbeitete das 1:0 durch Robert Lewandowski, klar, mustergültig heraus, später ging der Teenager immer wieder ins Dribbling und half energisch, den FC Bayern nach dessen konfusen Minuten wieder zu stabilisieren. Sané hatte da längst Feierabend und musste zuschauen, wie der junge Kollege das Publikum begeisterte.
Lange war man beim FC Bayern hinter Sané hergewesen, 2019 hätten sie wohl 100 Millionen Euro an Manchester City überwiesen, wo sich Sané letztendlich nicht zu dem europäischen Spitzenspieler entwickelt hatte, wie man es sich erhofft hatte. Doch Sané riss sich das Kreuzband, der Transfer platzte. Nach Ausbruch der Corona-Krise wurde alles günstiger, 50 Millionen Euro waren es dann wohl, für die der Nationalspieler dann doch noch wechselte.
Sané war mit Pfiffen in die Kabine verabschiedet worden, die Nachricht seiner Auswechslung wurde von Teilen der Fans in der Allianz Arena höhnisch beklatscht. "Die Pfiffe habe ich kurz wahrgenommen", sagte Nagelsmann. "Am Ende finde ich, gehört es sich, dass die eigenen Fans Spieler unterstützen. Das ist mir immer mehr wert und wichtig. Ich glaube, es gibt keinen Spieler auf dieser Welt, der nicht am liebsten eine Topleistung abruft." Sané, ein hochbegabter, in seinen guten Momenten wunderbarer Fußballer, scheitert allerdings weiterhin zu oft an diesem Anspruch. In seiner ersten Saison beim FC Bayern blieb er weit hinter den Erwartungen zurück, bei der für den DFB im Desaster zu Ende gegangenen Europameisterschaft durfte er einmal von Beginn an ran - und zog schon beim 2:2 gegen Ungarn den Zorn zahlreicher Fans auf sich und ließ Experten ratlos zurück.
Rummenigge fühlt sich an Robben erinnert
Der zur neuen Saison aus dem Amt geschiedene ehemalige Vorstandsvorsitzende Karl-Heinz Rummenigge beschwor derweil die Vergangenheit, um auf eine gute Zukunft in der Beziehung zwischen dem FC Bayern und Leroy Sané zu hoffen: Das Fan-Verhalten gegen den zur Pause nach einer schwachen Leistung ausgewechselten Sané habe ihm "nicht gefallen", sagte Rummenigge am Montag bei Bild TV. "Ich habe Mitleid mit ihm", sagte Rummenigge: "Er bemüht sich, hat aber kein Selbstvertrauen. Er hat keine gute EM gespielt. Mit seiner Ablöse und Gehalt kommt die Kritik der Fans langsam hoch..." Rummenigge fühlte sich am Sonntag "im Stadion an das Jahr 2012 erinnert". Der niederländische Nationalspieler Arjen Robben fiel damals bei einem Teil der Fans in Ungnade, nachdem er innerhalb weniger Wochen zwei wichtige Elfmeter vergeben hatte.
Später wurde Robben danach in der Allianz Arena von Bayern-Anhängern ausgepfiffen. Der "todtraurige" Robben sei damals fast so weit gewesen, um seine Freigabe zu bitten, berichtete Rummenigge. Der Verein hielt zu Robben, der ein Jahr später die Münchner in London zum Champions-League-Triumph im Finale gegen Borussia Dortmund schoss. Fortan war der bis 2019 für Bayern spielende Robben ein Liebling der Münchner Fans.
Quelle: ntv.de, ter/dpa