1000 Polizisten und 100.000 Fans Berlin wappnet sich für Fußball-Hochsicherheitswochenende
31.10.2025, 18:13 Uhr
Am 31. Oktober 2019 färbten Dynamo-Anhänger das Olympiastadion in ihren Farben ein. Zumindest den eigenen Bereich.
(Foto: picture alliance / nordphoto)
Hertha BSC und Union Berlin treten kurz nacheinander zu Heimspielen an. Brisant wird das Hauptstadt-Novum durch einen Gäste-Klub. Das Thema Sicherheit rückt in den Fokus. Alle Beteiligten versichern: Wir sind bereit! Doch ist das wirklich so?
Mehr als 1000 Polizisten für die Sicherheit im Einsatz, eine bewusste Deeskalation aus Sorge vor Krawallen von den Klubs: Vor den ersten Parallel-Heimspielen von Hertha BSC und dem 1. FC Union binnen weniger Stunden bereitet sich Berlin auf einen heißen Fußball-Samstag vor. "Wir sind natürlich auch alle gefordert, zu zeigen, dass eine Stadt wie Berlin zwei solche Spiele an einem Tag bewerkstelligen kann, und zwar in einem sehr friedlichen Miteinander", sagte Hertha-Geschäftsführer Peter Görlich.
Knackpunkt der Sorge ist dabei weniger die ohnehin schon große Rivalität der Berliner Teams von Hertha und Union aus West und Ost untereinander. Auch die als friedliebend bekannten Union-Gäste vom SC Freiburg sind kein Panikfaktor. Der Besuch aus Sachsen bei der "Alten Dame" verschärft die Lage. Es sei für die Begegnung "von einem hohen Konfliktpotenzial auszugehen", teilte die Berliner Polizei mit.
Das Hertha-Spiel gegen Dynamo Dresden (13 Uhr/Sky und im Liveticker auf ntv.de) wird für sich alleine schon in die Kategorie "Hochsicherheit" eingeordnet. Beim letzten Duell vor genau sechs Jahren im DFB-Pokal war die Lage enorm angespannt. Jüngste Schmierereien an der Berliner Geschäftsstelle, die dem Dresdner Fanlager angelastet wurden, verschärften die Grundstimmung.
Hertha-Trainer behält sportlichen Fokus
In seiner Siegesrede vor der Ostkurve am Dienstag nach dem 3:0 im DFB-Pokal gegen die SV Elversberg traf Fabian Reese am Dienstagabend den Nerv der Hertha-Fans. Das Spiel gegen Dynamo sei das Wichtigste in der Heimspiel-Trilogie binnen sieben Tagen, rief der Kapitän des Hauptstadtklubs den Anhängern entgegen. In den Jubel mischten sich auch Pfiffe und Buhrufe. Das Reizwort Dynamo reichte für große Emotionen.
Reese, ein intelligenter Kenner aller Fußball-Gefühle, meinte natürlich den sportlichen Aspekt. Mit drei Punkten gegen die Sachsen würden die Berliner wieder näher an das obere Tabellendrittel heranrücken. Auch Trainer Stefan Leitl war es eminent wichtig, den sportlichen Fokus zu behalten.
"Es ist toll, dass dieses Stadion gefüllt ist. Es ist toll, dass es eine gute Stimmung ist, aber wir spielen Fußball und nichts anderes", sagte Leitl. "Das sollte im Vordergrund stehen und alle Beteiligten sollten ihren Teil dazu beitragen, dass das friedlich über die Bühne geht."
Risikofaktor neutrale Blöcke
Auch Hertha-Pressesprecherin Vera Krings warb um Besonnenheit. Es gebe "keinen Anlass für Alarmismus oder Panik". Man sei sehr gut vorbereitet. "Die Zusammenarbeit mit allen involvierten Gewerken läuft hervorragend, sehr konstruktiv, sehr eng, seit Wochen schon", betonte Krings. "Es gibt einen sehr intensiven Austausch und auch die Sicherheitskonzepte und Ablaufkonzepte für so einen Spieltag sind erprobt."
Diese Aussage wurde von der Hertha-Fanhilfe, einer Vereinigung, die Anhängern hilft, die "in Konflikt mit dem Gesetz bzw. der Polizei geraten sind", ausdrücklich gelobt. Warum also die Sorge? Gut 20.000 Fans in Köpenick und knapp 70.000 im Olympiastadion, in dem zur Vorsorge Pufferflächen zwischen Fanblöcken frei bleiben, stellen Berlin auch logistisch vor eine Aufgabe, die im Hauptstadt-Denken eigentlich leistbar sein sollte.
Ein Risikofaktor ist die erwartbare Durchmischung von Heim- und Gästefans im Olympiastadion. 11.000 offizielle Gästetickets gingen nach Dresden, aber wie so oft bei Hertha-Heimspielen holen sich Besucher auf dem freien Markt ihre Karten für andere Blöcke. Die Schätzungen gehen über 25.000 Dynamo-Anhänger hinaus.
Hertha kündigte an, Anhängern in Dynamo-Fankleidung den Zugang zu von Heimfans genutzten Blöcken zu untersagen. "Sobald ihr im Heimbereich seid, packt bitte Eure Fanutensilien weg", hieß es in den Hinweisen an die Fans auf der Dynamo-Homepage.
Union-Fans zuletzt auffällig
Gezielte Provokationen oder gar Verabredungen zu Gewalt könnte es auf der An- und Abreise geben, die die Dresdner durch den Berliner Südosten nicht weit entfernt von der Union-Heimat an der Alten Försterei führen. Dort beginngt das Spiel um 15.30 Uhr (Sky und im Liveticker auf ntv.de) und damit rund 45 Minuten nach dem Abpfiff im Olympiastadion.
Fans der Eisernen gerieten zuletzt mehrfach in Konflikt mit den Sicherheitskräften. Vor dem Heimspiel gegen den Hamburger SV provozierten sie einen Großeinsatz am S-Bahnhof Jannowitzbrücke. Das erwartbare Verkehrschaos mit großen Baustellen auf der A113 und der A100 rund um den Funkturm könnte dann zum geringsten Problem werden.
Der Grund für die Doppelansetzung
Dass Hertha und Union erstmals seit der Zugehörigkeit zu den beiden höchsten Spielklassen an einem Tag zu Hause spielen, hat logistische Gründe. "Bei den Ansetzungen am 9. Spieltag der Bundesliga und am 11. Spieltag der 2. Bundesliga musste unter anderem auf die Feiertagsgesetzgebung in mehreren Bundesländern sowie die Terminierung der DFB-Pokalspiele Rücksicht genommen werden" teilte die Deutsche Fußball Liga (DFL) auf Anfrage mit.
Konkret: Weil an Allerheiligen in Nordrhein-Westfalen nicht gespielt werden darf, blieben für die Samstagslots die Partien der mit religiösen Feiertagen ohnehin nicht gesegneten Berliner übrig. Das Gegenargument der räumlichen Nähe zwischen Olympiastadion und Alter Försterei mit knapp 30 Kilometern Fahrweg verfing nicht. Gerade im Westen sind Parallelpartien von rivalisierenden Nachbar-Klubs üblich.
Hertha-Boss Görlich sieht in dem Doppel-Event auch eine Chance. "Wenn wir tatsächlich dieses Kulturgut Fußball so in den Mittelpunkt stellen und stilprägend sein wollen für ganze europäische Fußballländer, dann feiern wir ein Fußballfest - egal, was da noch passiert oder da noch passiert."
Quelle: ntv.de, Arne Richter und David Langenbein und Jens Marx, dpa