Fußball

Ein wenig Schmiergeld reicht Blatters Nachfolger stehen Schlange

Fifa statt Golf? Franz Beckenbauer. Im Grunde ginge ja auch beides.

Fifa statt Golf? Franz Beckenbauer. Im Grunde ginge ja auch beides.

(Foto: imago/Jacob Schröter)

Traut sich Platini? Was will Zico? Oder übernimmt Beckenbauer? Seit klar ist, dass der Chefposten bei der Fifa demnächst frei wird, darf kräftig spekuliert werden. Die Frage ist: Wer wagt sich aus der Deckung? Die Hürde liegt jedenfalls tief.

Wer soll's machen? Einer der üblichen Verdächtigen? Fest steht: Joseph Blatter, 79 Jahre alt und seit 1998 Präsident des Weltfußballverbandes Fifa, hat angekündigt, dass er zurücktreten will - nur vier Tage nachdem er zum fünften Mal für vier Jahre wiedergewählt worden war. Vieles spricht für einen strategischen Rückzug, der allerdings wirkt wie eine Flucht. Das FBI soll in Sachen Korruption auch gegen Blatter ermitteln. Bestätigt hat das die US-amerikanische Bundespolizei aber noch nicht.

Fest steht aber auch: Wer auch immer ernsthaft erwägt, Blatters Nachfolger zu werden, wird sich kaum schon jetzt aus der Deckung wagen. Schließlich steht noch nicht einmal fest, wann die Wahl stattfinden soll. Blatter hat angekündigt, einen außerordentlichen Kongress einberufen zu wollen - und das nicht vor Dezember, vielleicht auch erst im März kommenden Jahres. Bis dahin bleibt Blatter der Chef. Und die Kandidaten für das wichtigste Amt im Weltsport haben Zeit, sich zu positionieren. Formale Voraussetzung, um sich überhaupt um die Präsidentschaft bewerben zu können, ist, dass mindestens 5 der 209 Mitgliedsverbände der Fifa einen Bewerber unterstützen. Das dürfte keine allzu hohe Hürde sein - ein wenig Schmiergeld, und schon steht man auf der Liste. Bis es so weit ist, hier noch einmal die Liste der Männer, die zurzeit als Blatters Nachfolger infrage kommen:

"Sepp, bitte verlasse die Fifa": Michel Platini.

"Sepp, bitte verlasse die Fifa": Michel Platini.

(Foto: dpa)

Michel Platini. Michel Platini? Hallo? Nicht ernsthaft, oder? Also er würde gerne, das schon. Nur hatte er nicht die Traute, in der vergangenen Woche in Zürich direkt gegen Blatter zu kämpfen. Das Problem hätte der 59 Jahre alte ehemalige Weltklassefußballer nun nicht mehr. Und der Franzose ist immerhin seit acht Jahren Präsident des europäischen Verbandes Uefa, also mit allen Funktionärsabwassern gewaschen. So hatte er Blatter zum Rücktritt aufgefordert: "Sepp, bitte verlasse die Fifa." Und damit gedroht, die europäischen Mannschaften könnten ja im Fall einer Wiederwahl die Weltmeisterschaft boykottieren.

Dann allerdings musste Platini feststellen, dass nicht einmal sein eigener Verband geschlossen hinter ihm steht - und ruderte zurück. Vor zehn Monaten hatte er gesagt: "Es ist noch nicht an der Zeit, etwas anderes zu tun." Traut er sich jetzt? Ein Segen wäre das nicht. Platini, das ist der Mann, der vor fünf Jahre für Katar als Gastgeber der WM 2022 gestimmt hatte. Wenig später erhielt sein Sohn Laurent einen Job bei "Qatar Sports Investment". Noch Fragen?

Franz Beckenbauer. Kleiner Scherz. Das tut er sich nicht an. Eher ist zu erwarten, dass der 69 Jahre alte Kaiser noch zu Lebzeiten als Lichtgestalt des deutschen Fußballs abtritt - zumal er eine Rückkehr zur Fifa, dessen Exekutivkomitee er bis 2011 angehörte, jüngst wieder ausgeschlossen hat. Ansonsten zeigte sich der Ehrenpräsident des FC Bayern - wie plötzlich alle - sehr froh darüber, dass Blatter abtreten will. "Es war eine vernünftige Entscheidung. Der Druck wurde zu groß. Er wäre nie mehr zur Ruhe gekommen, ob er Schuld an den Skandalen trägt oder nicht. Das Problem der Fifa liegt in seinem System", sagte er der "Bild"-Zeitung. Beckenbauer, das ist der Mann, über den Blatter nach seiner Wiederwahl der Schweizer Boulevardzeitung "Sonntagsblick" erzählt hatte, dass er mit ihm telefoniert habe. "Er sagte mir, er jedenfalls habe den deutschen Verbandspräsidenten zusammengefaltet, weil der gegen mich stimmte." Davon wollte der Kaiser allerdings nichts wissen. "Ich habe mit Wolfgang Niersbach freundschaftlich diskutiert. Von Zusammenfalten kann überhaupt keine Rede sein. Es steht mir auch nicht zu, einen DFB-Präsidenten zusammenzufalten."

"Ich kenne jetzt auch keine Hintergründe aus der Aktualität": Wolfgang Niersbach.

"Ich kenne jetzt auch keine Hintergründe aus der Aktualität": Wolfgang Niersbach.

(Foto: dpa)

Wolfgang Niersbach. Der Fan im Diplomatengewand und ehemalige Journalist steht dem DFB, dem größten Sportfachverband der Welt, seit März 2012 vor. Seit drei Jahren sitzt der 64-Jährige im Exekutivkomitee der Uefa - und seit vergangener Woche auch in dem der Fifa. Und natürlich lässt sich so einer nicht zusammenfalten. Jedenfalls ließ Niersbach über DFB-Pressesprecher Ralf Köttker mitteilen: "Keine Ahnung, wie Blatter auf so was kommt. Im Übrigen war es ein Beschluss des gesamten DFB-Präsidiums, für den Wechsel an der Fifa-Spitze zu stimmen." Ansonsten weiß er von nichts, zumindest nicht, warum Blatter sich zurückzieht. "Die Entscheidung am heutigen Tag hat mich total überrascht. Ich kenne jetzt auch keine Hintergründe aus der Aktualität, aber die Entscheidung ist absolut richtig. Man könnte auch sagen, sie war irgendwie überfällig." Was das für seine eigenen Ambitionen heißt, bleibt offen. Aber: "Ich stehe auch dazu, dass im Laufe der Zeit Herr Blatter auch viele gute Dinge gemacht hat. Gerade in der Entwicklung des Fußballs auf anderen Kontinenten. Aber das ist in jüngerer Vergangenheit eben überschattet worden von diesen vielen - vornehm ausgedrückt - Ungereimtheiten."

Domenico Scala. Der Italiener, 50 Jahre alt und im schweizerischen Basel geboren, ist seit 2012 Chef der Compliance Kommission, also der Abteilung, die auf sauberes Geschäftsgebaren der Fifa achten soll. Die Kommission sorgt für die Vollständigkeit und Verlässlichkeit der Bücher und überprüft im Auftrag des Fifa-Exekutivkomitees - der Regierung des Verbandes - die Berichte der externen Buchprüfer. Blatter hat ihn nun mit der Leitung eines "signifikanten" Reformprogramms beauftragt. Scala führt also ab sofort die Geschäfte. Er soll auch die Wahl bei besagtem außerordentlichen Kongress leiten. Was natürlich selbst bei der Fifa nicht ginge, würde er selbst antreten. Oder?

"Werde weiter zur Verfügung stehen, sobald nachgewiesen ist, dass die Fifa keine Diktatur ist": Luis Figo.

"Werde weiter zur Verfügung stehen, sobald nachgewiesen ist, dass die Fifa keine Diktatur ist": Luis Figo.

(Foto: dpa)

Luis Figo. Wäre der mit Abstand schönste Präsident in der Geschichte der Fifa. Der 42 Jahre alte Portugiese, der 2009 seine Karriere als schwermütigster Fußballer des Kontinents beendete, wollte sich bereits bei der jüngsten Wahl am vergangenen Freitag zur Wahl stellen, zog sich dann aber zurück und kündigte an: "Ich werde weiter zur Verfügung stehen, sobald nachgewiesen ist, dass die Fifa keine Diktatur ist." Das Problem dürfte sein, dass der Wandel auch nach Blatters Rücktritt nicht blitzartig eintritt. Zunächst einmal freut er sich, dass Blatter sich zurückzieht. "Es ist ein guter Tag für die Fifa und für den Fußball." Sein Vorschlag: "Wir sollten verantwortlich und ruhig eine gemeinsame weltweite Lösung finden, um eine neue Ära mit Dynamik, Transparenz und Demokratie in der Fifa zu starten." Mit ihm an der Spitze? Dazu sagt er nichts. Wäre ja auch ein bisschen früh. Sonst noch jemand?

Ahmad Al-Fahad Al-Sabah. Der Scheich aus Kuwait, 51 Jahre alt, ist einer, der im Weltsport die Strippen zieht. So half er 2013 dem Deutschen Thomas Bach, den Posten als Chef des Internationalen Olympischen Komitees zu ergattern. Ahmad ist Präsident der Weltvereinigung aller Nationaler Olympiakomitees und des Olympic Council of Asia. Ihm stehen, so scheint es, in den kommenden Jahren die höchsten Ämter offen: Er könnte, wenn er wollte, spätestens 2025 Präsident des IOC werden. Oder er schnappt sich die Fifa. Dort hätte er jedenfalls größere Chancen als Ali Bin Al Hussein. Der 39 Jahre alte Prinz aus Jordanien war bei der Wahl am Freitag Blatters einziger Gegner. Er unterlag mit 73:113 Stimmen, allen Skandalen und Verhaftungen zum Trotz. Er war der Kandidat Europas - auch, weil Platini sich nicht traute. Ob Ali Bin Al Hussein es noch einmal versucht? Vielleicht. Chancen aber hätte er kaum.

Was ist mit Michael van Praag? Er war wie Figo kurz vor der Wahl von seiner Kandidatur zurückgetreten. Der 67 Jahre alte Niederländer ist einer, der das Fifa-System gerne und offen kritisiert. Mit dem Dasein als Funktionär kennt er sich auch aus, seit 2008 leitet er den Fußballverband seines Landes, zudem gehört er der Exekutive der Uefa an. Dennoch gilt es als wahrscheinlich, dass er nicht selbst antritt, sondern einen anderen Kandidaten aus Europa unterstützt. Platini etwa? Oder gar Jérôme Champagne? Der 56 Jahre alte Franzose hatte der Fußball-Welt monatelang ein durchaus durchdachtes Wahl- und Reformprogramm präsentiert. Scheiterte dann aber an den nötigen fünf Unterstützern. Was ja eigentlich für ihn spricht. Wagt er nun einen neuen Anlauf? "Es ist zu früh, das zu entscheiden, ich schließe nichts aus." Die Unterstützung der Anti-Korruptions-Organisation Transparency International (TI) jedenfalls hat er. "Er ist ein kluger Kopf und wäre sicher ein guter Kandidat. Er hat gute Ideen und vor allem auch Konzepte für neue Strukturen. Er kommt aus dem Fußball und ist dort und auch politisch bestens vernetzt", sagte Sylvia Schenk, die die Arbeitsgruppe Sport von TI leitet.

Und was ist mit David Gill? Der 57 Jahre alte Engländer, eins Chef von Manchester United, hatte nach dem Korruptionsskandal mit sieben Festnahmen von Fußball-Funktionären in Zürich und 14 angeklagten Personen seinen Rückzug aus dem Exko erklärt. Er war einer der wenigen, die klar Stellung gegen Blatter bezogen. Beenden wir unsere Spekulationen mit Zico. 62 Jahre alt ist die brasilianische Fußballlegende mittlerweile. Und ließ nun via Facebook mitteilen: Warum nicht?

Quelle: ntv.de

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