Fußball

"Da spricht gebrochener Stolz" Bobic kritisiert Özil - und baut auf Löw

Mesut Özil wird nach seinem Rücktritt auch von Frankfurts Sportvorstand Fredi Bobic kritisiert.

Mesut Özil wird nach seinem Rücktritt auch von Frankfurts Sportvorstand Fredi Bobic kritisiert.

(Foto: REUTERS)

Frankfurts Sportvorstand Fredi Bobic kritisiert den zurückgetretenen Nationalspieler Mesut Özil mit klaren Worten. Er sieht Özil auch als Spielball einer gesellschaftlichen Debatte - und in der von Rassismusvorwürfen begleiteten Affäre Bundestrainer Löw gefordert.

In der Debatte um den DFB-Rücktritt von Mesut Özil hat Eintracht Frankfurts Sportvorstand Fredi Bobic deutliche Kritik an der Art und Weise von Özils Abgang, aber auch am Deutschen Fußball-Bund geübt. "Er hätte irgendwo ein Interview geben können, live im TV", sagte Bobic der "Bild am Sonntag". Stattdessen habe es Özil "vorgezogen, über seine sozialen Netzwerke eine schriftliche Erklärung abzugeben - in englischer Sprache. Auch das hätte ich als deutscher Nationalspieler nicht gemacht. Meiner Meinung nach ist er da sehr schlecht beraten gewesen." Er glaube nicht, dass Özil "das alleine gemacht hat, dafür waren seine Statements zu umfangreich".

"Ich finde die Art seines Rücktritts ehrlich gesagt ein bisschen feige", sagte Bobic. Mit den schweren öffentlichen Vorwürfen gegen die DFB-Spitze und insbesondere gegen Präsident Reinhard Grindel habe sich der 29-Jährige "wahrlich nicht als Teamplayer erwiesen". Bundestrainer Joachim Löw, der lange Jahre auf Özil baute, soll vorher nicht informiert worden sein. Er hat sich bislang nicht öffentlich zu Özils Rücktritt geäußert, arbeitet seinem Berater Harun Arslan zufolge aber derzeit "hart" an einer Analyse und einer Stellungnahme.

Den in Özils dreiteiligen Statement geäußerten Rassismus-Vorwurf wies der im heutigen Slowenien geborene Bobic als "unerträglich" zurück: "Dieser Pauschalvorwurf des Rassismus entspricht einfach nicht der Realität. Dieser Vorwurf hat mich erschrocken, weil er natürlich sofort von gewissen politischen Gruppierungen ausgenutzt wurde."

Mit Blick auf Özils Eindruck, "er würde allein für die schwache WM verantwortlich gemacht", sagte Bobic: "Ich möchte ihn hier auch ein wenig in Schutz nehmen, weil ich den Kerl eigentlich mag. Ich glaube, da spricht sein gebrochener Stolz nach einer WM, die wahrlich nicht gut gelaufen ist." Er habe aber nirgends gelesen, "dass Özil allein daran schuld ist, dass Deutschland ausgeschieden ist. Da werden Sachen vermischt". Allerdings: Auf das umstrittene Interview von DFB-Teammanager Oliver Bierhoff ging Bobic nicht ein.

"Jogi Löw ist Vielfalt sehr wichtig"

Allerdings sieht Bobic auch große Versäumnisse beim Deutschen Fußball-Bund im Umgang mit Özils Foto mit dem türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan vor der WM, das ausgelöst hatte. Präsident Grindel "hätte sich bei Özil anders verhalten müssen, hätte intern klare Fakten fordern und extern eine klare Linie vertreten müssen", sagte der 46-Jährige: "Damit hätte er auch sein Profil schärfen können. Diese Chance hat er verpasst."

Laut Bobic sei es nun an Löw, ein Statement abzugeben: "Ich glaube schon, dass auch der Bundestrainer zu gegebener Zeit klar sprechen muss. Sein Wort hat Gewicht. Er ist gefordert, Stellung zu beziehen. Jogi Löw ist Vielfalt sehr wichtig. Bei ihm gibt es keine Grenzen im Kopf, sondern nur Zusammenhalt." In zwei schriftlichen Erklärungen hatten bislang nur der DFB und Grindel die Rassismusvorwürfe zurückgewiesen, aber auch Fehler eingestanden.

Kritik ausüben - und einstecken

Aber auch Özil müsse nun "in sich gehen und überlegen, ob das alles wirklich in seinem Sinne ist, was er losgetreten hat", sagte Bobic. Dabei sieht er Özil auch als Spielball der gesellschaftlichen Debatte in Deutschland und der Türkei: "Klar, er kann sich jetzt in der Türkei abfeiern lassen. Aber das ist ein Trugschluss. Weil er im Endeffekt nur benutzt wurde, um zu spalten - vor allem hier in Deutschland." Das finde er "vor allem den Türken gegenüber, die hier leben, einfach unfair". Natürlich dürfe Özil "Kritik ausüben, aber er muss auch Kritik einstecken können".

Das umstrittene Foto mit Erdogan sei ein Fehler gewesen. "So etwas würde ich einem Spieler zugestehen, der 18 oder 19 Jahre alt ist. Aber ein Spieler, der schon so lange im Geschäft ist, 29 Jahre alt und Weltmeister, muss wissen, was das für Auswirkungen hat", sagte Bobic: "Wenn er das nicht weiß, dann ist er entweder total naiv - das kann ich mir bei ihm nicht vorstellen - oder es ist berechnend und er wollte provozieren. Oder aber er ist fremdgesteuert. Ich verstehe natürlich die zwei Herzen, die in der Brust schlagen, aber trotzdem musst du wissen, dass du eine große Verantwortung hast."

Quelle: ntv.de, cwo/sid/dpa

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