Fußball

Die Lehren des 33. Spieltags Der qualvoll langsame Tod des SV Werder

Werder ist so gut wie abgestiegen und könnte sich nur noch mit einem Wunder retten.

Werder ist so gut wie abgestiegen und könnte sich nur noch mit einem Wunder retten.

(Foto: Eibner-Pressefoto / Neis)

Werder Bremen ist noch immer nicht abgestiegen - unglaublich eigentlich. Jetzt muss ein "Wunder von der Weser" her, das es aber nicht geben wird. Der BVB ist unzufrieden, aber holt tatsächlich das Maximale aus der Saison heraus. Schalke ist komplett am Boden, Leverkusen sucht ein Hintertürchen.

Der qualvoll langsame Tod des SV Werder

Dieses Spiel war ein Sinnbild für die Saison von Werder Bremen. Couragiert und mit einigen nett anzusehenden und durchaus gefährlichen Spielzügen legten die Bremer los, pressten und übten Druck auf die Mainzer Hintermannschaft aus. Allein, die Angriffsbemühungen verpufften entweder in zu harmlosen Abschlüssen - oder 05-Torwart Florian Müller parierte hervorragend. Und so war Werder gegen Mainz vorne wieder - wie über die ganze Spielzeit - bemüht, aber zu brav, zu unschuldig, zu schlecht für die Bundesliga. Auf der anderen Seite war es natürlich, wie soll es auch anders sein, zum unzähligsten Mal hoch zehn ein Freistoß (mal wieder unnötig verursacht, diesmal von Leonardo Bittencourt), der zum Gegentor führte. Mainz hatte vorher in keinem Heimspiel seit dem Restart getroffen. Karim Onisiwo durfte diesmal aber völlig frei (wiederum eine Bremer Krankheit der Saison) zur Kopfballbogenlampe ansetzen, die zu heilloser Verwirrung im Werder-Strafraum und zum 1:0 führte. Beim 2:0 und 3:1 verteidigte die Bremer Mannschaft erneut viel zu behäbig und naiv, besonders für ein Spiel, in dem es "um alles geht", wie Trainer Florian Kohfeldt vorher gesagt hatte.

Auf diese Art und Weise stirbt Werder die ganze Saison schon einen qualvollen, langsamen Tod auf dem Weg gen Zweite Liga. Offensive Harmlosigkeit und defensive Aussetzer kann der Verein mit der längsten Bundesligazugehörigkeit dieses Jahr einfach nicht abstellen. Ein einziges Tor gelang den Werderanern in den beiden Duellen gegen Mainz, das die drittschlechteste Abwehr der Liga besitzt. Ganze acht Gegentreffer fingen sie sich in den Partien gegen den ohne diese Treffer zweitschlechtesten Angriff aller 18 Klubs. Manch ein Bremen-Fan wird vielleicht insgeheim gehofft haben, dass Düsseldorf gegen Augsburg doch noch ein spätes Siegtor schießt. Aber die Fortuna gewann nicht - und so zappelt Werder noch ein wenig an der Leine, obwohl es den Widerhaken schon lange tief sitzen hat. Am kommenden Samstag ist der erste Abstieg seit 40 Jahren aus eigener Kraft nicht mehr aufzuhalten, Bremens qualvolle Saison wird ein Ende finden - und der Neuanfang ein Stockwerk tiefer beginnen.

Mehr als Vize-Meister und Torrekord geht derzeit nicht

Borussia Dortmund kann also doch noch Fußball spielen. Nach dem pomadigen 0:2 gegen Mainz am vorherigen Spieltag zeigten die Schwarz-Gelben gegen RB Leipzig, dass Platz zwei in der Tabelle für sie doch Gewicht hat - und man die Vorherrscherschaft der Bayern-Verfolger nicht so einfach abschenken wird. Dass der BVB dafür aber Erling Haaland unbedingt halten muss, zeigte diese Partie erneut. Nach mehreren missglückten Abschlüssen gab der Norweger nicht auf, sondern doppelpackte sein Team letztendlich noch zum verdienten Sieg. Es waren die Tore 12 und 13 in Haalands vierzehntem Liga-Spiel. Genau einen Monat vor seinem zwanzigsten Geburtstag. Sollte er diesen Sommer doch noch zu Real Madrid oder nach England wechseln, würde der BVB die von ihm hinterlassene Lücke nicht so einfach schließen können.

Dortmund erklärte vor der Saison, dieses Jahr Titel gewinnen zu wollen. Nun ist es nur die Vize-Meisterschaft geworden. "Ich bin nicht froh über die Vize-Meisterschaft. Ich will Meister werden", betonte Haaland zwar. Aber vielleicht ist es auch Zeit anzuerkennen, dass dies eben in der Bundesliga der einzig realistische Titel ist, um den die 17 Vereine hinter den Münchnern kämpfen. Auch einen vereinseigenen Torrekord von 84 Treffern in der Saison stellten die Schwarz-Gelben auf, vor allem dank Haaland und Jadon Sancho. Aber natürlich hat der FC Bayern dieses Jahr noch zwölf Tore mehr geschossen - und liegt auch in der ewigen Liga-Bestenliste mit 101 Treffern auf Platz eins weit vor dem BVB.

Europa League: Weghorst muss "Geld verdienen"

"Wir können nicht hergehen und sagen, ja gut, dann spielen wir halt jetzt ein bisschen schlechter. Natürlich ist auch hier die Konkurrenz gefordert, das Beste aus ihren Mitteln zu machen", sagte Bayern-Vorstand Oliver Kahn am Samstagabend im ZDF-Sportstudio über die oben beschriebene, wenig spannende Vormachtstellung der Münchner. Diese ließen gegen Freiburg nicht den Hauch eines Gedanken an Wettbewerbsverzerrung aufkommen und beerdigten trotz bereits eingetütetem Meistertitel die Europapokal-Träume der Breisgauer. Robert Lewandowski wird zwar den 40-Tore-Meilenstein von Gerd Müller nicht mehr knacken, mit seinen 33 Treffern ist er nun aber der erste ausländische Spieler, der diese Marke erreichte.

Für die Europa League qualifizierten sich dafür der VfL Wolfsburg und die TSG Hoffenheim. Wölfe-Doppelpacker Wout Weghorst bejubelte seine Treffer passenderweise, indem er sich die Fingerspitzen aneinander rieb. Dabei ging es aber, wie er später erklärte, gar nicht um die üppigen Millionen, mit denen sein Klub nun planen darf. Vielmehr sei der Jubel an seine zweijährige Tochter gerichtet gewesen, die immer traurig zurückbleiben müsse, wenn er das Haus verlasse. "Papa muss Geld verdienen", sagte der Niederländer schmunzelnd.

Schalke gibt sich auf

Was Weghorsts Tochter gefreut haben dürfte, stürzte Schalke 04 immer tiefer in die Krise: Vier Wolfsburg-Tore fing sich der Revierklub im letzten Heimspiel der Saison, seit nun mehr 15 Spielen (schon seit Wochen Vereinsrekord) hat er nicht mehr gewonnen. Dabei waren die Wölfe seit elf Jahren sieglos auf Schalke. Aber das Team von David Wagner ist in der Bundesliga-Rückrunde das zweitschlechteste der Liga mit gerade einmal neun Punkten. Nach der Hinrunde stand Schalke noch auf Platz fünf und klopfte bei den Champions-League-Rängen an. Nach einer frustrierenden Saison 2018/19 (Platz 14) schien der S04 mit Wagner endlich den richten Trainer gefunden zu haben, einen Spielleiter, der attraktiv und erfolgreich spielen ließ.

Jetzt steht der Coach vor einem Scherbenhaufen, will aber aller Voraussicht nach auch im nächsten Jahr die jungen Schalker trainieren, die in der Rückrunde unter großem Verletzungspech litten. Doch der Negativstrudel kann allein mit den Ausfällen nicht erklärt werden, denn abermals gab der S04 sich gegen Wolfsburg völlig auf. Kapitän Daniel Caligiuri mahnte nach der einfallslosen und wenig kämpferischen Niederlage: "Die Köpfe spielen eine große Rolle. Wir dürfen zukünftig nicht so negativ denken, im Moment fällt es uns als Mannschaft aber sehr schwer." Der Mannschaft hilft es sicherlich auch nicht, dass Vereinsboss Clemens Tönnies von einem Skandal (rassistische Aussagen) zum nächsten (Corona-Ausbruch im Fleisch-Imperium) schlittert. Wagner kann das Saisonende und den abermaligen Neuanfang wahrscheinlich kaum erwarten. Dann hat schließlich auch die Negativ-Serie (erstmal) ein Ende.

Bayer braucht CL-Hintertürchen

Wenn du nicht willst, dann mach ich's eben: So in etwa werden die Mönchengladbacher gedacht haben, nachdem Bayer Leverkusen abermals Punkte im Kampf um die Champions League liegen gelassen hatte. Mit nur zwei Siegen aus den vergangenen sechs Partien kann die Elf von Peter Bosz die Königsklasse nun nicht mehr aus eigener Kraft erreichen. Während die Borussia standesgemäß in Paderborn gewann und Platz vier zurückeroberte, kam die Werkself in Berlin gegen defensiv starke Herthaner unter die Räder. Selbst ein Unentschieden reicht Gladbach nun zur Qualifikation für die vielen Champions-League-Millionen.

Ein herber Dämpfer für Leverkusen, das im kommenden Jahr nun wohl nicht nur ohne die Königsklasse planen muss, sondern auch ohne zwei Leistungsträger. Megatalent Kai Havertz wird immer konkreter mit Real Madrid in Verbindung gebracht und nun soll Leon Bailey bei Mancherster City Leroy Sané ersetzen, nachdem dieser erklärt hatte, seinen Vertrag nicht zu verlängern. Immerhin, ein Hintertürchen steht der Werkself noch offen: Gewinnt sie das Europa-League-Turnier in NRW, ist sie doch noch für die Champions League qualifiziert. Und als Wermutstropfen haben Bosz und Co. im DFB-Pokalfinale die Chance, endlich den Vizekusen-Titel abzulegen und der Saison doch noch ein rühmliches Ende zu verschaffen.

Quelle: ntv.de

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