Fußball

Über Düsseldorf zum Titel? Dodi Lukebakio hat den FC Bayern verändert

Mit seinen drei Toren zum 3:3 der Düsseldorfer in München hat Dodi Lukebakio beim FC Bayern für heftige Veränderungen gesorgt.

Mit seinen drei Toren zum 3:3 der Düsseldorfer in München hat Dodi Lukebakio beim FC Bayern für heftige Veränderungen gesorgt.

(Foto: picture alliance/dpa)

Nach dem Hinrundenspiel gegen Fortuna Düsseldorf stürzt der FC Bayern ins sportliche Chaos. Präsident Uli Hoeneß verweigert Coach Niko Kovac gar seine "Bis-aufs-Blut-Verteidigung". Was seither in München passiert ist, ist durchaus bemerkenswert.

Womöglich wird Dodi Lukebakio am späten Sonntagnachmittag zum Mann, der Franz Brungs als den Mann ablöst, der in einer Saison der Fußball-Bundesliga die meisten Tore gegen den FC Bayern geschossen hat. Nach seinen drei Treffern zum verrückten 3:3 am 12. Spieltag in der Münchener Arena bräuchte Lukebakio nun im Heimspiel seiner Düsseldorfer Fortuna gegen den Tabellenführer drei weitere Treffer um mit Brungs gleich-, und noch einen weiteren (den dann vierten) um vorbeizuziehen. Sechs Tore, allein fünf beim legendären 7:3 am 2. Dezember 1967, hatte Brungs als Stürmer des 1. FC Nürnberg in der Saison 1967/68 gegen den FC Bayern erzielt. Es war die bislang letzte Saison, in der der "Club" Deutscher Meister werden konnte. Die Münchener kamen auf Platz fünf ein, Düsseldorf wurde Sechster - in der Regionalliga (West) allerdings, der damals noch zweithöchsten deutschen Spielklasse.

Die von Max Merkel trainierten Nürnberger, so schrieb der "Kicker" damals, zeigten gegen den FC Bayern modernen Fußball in Vollendung. "Die Mannen um Strehl (Anmerk. d. Red.: Heinz) und Wenauer (Anmerk. d. Red.: Ferdinand) waren pausenlos in Bewegung. Da gab es kein Spiel aus dem Stand. Blitzschnell wurden die Positionen gewechselt. Die Verteidiger Leupold (Anmerk. d. Red.: Horst) und Popp (Anmerk. d. Red.: Fritz) waren oft gefährliche Stürmer. Ein Mittelfeldmann wie Starek (Anmerk. d. Red.: August) half in der Abwehr aus und tankte sich dann Sekunden später schon wieder an vier, fünf Münchenern vorbei nach vorn." Über von Friedhelm Funkel trainierte Mannschaften hat man so etwas eher selten gelesen. Auch nicht nach dem Remis seiner Düsseldorfer Ende November in München. Bewundert wurde bloß die planvolle Einfachheit, mit der sich eine Mannschaft wie der FC Bayern und Nationalspieler wie Niklas Süle und Jérôme Boateng überrumpeln ließ. Lange Bälle auf Lukebakio, schnelle Konter über Lukebakio, einfache Tore durch Lukebakio.

"Ich hatte damals das Gefühl, es ist alles desaströs"

Es war ein Spiel(er), das (der) den FC Bayern veränderte. Es war ein Spiel, das den FC Bayern entsetzte. Allen voran Präsident Uli Hoeneß. Im Gespräch mit dem "Kicker" hatte er Anfang dieser Woche gesagt: "Ich hatte damals das Gefühl, es ist alles desaströs und es funktioniert gar nichts." Der Rückstand auf Tabellenführer Borussia Dortmund - gegen den es eine Woche zuvor am 11. Spieltag eine furiose, aber positiv bewertete 2:3-Niederlage gegeben hatte - war nach der dreifachen Lukebakio-Watsch'n auf erstaunliche neun Punkte angewachsen.

Der über sechs Jahre perfekt funktionierende Fußball-Algorithmus "eine Saison hat 3060 Minuten und am Ende gewinnt immer der FC Bayern" drohte krachend zusammenzubrechen. Und mit ihr eine nur sehr kurze Amtszeit von Trainer Niko Kovac, den die Bayern-Chefetage entgegen vieler Gerüchte um Thomas Tuchel und Julian Nagelsmann zum Wunsch-Nachfolger des zurückgerentnerten Jupp Heynckes ernannt hatten. Erstmals rückte Hoeneß an diesem Abend nämlich von einer "Bis-aufs-Blut-Verteidigung" für Kovac ab.

Zwei Tage habe man beim FC Bayern nicht gewusst, wie es weitergehen soll. "Es war gut, dass wir erst am Dienstag nach dem Düsseldorf-Spiel wieder miteinander geredet haben", erzählte der Bayern-Präsident bereits Ende Februar im Sport-1-Doppelpass über die Herbstkrise. Es ist eine Krise, über die sie immer noch erstaunlich viel reden. "Damals gab es unzufriedene Spieler, auch gegen den Trainer. Wir haben aber nicht den Trainer angepackt, sondern die Spieler", sagte Hoeneß. "Die mussten kapieren, dass sie für den FC Bayern spielen, nicht für Kovac oder sich."

Aber auch der Trainer durfte sich damals einiges anhören von den Kluboberen. So jedenfalls hat es Karl-Heinz Rummenigge ebenfalls in Post-Krisen-Plauderlaune am vergangenen Sonntag erzählt. Kovac habe sich mit übertriebener Rotation "selbst ein Bein gestellt". Die Dinge seien "in die falsche Richtung gelaufen. Du kannst ein bisschen rotieren, dann gibt es keine Unruhe. Aber wenn du fünf, sechs Spieler rotierst, ist das ganze Gebilde nicht mehr tragfähig. Das hat ein Problem kreiert", kritisierte er die "leistungsunabhängige" Rotation. Man habe das mit einem Gespräch korrigiert. Eine "Jobgarantie" verweigerte er seinem Trainer aber selbst viereinhalb Monate nach Ende der (Ergebnis)-Krise und dem 5:0-Kantersieg über Borussia Dortmund. Und das ist durchaus sehr bemerkenswert. Und wird nur dadurch noch bemerkenswerter, dass Hoeneß Kovac nur einen Tag nach dem Rummenigge-Referat starkredete.

Die Kritik an Kovac will nicht verstummen

Tatsächlich haben die Korrekturen des Herbstes - Kovac nennt das heute eine Zäsur - den Erfolg in der Liga zurückgebracht: 14 der vergangenen 16 Spiele wurden gewonnen - zunächst wackelig, zuletzt spektakulär. Bei Bayer Leverkusen gab's die seither einzige Niederlage (1:3, am 20. Spieltag), beim SC Freiburg das seither einzige Remis (1:1, am 27. Spieltag). Und über das wuchtige 5:0 gegen den verängstigten BVB haben die Münchener die Machtverhältnisse in der Bundesliga ganz nach ihrem Geschmack korrigiert - inklusive Rückkehr an die Tabellenspitze. Aber richtig ausgeheilt sind die Wunden aus dem Herbst in München nicht. Wieder und wieder gibt's Kritik - intern wie extern - an der Spielweise und den taktischen Ideen von Kovac, die Kovac - intern wie extern - wieder und wieder mahnend zu zerreden versucht. Zu defensiv und offensiv ohne guten Plan lauten die Hauptvorwürfe. Immer wieder kratzen einzelne Spiele die Narben blutig. Das Achtelfinal-Rückspiel in der Champions League gegen den FC Liverpool etwa oder auch das irrwitzig nachlässige Pokal-Viertelfinale gegen den 1. FC Heidenheim. Es sind Spiele, die Zweifel an der Kompatibilität von Kovac und FC Bayern nähren.

Dass diese nun auch nach dem Statement-Sieg gegen Dortmund nicht getilgt sind, macht das Spiel gegen die Fortuna an diesem 29. Spieltag zur eigentlichen Reifeprüfung für Kovac und seine zu oft in dieser Saison fahrigen Münchener. Gegen Düsseldorf geht's wieder um seinen Job. Womöglich nicht kurzfristig, aber ganz sicher über diese Spielzeit hinaus. Lukebakio übrigens hat ganz andere Sorgen: ihm droht gegen den FC Bayern ein Platz auf der Bank.

Quelle: ntv.de

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