Guardiola darf länger bleiben FC Bayern quält sich in seine finalen Wochen
20.04.2016, 08:00 Uhr
Feiern den Einzug ins Finale: Bayern-Spieler
(Foto: picture alliance / dpa)
Es ist nicht so, dass sie verlieren - immerhin erreicht der FC Bayern gegen Bremen das Finale des DFB-Pokals. Aber die spielerische Finesse geht den Eleven Josep Guardiolas ab. Der Trainer bedankt sich dennoch.
Wer den FC Bayern in diesen Tagen, fast Wochen, Fußball spielen sieht, der fragt sich fast unweigerlich: Kann es die Mannschaft nicht besser? Oder will sie es nicht? Muss sie sich wirklich so mühen oder schont sie sich für die nächste Aufgabe? Denn an wichtigen Terminen mangelt es den Münchnern in diesen Wochen fürwahr nicht. Dabei ist es ja nicht so, dass sie ihre Partien nicht gewinnen würden. An gestrigen Dienstagabend zum Beispiel haben sie im Halbfinale des DFB- Pokals vor 75.000 Zuschauern im ausverkauften Stadion draußen in Fröttmaning nach zwei Toren von Thomas Müller Werder Bremen mit 2:0 (1:0) besiegt und somit das Endspiel am 21. Mai im Berliner Olympiastadion erreicht. Nicht leicht und auch nicht locker, aber letztlich souverän, zumindest routiniert. Damit haben die der Hertha und der Dortmunder Borussia etwas voraus, die an diesem Mittwoch (ab 20:30 Uhr im Liveticker bei n-tv.de) den zweiten Finalisten ermitteln.
Tore: 1:0 Müller (30.), 2:0 Müller (71., Foulefmeter)
München: Neuer - Lahm, Martinez, Alaba, Bernat (58. Benatia) - Alonso - Coman (67. Vidal), Thomas Müller, Götze (60. Thiago), Ribéry - Lewandowski
Bremen: Wiedwald - Gebre Selassie, Vestergaard, Djilobodji, Sternberg - Fritz (83. Kleinheisler), Grillitsch - Yatabare (74. Öztunali), Junuzovic, Bartels - Pizarro (73. Ujah)
Schiedsrichter: Tobias Stieler
Zuschauer: 75.000 (ausverkauft)
Dennoch: Die spielerische Finesse geht den Bayern derzeit etwas ab. Deswegen ahnte Kapitän Philipp Lahm nach dem Sieg gegen wackere Bremer auch schon: "So ganz zufrieden wird unser Trainer nicht sein." Josep Guardiola aber mochte, anders als beim müden und im Vergleich zum Sieg gegen Werder noch druckloseren 3:0 gegen den FC Schalke 04, seine Eleven nicht tadeln - zumindest nicht öffentlich. "Natürlich sind wir besser als letzte Saison, jetzt sind wir im Finale." Im vergangenen Jahr waren die Münchner in der Vorschlussrunde im eigenen Stadion nach einem - zumindest für Außenstehende und alle Fans des BVB - grandiosen Slapstick-Elfmeterschießen an der Dortmunder Borussia gescheitert. Und Guardiola bedankte sich bei seinen Spielern, glücklich sei er, dass sie "mir eine Woche mehr an Zusammenarbeit gegeben haben".
Darf’s noch eine Woche mehr sein?
Will meinen: Die Saison in der Bundesliga endet mit dem 34. Spieltag am Samstag, den 14. Mai. Gegen den designierten Absteiger Hannover 96 gibt Guardiola nach drei Jahren seine Abschiedsvorstellung in München und zieht weiter auf die britische Insel zu Manchester City. Bis dahin sollte die Sache mit der Meisterschaft in Sack und Tüten sein. Bei sieben Punkten Vorsprung könnte es sogar bereits am kommenden Samstag mit dem vierten Titel in Folge klappen - vorausgesetzt, die Bayern gewinnen bei der Berliner Hertha und die Dortmunder verlieren beim VfB Stuttgart. Wie auch immer es kommt, Guardiola betreut die Mannschaft natürlich bis zum Pokalfinale, das eine Woche nach dem Saisonfinale in der Liga stattfindet.
Da drängt sich wieder eine Frage auf: "Wollen sie nicht noch eine Woche länger bleiben?" Schließlich steht am 28. Mai im Mailänder Stadio Giuseppe Meazza das Endspiel der Champions League an. "Es wird schwer, aber wir sind da", sprach Guardiola - wohl wissend, dass die beiden Halbfinalspiele gegen Atlético kein Vergnügen werden. Das Hinspiel in Madrid ist für den kommenden Mittwoch (ab 20:45 Uhr im Liveticker bei n-tv.de) angesetzt, im Rückspiel eine knappe Woche drauf, also am Dienstag, den 3. Mai, geht es dann um alles. Was zurück zur Ausgangsfrage führt: Dosieren die Bayern ihre Kräfte - oder müssen sie sich selbst gegen Werder Bremen quälen? Wobei das nicht despektierlich gemeint ist, die Gäste ergaben sich - anders als beim 0:5 in der Liga am 26. Spieltag - keineswegs kampflos.
Neuers berüchtigte Ausflüge in fremde Gewässer
Im Gegenteil, sie spielten auch nach dem Rückstand keineswegs ängstlich, sondern weiter mutig nach vorne - angefeuert von 8000 Bremer Fans, die die Feste eben feiern, wie sie fallen und mächtig Rabatz machten. Aber das Spiel der Münchner war nicht frei von Fehlern, es traten Unzulänglichkeiten zu Tage, die der Beobachter sonst nicht von ihnen kennt. Und die Spieler von sich selbst wohl auch nicht. Mal passte besagter Alonso den Ball ins Nichts, mal umspielte Franck Ribéry sich selbst. "Das war ein hartes Stück Arbeit. Unsere Fehlerquote war zu hoch, damit können wir nicht zufrieden sein", konstatierte der zweifache Torschütze Müller.
Und Manuel Neuer sorgte bei einem seiner berühmten und auch berüchtigten Ausflüge - das wird ein Spaß bei der EM - in fremde Gewässer fünf Minuten vor der Pause für einen Moment des Schreckens, bevor er in sein Tor eilte und seinen Patzer selbst ausbügelte. Andererseits, das sei lobend erwähnt, zeigten die Bayern sich engagierter als gegen die Schalker, waren um Struktur in ihrem Spiel bemüht und darum, den Ball so schnell wie möglich durch ihre Reihen zu passen. Und letztlich hat es gereicht, wenn auch Müller das zugab, was eh alle gesehen hatten: "Wir haben sicher schon bessere Spiele gemacht." Aber wie heißt es so schön: Ein gutes Pferd springt nie höher, als es muss. "Wir haben das getan, was wichtig ist, nämlich weiterzukommen."
Und Müller durfte ja mit sich und der Welt durchaus zufrieden sein. War er dann auch: "Da brauchst du einen Flugschein, so hoch wie ich da in der Luft stehe", kommentierte er seinen Kopfball zum Führungstreffer. Auch Kapitän Philipp Lahm lobte: "Er weiß einfach, was er im Sechszehner zu tun hat. Er hat einen unglaublichen Torriecher." Ansonsten sei es so: "Unsere Mannschaft lebt von der Energie, von der Bereitschaft, immer Vollgas zu geben." Sie scheint allerdings, und das ist die wohlwollende Interpretation, in der Lage zu sein, den Fuß beizeiten schon wieder vom Pedal zu nehmen. Zumindest nach dem zweiten Tor verwalteten die Bayern das Ergebnis mehr, als dass sie vehement versucht hätten, ein drittes zu erzielen. Und allerspätestens am 28. Mai wissen wir dann auch, ob das alles so geplant war.
Quelle: ntv.de