Müller: "Das kotzt mich an" FC Bayern leidet nach fatalem Elfer-Drama
29.04.2015, 07:53 Uhr
Ausgeträumt: Aus dem begehrten Triple wird dieses Jahr nichts mehr.
(Foto: AP)
Das Triple will der FC Bayern gewinnen, doch auf dem Weg dorthin leistet er sich einen fatalen Quadruple-Blackout. Im Elfmeterschießen gegen den BVB versagen im Pokal-Halbfinale gleich vier Münchnern geradezu grotesk die Nerven. Das wurmt nicht nur Thomas Müller.
Es gibt viele Wege, ein K.o.-Spiel zu verlieren. Der FC Bayern wählte im Pokal-Halbfinale gegen Borussia Dortmund vor eigenem Publikum wieder einmal den schlimmsten. Erst ließen die Meister den BVB leichtfertig in ein Spiel zurück, an dem die Dortmunder Borussen zuvor vorwiegend als Statisten teilgenommen hatten. Dann schafften es die Bayern nicht, in der Verlängerung gegen den dezimierten BVB das Siegtor zu erzwingen. Und schließlich versagten sie vor 75.000 entgeisterten Zuschauern im Elfmeterschießen kollektiv.
1:3 nach Elfmeterschießen gegen den BVB, das klingt selbst für Josep Guardiolas erfolgsverwöhnte Münchner erstmal nicht sonderlich dramatisch. Dramatisch klang aber, wie Bayern-Profi Thomas Müller das Spiel zusammenfasste: "Wir haben nicht wirklich viel falsch gemacht, aber gehen als Verlierer nach Hause. Das kotzt mich an."
Denn hinter den nüchternen Zahlen verbirgt sich ein einmaliger und vermeidbarer Blackout, der Erinnerungen an das traumatisch verlorene Champions-League-Heimfinale 2012 weckt. Damals hatten die Münchner dem FC Chelsea den Titel geschenkt, diesmal präsentierten sie Klopps BVB den Finaleinzug auf dem Silbertablett. Erstmals in der Vereinsgeschichte blieb der FC Bayern in einem Elfmeterschießen ohne Tor. Vier Bayern-Spieler traten an gegen BVB-Keeper Mitch Langerak, im Tor brachte keiner von ihnen den Ball unter. "Dass Bayern vier Elfmeter verschießt, habe ich noch nie gesehen", staunte selbst BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke im Bezahlsender Sky über den einmaligen Fauxpas.
Das Ärgerliche daran aus Münchner Sicht: Es sollte ja wirklich ein einmaliger Abend werden, einer für die Statistiker. Als erste Mannschaft wollten die Bayern zum vierten Mal in Folge ins Pokalfinale einziehen und die Chance auf das dritte Double in Serie plus das zweite Triple nach 2013 wahren. Und bis zur 75. Minute waren sie nach einer beeindruckend souveränen Leistung auch auf dem besten Weg dorthin.
"Für zehn Minuten die Struktur verloren"
Spannungsabfall und Zufriedenheit nach der perfekten Meisterschaft, Konzentrationsschwächen wegen des bevorstehenden Champions-League-Halbfinals mit Guardiolas alter Liebe, dem FC Barcelona? Gegen den BVB zeigten die Münchner nichts davon. "Bei großen Vereinen zählt nur das Triple", hatte Guardiola kürzlich gesagt und genauso agierte sein Team über weite Strecken des Spiels.
Dann egalisierte Pierre-Emerick Aubameyang die Münchner Führung durch Robert Lewandowski aus der 29. Minute und ließ das Spiel kurzzeitig kippen. Die Bayern, bei denen Guardiola kurz zuvor Mittelfeld-Taktgeber Thiago durch Arjen Robben (68.) ersetzt hatte, verloren "für zehn Minuten die Struktur", bilanzierte Müller. Die Dortmunder wiederum, bei denen Henrikh Mkhitaryan ab der 70. Minute die zuvor harmlose Offensive belebte, spielten hingegen endlich mit und drängten auf die Führung, ehe sie sich in der Verlängerung mit Gelb-Rot für Kevin Kampl wieder selbst schwächten.
An einem ohnehin skurrilen Fußballabend in München, an dem Arjen Robben kurz nach seiner Einwechslung wieder mit einer Muskelverletzung von Platz humpelte, war die bayerische Fehlschuss-Orgie vom Elfmeterpunkt schließlich die finale Volte. "Schon blöd angefangen" habe das Elfmeterschießen, klagte Manuel Neuer hinterher, " das passte zum Spiel". Der Bayern-Keeper, im Viertelfinale in Leverkusen noch Münchens Elfmeterheld, trat diesmal als vierter Schütze an und setzte den Ball an die Latte. Damit war die Partie nach den Treffern der Dortmunder Ilkay Gündogan und Sebastian Kehl entschieden.
Bayern mit groteskem Pech
Fast schon tragisch für Neuer war, dass er genauso viele Elfmeter hielt wie BVB-Gegenüber Langerak, nämlich einen, den dritten BVB-Strafstoß von Mats Hummels. Zweimal flog er ins falsche Eck und musste machtlos mit ansehen, wie der Ball im Tor einschlug. Langerak wählte sogar dreimal die falsche Ecke, nur gegen Ex-Borusse Mario Götze lag er richtig und parierte. Ein Elfmeter-Gegentor kassierte der Australier trotzdem nicht, weil die Münchner vor Neuers Lattentreffer und Götzes schwachem Versuch zweimal geradezu groteskes Pech hatten.
Erst rutschte Bayern-Kapitän Philipp Lahm beim Schuss aus und setzte den Ball weit über das Tor statt ins anvisierte rechte Toreck. Ein Ausrutscher könne ja mal passieren, haderte er hinterher: "Dass es aber im Elfmeterschießen passiert, ist bitter." Noch bitterer wurde es, als weniger später der zweite Bayern-Schütze Xabi Alonso den Lahm’schen Fehlschuss kopierte. Anlauf, Ausrutscher, drüber – gerade so, als sei Lahms Fehlversuch einfach noch einmal im Stadion eingespielt worden.
Für Bayerns schon ausgewechselter Elfmeter-Experte Müller waren die beiden Elfer-Ausrutscher der Anfang vom Ende: "Wenn man bei den ersten beiden Elfmetern ausrutscht, was willst du dann machen?" Sein Coach Guardiola kommentierte die Fehlschüsse nach kräftezehrenden englischen Wochen lapidar, "beim Elfmeterschießen waren wir ein bisschen müde". Trotzdem sei er "sehr stolz auf meine Mannschaft und gratuliere dem BVB".
Quelle: ntv.de