Russland und Katar müssen bangen Fifa schließt WM-Neuvergabe nicht aus
07.06.2015, 11:46 Uhr
Domenico Scala schließt eine WM-Neuvergabe nicht mehr aus, sollte es Beweise für gekaufte Stimmen geben.
(Foto: dpa)
Russland und Katar müssen offenbar doch um die Ausrichtung der Fußball-Weltmeisterschaften 2018 und 2022 bangen. Das hat der Übergangschef der Fifa indirekt angekündigt. Außerdem rücken die Vergabe der WM und Jack Warner wieder in den Fokus.
Der Vorsitzende der Fifa-Compliance-Kommission, Domenico Scala, hat nochmals die Bedingungen für eine von vielen Seiten geforderte Neuvergabe der Fußball-Weltmeisterschaften 2018 und 2022 erläutert. "Sollten Beweise dafür vorliegen, dass die Vergabe nach Katar und Russland nur dank gekaufter Stimmen zustande kam, dann könnte die Vergabe nichtig sein. Dieser Beweis wurde bisher nicht erbracht", sagte Scala in einem Interview der Schweizer "Sonntags-Zeitung".
Im Zuge des Korruptionsskandals im Weltverband ermittelt die Schweizer Bundesanwaltschaft wegen "Unregelmäßigkeiten" bei den WM-Vergaben an Russland und Katar (2022). Angeblich hat auch die US-Bundesbehörde FBI ihre Untersuchung auf die kommenden beiden Endrunden ausgeweitet. Bislang wurde keinem der Gastgeber Korruption nachgewiesen. Mutko sitzt auch im Exekutivkomitee der Fifa, das Land ist großer Unterstützer des scheidenden FIFA-Präsidenten Joseph S. Blatter.
Russland geht trotz der Ankündigungen nach wie vor von der Ausrichtung der Fußball-WM 2018 aus. "Wer überlegt denn, die WM abzusagen?", sagte Sportminister Witali Mutko der britischen Wochenzeitung Observer: "Alles läuft nach Plan, Russland bereitet sich systematisch auf das Turnier vor. Es gibt keine organisatorischen Mängel, und ich sehe überhaupt kein Risiko, warum Russland die WM nicht ausrichten sollte." WM-Organisationschef Alexej Sorokin ergänzte: "Wir richten die WM aus. Wenn manche versuchen wollen, uns die WM wieder wegzunehmen, ist das deren Angelegenheit."
WM 2010: Marokko statt Südafrika
Unterdessen werden die Anschuldigungen gegen die Fifa immer ungeheuerlicher. Laut des ehemaligen Exekutivkomitee-Mitglieds Ismail Bhamjee (von 1998 bis 2006) hätte die WM-Endrunde 2010 nicht in Südafrika, sondern in Marokko stattfinden müssen. Bei der Abstimmung über die Vergabe sei angeblich Marokko der Sieger gewesen. Die Aussagen des Funktionärs aus Botswana hat die britische Zeitung "Sunday Times" auf Band.
"Nachdem ich mit allen darüber gesprochen habe, wo die Stimmen hingegangen sind, und es waren alle, haben wir herausgefunden, dass Marokko mit zwei Stimmen gewonnen hat", sagte Bhamjee demnach. Seine Kollegen könnten aber auch gelogen haben. Die Vergabe wird von schweren Korruptionsvorwürfen begleitet. Im Zuge der US-Ermittlungen wurde bekannt, dass offensichtlich sowohl Marokko als auch Südafrika versucht haben, die Exko-Mitglieder zu bestechen. Südafrika holte sich die WM bei Abstimmung im Mai 2004 mit 14:10 Stimmen.
Schwere Vorwürfe gegen Warner
Derweil berichtet der britische Fernsehsender BBC, dass der frühere Fifa-Vizepräsident Jack Warner sich an finanziellen Mitteln des Weltfußballverbandes persönlich bereichert habe. Das geht aus Dokumenten hervor, die dem Sender vorliegen. Warner ist der frühere Chef des Fußballverbandes für Nord- und Zentralamerika sowie der Karibik (Concacaf). Die US-Justiz hat seine Auslieferung aus Trinidad und Tobago beantragt.
Die amerikanischen Ermittler beschuldigen ihn der Korruption, Verschwörung sowie des organisierten Verbrechens. Diese Vorwürfe erhärten nach BBC-Informationen Dokumente rund um Überweisungen in Höhe von 8,91 Millionen Euro. Südafrika habe das Geld stellvertretend überwiesen. Das Geld sei eigentlich für Fußball-Entwicklungsprogramme in der Karibik bestimmt gewesen.
"Aber Dokumente legen nahe, dass Warner die Zahlung für Barabhebungen, persönliche Darlehen sowie zur Geldwäsche genutzt hat", schrieb die BBC. Sie zeigt drei Fifa-Überweisungen vom 4. Januar, 1. Februar and 10. März 2008, die auf Concacaf-Konten eingingen, die Warner kontrollierte. Der 72-Jährige beteuert seine Unschuld und ist derzeit in seiner Heimat nur auf Kaution in Höhe von 2,5 Millionen Dollar frei.
Quelle: ntv.de, tno/dpa/sid