Klose lobt Confed-Cup-Stürmer Gomez' Erben mucken in Russland auf
28.06.2017, 16:07 Uhr
Timo Werner, Sandro Wagner und Lars Stindl - drei Spieler, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Sie alle kämpfen um ein Ticket im deutschen WM-Kader.
(Foto: picture alliance / dpa)
Wer Miroslav Klose nach Lars Stindl, Sandro Wagner und Timo Werner fragt, der erlebt einen zufriedenen Praktikanten. Das sei alles sehr gut beim Confed Cup. Doch das Niveau eines Mario Gomez hätten sie nicht - noch nicht.
Miroslav Klose sieht aus, als wolle er mitspielen. Er trägt ein schwarzes Trikot, eine schwarz Hose, schwarze Stutzen, schön hochgezogen, und schwarze Fußballschuhe. Deutet sich da für Donnerstag eine Überraschung an, wenn die deutsche Nationalmannschaft (ab 20 Uhr im Liveticker bei n-tv.de) in Sotschi gegen Mexiko darum spielt, wer das Finale des Confed Cups in Russland erreicht?
Sicher nicht. Klose ist zwar dabei, aber nicht als der mit 71 Treffern in 137 Spielen erfolgreichste Torschütze, den das Land je hatte; sondern seit sieben Monaten als mittlerweile 39 Jahre alter Dauerpraktikant. Nun rückt er auf dem Trainingsplatz vor dem Olympiastadion Fisht die gelben Slalomstangen zurecht und legt mit dem Fuß die Bälle für seine Nachfolger bereit. Und er sagt den Jungs, was sie besser machen können.
Nach Kloses Rücktritt als Weltmeister im Sommer 2014 gab es mit Mario Gomez nur einen, dem in Maßen zugetraut wurde, die Stelle im Angriff adäquat zu besetzen. Er ist nun nicht dabei und darf sich mit seinen 31 Jahren ausruhen, nachdem er es mit dem VfL Wolfsburg gerade so vermieden hat, aus der Bundesliga abzusteigen. 16 Tore erzielte er in der abgelaufenen Saison, einmal legte er vor.
Stattdessen hat Bundestrainer Joachim Löw mit Lars Stindl, Sandro Wagner und Timo Werner drei Angreifer ins Sommer Camp eingeladen, die ihre Chance, die sich ihnen bei dieser Mini-WM bietet, sehr gut nutzen. Oder, Herr Klose? Ja, auch der prominenteste Praktikant der Republik ist zufrieden. "Aber so wie wir die jetzt in Szene gesetzt haben - jeder hat seine Chance bekommen und dann auch getroffen - setzen die das wirklich gut um." Allerdings seien die Kandidaten, darauf weist er flugs hin, "drei völlig verschiedene Spielertypen". Sie alle kämpfen darum, im kommenden Jahr bei der Weltmeisterschaft in Russland dabei zu sein.
Wagner? "Fast wie Gomez' Bruder"
Wagner, der in der vergangenen Saison für 1899 Hoffenheim in der Liga elf Tore erzielte und viermal für einen Kollegen aufgelegt hatte, ist mit seinen 29 Jahren der älteste Spieler im Confed-Cup-Kader - und damit auch nur zwei Jahre jünger als Gomez. Schon 2015/2016 kam er, also Wagner, für den SV Darmstadt 98 auf 14 Tore und drei Vorlagen - was seinem Selbstbewusstsein durchaus zuträglich war. Sein Debüt in der DFB-Elf feierte er am 6. Juni beim 1:1 gegen Dänemark im Testspiel in Kopenhagen. Vier Tage später erzielte er in Nürnberg seine ersten drei Länderspieltore - der Gegner in Qualifikationsspiel zur WM in Russland im kommenden Jahr hieß allerdings San Marino.
Beim Confed Cup stand er zum Auftakt beim 3:2 gegen Australien in der Startelf, spielte ordentlich - und wurde nach einer knappen Stunde gegen Stindl ausgetauscht. Danach kam Wagner bisher nicht mehr zum Einsatz. Wenn Klose Wagner spielen sieht, denkt er an Gomez: "Er ist fast sein Bruder, spielerisch unheimlich gleich. Er bewegt sich wie Mario und hat die Größe." Ob das nun gut oder schlecht ist, sagte er nicht. Zudem sei Wagner bei eigenem Ballbesitz wertvoll, die Kollegen könnten ihn stets anspielen, weil er meist auf der Ballseite agiere.
Stindl? "Ein unheimlich schlauer Spieler"
Stindl wiederum ist nur ein Jahr jünger als Wagner und drei Jahre jünger als Gomez. Und bevor jemand rechnen muss - die Lösung lautet: 28. In seinem zweiten Jahr bei Borussia Mönchengladbach traf er elf Mal in der Bundesliga und verzeichnete sechs Assists. In der Saison davor waren es sieben Tore und elf Vorlagen. Sein erstes Spiel für die DFB-Elf machte er ebenfalls beim Freundschaftsspiel in Dänemark. Beim Konföderationenpokal kam er gegen Australien und Chile zum Einsatz, beide Male schoss er ein Tor.
Da kommt Klose glatt ins Schwärmen: "Lars ist ein unheimlich schlauer Spieler, er bewegt sich zwischen den Linien und sucht sich seine Räume, kann den Ball sehr gut halten und abschirmen, sodass die anderen Spieler nachrücken können." Das sieht auch der Bundestrainer, der sich jüngst ähnlich geäußert hatte: "Er ist ein sehr raffinierter Spieler mit unglaublicher Spielintelligenz und guter Orientierung im Raum." Stindl, der Spätberufene, kann sich durchaus jetzt schon als Gewinner dieses Turniers fühlen. Sein Vorteil ist, dass er als hängende Spitze einen Typus verkörpert, der weder Gomez noch Wagner ähnelt.
Werner? "Der hat so eine Dynamik"
Werner hat in seiner ersten Saison bei RB Leipzig, dem Champions-League-Teilnehmer, die meisten Tore der drei Kandidaten erzielt und sogar fünf mehr als Gomez - 21 nämlich. Hinzu kommen sieben Vorlagen. Die Frage, wem die Zukunft im Angriff der Nationalmannschaft gehört, könnte er nicht nur wegen dieser beeindruckenden Saison zu seinen Gunsten beantworten, sondern auch, weil er erst 21 Jahre alt ist. Werner wäre also auch für die Junioren-EM Polen spielberechtigt gewesen, bei der die DFB-Auswahl an diesem Dienstag mit einem Sieg im Elfmeterschießen gegen England das Endspiel gegen Spanien erreicht hat.
Seinen Einstand bei Löw gab er bei der offiziell als Testländerspiel gegen England deklarierten Lukas-Podolski-Abschiedsgala am 22. März in Dortmund. Nachdem er beim Confed Cup gegen Australien leer ausgegangen war und gegen Chile nicht gespielt hatte, erzielte er seine ersten beiden Tore just am vergangenen Sonntag beim 3:1 in Sotschi gegen Kamerun - was auch Klose beeindruckte: "Wenn wir zwischen die Linien kommen und Timo dann anspielen, hat er so eine Dynamik und Schnelligkeit, in die Tiefe zu gehen." Und er sei halt noch so jung. "In dem Alter hatte ich gerade meine Zimmermannslehre abgeschlossen." Heutzutage sei das anders. "Da werden die Jungs früher in den Teich geschmissen."
"Mario hat über Jahre konstant Leistung gebracht"
Der Konkurrenzkampf ist also entbrannt. "Das muss ja auch so sein", sagt Klose. Jeder will spielen und ist dann ein paar Tage beleidigt, wenn er nicht spielt. Da war ich genauso, das ist normal. Aber dann müssen sie im Training wieder die Leistung bringen, dass man irgendwann nicht an ihnen vorbeikommt." Aber an Gomez, den er noch als Mitspieler kennt, reichten die drei nun doch noch nicht heran. "Man kann nicht sagen, dass das das gleiche Niveau ist. Mario hat über Jahre konstant Leistung gebracht. Da müssen sie hinkommen. Sie fangen ja jetzt erst an." Das stimmt - auch wenn sich das bei Wagner und Stindl, zwei gestandenen Profis, ein wenig seltsam anhört.
Für einen entscheiden wolle Klose sich mit Blick auf die WM übrigens nicht, selbst dann nicht, wenn er müsste. "Da will ich mich auch gar nicht aus dem Fenster lehnen. Das ergibt keinen Sinn. Das bringt mir nichts und den Jungs auch nicht. Die sollen so arbeiten, wie sie es zurzeit machen - das reicht mir vollkommen. Von dem, was wir wollten, haben sie wirklich schon vieles umgesetzt." Seine Stelle im DFB-Stab gefällt Klose jedenfalls ausnehmend gut. Wenn es nach ihm geht, fährt er im kommenden Jahr auch mit zu WM nach Russland - "wenn ich nebenbei meinen Trainerschein machen kann. Wir werden uns nach dem Confed Cup mal zusammensetzen", sagte er - und sah aus wie einer, der gerne mitspielen würde.
Quelle: ntv.de