ManCity zahlt Rekordablöse Guardiola setzt auf Sanés Messi-Momente
02.08.2016, 15:36 Uhr
Leroy Sané will nun die Fans in Manchester mit seinem Können verzaubern.
(Foto: imago/Chai v.d. Laage)
Leroy Sané erliegt dem Ruf des Geldes und der Magie von Josep Guardiola. Für rund 50 Millionen Euro wechselt der deutsche Fußball-Nationalspieler von Schalke zu ManCity, wo er als Freigeist aus der Guardiola-Kontrolle ausbrechen soll.
Die (Fußball-)Welt von Josep Guardiola ist eigentlich eine ganz einfache. Sie besteht aus passen, passen, passen und irgendwann im Spiel dann auch mal aus Toreschießen. Alles so schön kontrolliert, wie es sein akribisch ausgetüftelter Plan vorgibt. Doch so einfach das ist, so schnell gerät die (Fußball-)Welt des Katalanen ins Wanken. Kaum ein Spiel vergeht, in dem sich der 45-Jährige nicht nach zehn Minuten wild fuchtelnd durch die Coaching-Zone gestikuliert. Eine Korrektur hier, eine andere dort, bis alles wieder passt – für ein paar Minuten. So eine Herde unzähmbarer Wildpferde auf dem Rasen, für Guardiola ist sie eigentlich ein Graus. Es sei denn, sie wirbelt in vorderster Linie, dort, wo der bis dahin durchgetikitakerte Ballbesitz veredelt werden muss.
Und ein einzelnes solches Wildpferd hat sich der Coach von Manchester City nun in den eigenen Stall transferiert: Für 50 Millionen Euro wechselt das Schalker Supertalent Leroy Sané auf die Insel. Ein Wechsel, der sich über Wochen, eigentlich sogar über Monate angebahnt hatte und in den letzten Stunden vor der offiziellen Bestätigung in einem medialen Wettbieten als immer unmittelbarer bevorstehend durchgetickert wurde. Der Hype um den 20-Jährigen, der für fünf Jahre beim Premier-League-Klub unterschrieben hat, ist riesig und er wird jetzt wohl kaum kleiner. Denn Sané ist dank der Scheichinvestition nun der teuerste deutsche Fußballer aller Zeiten, übertrifft sogar Mesut Özil, der im Sommer 2013 von Real Madrid zum FC Arsenal abgeschoben wurde – für damals 47 Millionen Euro. Und all das, obwohl der kleine Sané gerade einmal 47 Bundesligaspiele absolviert hat. Ein Risiko für den Spieler, ein kalkulierbares für den milliardenschweren Klub.
Gündogan kontrolliert, Sané tobt
Josep Guardiola ist das ohnehin egal, er schaut nur auf das Sportliche. Und das hat ihn trotz fehlender Erfahrung in großen internationalen Duellen derart beeindruckt, dass er ihn unbedingt zu seinem neuen Team holen wollte. Einem Haufen von talentierten Fußballern, der sich in der Vergangenheit aber beharrlich weigerte, sich zu einer erfolgreichen Einheit zu formen. Diese Aufgabe soll nun der Katalane übernehmen. Sané teilt er dabei eine wichtige Rolle zu – ob er sie erfüllen kann, steht auf einem anderen Blatt. Der deutsche Nationalspieler soll der zentrale Mann in der Offensive werden. Klein, quirlig, unberechenbar, dribbel- und abschlussstark – ein sich austobender Freigeist in einer Mannschaft, die sich sonst dem Guardiola'schen Kontrollzwang wird unterwerfen müssen. Angeleitet vom ebenfalls neu verpflichteten BVB-Strategen Ilkay Gündogan und dem ehemaligen Wolfsburger Kevin de Bruyne.
Die beiden Neuzugänge aus der Bundesliga jedenfalls folgen der Logik des katalanischen Spielentwicklers, die einst den FC Barcelona zur besten Mannschaft Europas gemacht hat: stabile Defensive, ein passsicheres, kontrollierendes Mittelfeld und in der Spitze Spieler, die mit ihrer Kreativität, ihrem Spielwitz, ihrem Tempo, ihrer Klasse den Unterschied (bestenfalls Tore) ausmachen. Mit dem ehemaligen Maradona-Schwiegersohn, dem Argentinier Sergio Agüero, haben die "Citizens" zwar einen schnellen und abschlussstarken Spieler im Kader, ganz erfüllen kann er den Anspruch seines neuen Trainers aber nicht. Mit Sané bekommt der Klub dagegen jetzt genauen jenen Typ, der Guardiolas Vorstellung des Außergewöhnlichen, des Unerwarteten gerecht werden kann. Er soll für die messihaften Momente in Manchester sorgen. Am besten von Anfang an. Denn der Klub sehnt sich nach schnellen Erfolgen, sowohl in der Premier-, als auch in der Champions-League.
Ein unfairer Messi-Vergleich
Eine verdammt hohe Bürde, die der 20-Jährige (noch) nicht tragen kann. Auch wenn zahlreiche Experten aus dem In- und Ausland ihm bereits jetzt vergleichbares Potenzial mit dem argentinischen Ballstreichler bescheinigen und er selbst schon den Nachweis geliefert hat, wirklich Außergewöhnliches mit dem Spielgerät anstellen zu können. Ein Beispiel ist sein Champions-League-Debüt (gleichzeitig bislang einziger Einsatz in der Königsklasse) im März 2015 bei Real Madrid (4:3), als er Torwart-Legende Ilkar Casillas mit einem cleveren Schlenzer ausguckte und direkt auch noch einen weiteren Treffer vorbereitete.
Es sind zwei große, gar großartige Momente, die tatsächlich an Messi erinnern. Aber es sind eben nur Momente. In anderen Phasen taucht Sané häufig noch ab, fällt gar nicht auf, oder nur durch schlampige Ballannahmen. Ein Mann, der ganze Spiele dominiert, ist er nicht. Sané liebt das spielende Risiko, das Überraschende, das Unkonventionelle, das Unverschämte. So sehr er damit die Welt von Guardiola auch auseinanderbringt, so sehr hat sich der Katalane in diesen Unberechenbaren verguckt. In diesem einen, in diesem einzigen Fall.
Quelle: ntv.de