Fußball

Bundesanwalt fordert Fußfesseln Hertha kämpft gegen DFB

Platzsturm vor dem Ende der Spielzeit - darf Düsseldorf deshalb nicht aufsteigen?

Platzsturm vor dem Ende der Spielzeit - darf Düsseldorf deshalb nicht aufsteigen?

(Foto: picture alliance / dpa)

Beim Deutschen Fußball-Bund entscheidet heute das Bundesgericht über den Einspruch von Hertha BSC gegen das Chaosspiel in der Bundesliga-Relegation. Die Berliner Klubführung ist sportlich gegen Düsseldorf gemeinsam mit der Mannschaft abgestiegen. Trotzdem kämpft sie - auch um ihre eigenen Köpfe. Dabei ist die Entscheidung des DFB absehbar.

Fußball-Fans und Sportjuristen blicken nach Frankfurt: Das DFB-Bundesgericht verhandelt heute das chaotische Relegationsspiel zwischen Fortuna Düsseldorf und Hertha BSC. Bleibt der Deutsche Fußball-Bund (DFB) bei seinem "Kniefall vor der Wucht der Massen"? Die Wahrscheinlichkeit dafür ist hoch. Der Grund dafür ist simpler, als es zu erhoffen wäre.

"Sehr, sehr gute Chancen": Herthas Manager Michael Preetz rettet sich in Hoffnungen.

"Sehr, sehr gute Chancen": Herthas Manager Michael Preetz rettet sich in Hoffnungen.

(Foto: dpa)

Der DFB wird und muss in Betracht ziehen: Die Fußball-Europameisterschaft drängt die Sommerpause auf ein Minimum zusammen. Es gibt also schlicht ein Zeitproblem. Wann sollte ein Wiederholungsspiel überhaupt stattfinden? Auch deshalb rechnet der Heidelberger Sportanwalt Michael Lehner damit, dass die erste Entscheidung des Sportgerichts aufrechterhalten und der Einspruch der Berliner abgewiesen wird. Der DFB hätte bei einer Ablehnung "seine Ruhe und kein Wiederholungsspiel, und man könnte natürlich, das ist ja auch nachvollziehbar, geregelt in die neue Saison schauen."

Nicht durchführbar

Auch falls Hertha gewinnen sollte, wäre eine erneute Partie praktisch nicht durchführbar: Die Profis beider Teams sind längst im Urlaub oder mit ihren Nationalteams unterwegs, die Mannschaften in der Transferhochphase im Umbruch. Am 30. Juni laufen Verträge einiger Spieler aus. Sollte der Fall wirklich bis vors Schiedsgericht gehen, könnte vorher eine andere Diskussion in Gang kommen: Ob man nicht beide Vereine ins Oberhaus lassen und die 1. Liga auf 19 Klubs aufstocken soll. Doch Sportrechtler Siegfried Fröhlich zeigte sich im Gespräch mit n-tv.de ebenfalls überzeugt: Hertha werde keinen Erfolg haben.

Die Berliner reden darüber jedoch nicht, sondern rechnen sich öffentlich "sehr, sehr gute Chancen" aus, mit ihrem Einspruch in zweiter Instanz recht zu bekommen, wie Manager Michael Preetz bei einer Diskussion mit Fans betonte. Der Ort dieser Äußerung klingt nach Zweckoptimismus. Besonders, weil Preetz wegen umstrittener Entscheidungen in der Hauptstadt zuletzt immer stärker unter Druck geraten ist. Der Sündenbock versucht nun, seinen Job zu retten. Kommende Woche ist Mitgliederversammlung in Berlin, und die Vereinsführung müsste ihren Mitgliedern erklären, warum sie nicht jede noch so geringe Chance auf einen noch möglichen Verbleib in der Fußball-Bundesliga genutzt hat. Die Hertha kämpft derzeit nicht nur gegen den DFB, sondern zum Teil auch gegen die eigenen Fans.

Fußfesseln für Störer

Parallel haben die Vorfälle des 15. Mai in Düsseldorf, das Chaos im Stadion und die resultierende Unterbrechung in der Nachspielzeit von 21 Minuten eine Diskussion um Gewalt in Fußballstadien angestoßen. Die Hardliner positionierten sich bei n-tv.de bereits eindeutig, bringen die Abschaffung der Stehplätze sowie höhere Zäune vor den Fanblocks ins Gespräch. Damit wären alle Zuschauer betroffen – vom Schüler, der sich nur Stehplatztickets leisten kann, bis zum Familienvater, der mit seinen Kindern im Block sitzt.

Von höchster juristischer Stelle kommt ein zusätzlicher Vorschlag. "Notorische Hooligans, die als Rowdys bekannt sind, könnten eine elektronische Fußfessel bekommen", forderte Generalbundesanwalt Harald Range in der "Hannoverschen Allgemeinen Zeitung". "Sie müssen dann zu Hause bleiben." Bislang habe die Polizei nur die Möglichkeit, Platzverweise auszusprechen. "Aber die Kontrolle, ob diese Platzverweise von den Verdächtigen wirklich eingehalten werden, ist in der Praxis oft nicht gegeben." Allerdings sei für den Einsatz elektronischer Fußfesseln eine Erweiterung des Polizeirechts nötig, räumte Range ein.

Hertha BSC helfen solche Debatten derzeit wenig. Die Berliner wollen mit aller Macht in der Liga bleiben und liebäugeln im Falle einer Niederlage mit dem Gang vor das Ständige Schiedsgericht für Vereine und Kapitalgesellschaften der Lizenzligen. Dann zöge sich das Verfahren wohl weiter in die Länge. Für die Spielplangestalter der Deutschen Fußball-Liga ein Albtraum.

"Verdammte Verpflichtung"

Hertha beruft sich auf Paragraf 17 der Rechts- und Verfahrensordnung des DFB. Demnach können Einsprüche gegen die Spielwertung unter anderem mit folgender Begründung erhoben werden: "Schwächung der eigenen Mannschaft durch einen während des Spiels eingetretenen Umstand, der unabwendbar war und nicht mit dem Spiel und einer dabei erlittenen Verletzung im Zusammenhang steht." Manche Experten teilen diese Ansicht, was die Vereinsführung wohl in ihrer Absicht bestärkt, alles zu probieren.

"Hertha BSC hat die verdammte Verpflichtung, sein Recht zu suchen", pocht Klubpräsident Werner Gegenbauer auf die Möglichkeit des Gangs zum Schiedsgerichtes. "Dazu ist das Regelwerk des DFB da", so Gegenbauer. Damit widersprach der Präsident dem Anwalt des Klubs, Christoph Schickhardt. Der hatte zuvor gesagt, falls man unterliege, werde man nicht das Schiedsgericht anrufen, sondern das Urteil akzeptieren. Dass die Berliner dies müssen, ist nicht zu leugnen.

Wahrscheinlich ist, dass auch Hertha am Ende in die Knie gehen muss. Nicht nur auf dem Platz gegen Fortuna Düsseldorf, sondern auch im Kampf mit dem DFB.

Quelle: ntv.de, mit dpa und rts

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