Wolfsburgs gönnerhafte Pokalsieger King Hecking übertrifft sich und den BVB
31.05.2015, 06:11 Uhr
Der King lebt. Es lebe der King.
(Foto: imago/MIS)
Für die Fußballer des VfL Wolfsburg ist der Pokalsieg die Krönung einer tollen Saison. Für Dieter Hecking auch. Der Trainer gibt sich nach seinem ersten Titel selbstbewusst - und lobt die unterlegenen Dortmunder in gönnerhafter Manier.
Um kurz vor elf hatte der King seinen großen Auftritt. Nein, Elvis lebt nicht. Zumindest in Berlin. Es war Dieter Hecking, der diesen Titel für sich beanspruchte. Es prangte auf seiner schwarzen Kappe, die er auf seinem doch leicht geröteten Kopf trug: "KING". Nun ja, er konnte es sich leisten. Schließlich hatte der Trainer des VfL Wolfsburg soeben mit seiner Mannschaft den DFB-Pokal gewonnen - mit 3:1 (3:1) gegen Borussia Dortmund im mit 75.815 Zuschauern voll besetzten Olympiastadion, mit gnadenloser Effizienz und drei Toren innerhalb einer Viertelstunde.
Tore: 1:0 Aubameyang (5.), 1:1 Luiz Gustavo (22.), 1:2 De Bruyne (33.), 1:3 Dost (38.)
Dortmund: Langerak - Durm (68. Blaszczykowski), Subotic, Hummels, Schmelzer - Gündogan, Kehl (68. Piszczek) - Mchitarjan, Kagawa, Reus (79. Immobile) – Aubameyang
Wolfsburg: Benaglio - Vieirinha, Naldo, Klose, Rodriguez - Arnold (81. Schürrle), Luiz Gustavo - Perisic (74. Guilavogui), De Bruyne, Caligiuri (85. Träsch) - Dost
Schiedsrichter: Felix Brych - Zuschauer: 75.815 (ausverkauft)
Es war ein gutes, teilweise sogar rasantes Endspiel, das an diesem Samstagabend die bessere Mannschaft gewann. Und das war die von Dieter Hecking. Zwar hatte Pierre-Emerick Aubameyang den BVB schon nach fünf Minuten in Führung gebracht, als er eine Flanke Shinji Kagawas volley am in diesem einem Fall machtlosen Wolfsburger Schlussmann Diego Benaglio vorbei ins Tor schoss. Doch der VfL ließ sich dadurch nicht, oder wenn, dann nur wenig beeindrucken. Nach 22 Minuten glich Luiz Gustavo aus, nachdem Mitchell Langerak einen wuchtigen Freistoß Naldos nach vorne abgeklatscht hatte. Und noch vor der Pause sorgten Kevin de Bruyne mit einem Schuss aus 25 Metern (33.) und Bas Dost per Kopf (38.) dafür, dass das Ding so gut wie gelaufen war.
Der gekrönte König von Wolfsburg
Für Hecking, den nun gekrönten König von Wolfsburg, war der Knackpunkt der Partie die Szene nach 18 Minuten, als Dortmunds Marco Reus, der heute seinen 26. Geburtstag mit mutmaßlich gedämpfter Gemütslage feiern wird, frei vor dem Tor stand, den Ball aber in den Nachthimmel schoss. "Als der drüber ging, wusste ich: Wenn wir jetzt zurückkommen, dann können wir es schaffen." Sie kamen zurück und sie schafften es. Für den VfL Wolfsburg ist es der erste Pokalsieg seiner knapp 70 Jahre währenden Vereinsgeschichte und nach der Deutschen Meisterschaft 2009 die zweite Trophäe. Für Hecking war es sein erster Titel überhaupt. Da habe sich zwei gefunden. Oder drei, Manager Klaus Allofs gehört ja auch noch dazu.
Nach zweieinhalb Jahren haben sie die ersten Ziele erreicht, etwas früher, als sie sich vorgenommen hatten: Im kommenden Jahr spielen sie in der Champions League. Und Pokalsieger sind sie nun auch. "Das fühlt sich wahnsinnig bekloppt an" sagte Hecking - und wollte damit keineswegs ein königliches Wortspiel auf Kosten des Dortmunder Trainers Jürgen Klopp wagen, für den es sein letztes Spiel mit seinem BVB war. Nein, nein, Dieter Hecking hat sich einfach gefreut. Sogar noch, als seine Spieler Naldo und Vieirinha in die Pressekonferenz stürmten und ihren Trainer, lustig, lustig, mit Bier übergossen. Das war ihm dann auch egal, nur die Kappe nahm er ab. "Das Schöne ist, dass ich mich selbst getoppt habe. Mit 50 Jahren wollte ich meinen ersten Titel haben. Ich bin noch 50 - es hat geklappt. Manchmal muss man sich Ziele setzen."
"Kompliment auch an Borussia Dortmund"
Hecking war so guter Dinge, dass er fast ein wenig gönnerhaft den Gegner lobte: "Wir haben ein hochklassiges Endspiel gesehen. Kompliment auch an Borussia Dortmund. Das ist eine Mannschaft, die gezeigt hat, dass sie zu den besten in Deutschland gehört. Und heute sind sie einer etwas besseren Mannschaft unterlegen." Was nichts anderes heißt, als dass die Wolfsburger erst Recht zu den Besten gehören. In der Tat haben er und Allofs es geschafft, mit den VW-Millionen - "Natürlich haben wir da Möglichkeiten, die andere Vereine nicht haben." - eine Mannschaft zu formen, die sich nicht von einem frühen Rückstand aus dem Konzept bringen lässt, auch nicht in einem Finale. Und eine Mannschaft, die ein 3:1 nicht mehr hergibt, auch wenn der Gegner viel versucht.
Falls sich jemand gefragt haben sollte, warum dieser VfL Wolfsburg sich in dieser Saison der Bundesliga als zweitbeste Mannschaft hinter dem FC Bayern etabliert hat, der weiß es spätestens jetzt. Das sieht auch Hecking so. Und er scheut sich nicht, dass immer wieder zu betonen: "Das ist das Fazit der Saison: dass diese Mannschaft ein Team war. Und heute hat sie sich die Krone aufgesetzt." Die Spieler, seine Mitarbeiter und die Fans hätten, so sagte er, durchaus "ein ähnlich großes Lob verdient wie ich." Jetzt gehe es darum, den Weg weiterzugehen und darauf zu hoffen, dass der Pokalsieg dem Verein noch einmal einen Schub gebe. "Aber es geht nicht immer steil bergauf. Es wird auch wieder Rückschläge geben." So viel Demut war dann doch. "Die Konkurrenz in der Bundesliga wird uns nun anders wahrnehmen."
Erst aber einmal gelte: "Das Genießen steht über allem. Es war eine herausragende Saison von allen Beteiligten in Wolfsburg." Da blieb nur noch eine Frage offen: "Herr Hecking, wie ist diese schöne Mütze in ihrem Besitz gelangt?" Da lachte er. "Wenn man fünf Kinder hat, hat immer einer ne dumme Idee. Beide Söhne liefen mit so einer Mütze rum, heute Mittag waren sie kurz im Hotel. Da hat der eine gesagt: Also wenn du den Pokal holst, dann setzt du bitte diese Mütze auf. Und sie wissen: Ein Vater kann seinem Sohn nichts ausschlagen. Von daher sitze ich heute Abend hier mit der Mütze. Aber - die passt. Heute." Hier spricht der King.
Quelle: ntv.de