So läuft das Spiel gegen Irland Kneipenschläger fordert DFB-Pokerprofis
14.10.2014, 15:07 Uhr
"Und jetzt schön durchstrecken!" Bundestrainer Joachim Löw beobachtet seine Eleven beim Training.
(Foto: AP)
Hat der Weltmeister die Krise? Nein, sagen Spieler und Trainer. Und wollen gegen Irland einfach weitermachen, als sei nichts gewesen. Alle Vorzeichen stehen auf Sieg. Nur auf einen Boxkampf sollten sie sich nicht einlassen.
Worum geht’s?
Um Wiedergutmachung für eine historische Pleite. Um einen ersten Schritt heraus aus der fundamentalen Krise. Sie finden das zu dramatisch? Dann halten Sie sich fest. Amerikanische Wissenschaftler haben herausgefunden … nein, halt. Irgendwelche Statistiker haben herausgefunden: Mit der Bilanz von zwei Niederlagen in drei Spielen seit dem WM-Finale ist die DFB-Elf der fünftschwächste Weltmeister der Geschichte. Typisch Joachim Löw: Nicht einmal Weltmeister kann der Bundestrainer richtig.
Zynismus beiseite, den endgültigen Kommentar zum Krisengerade um die DFB-Elf hat Mario Götze direkt nach der Niederlage in Warschau gegeben. Dafür hat er nicht einmal Worte gebraucht.
Wenn es in diesem Spiel heute gegen Irland auf Schalke (ab 20.45 Uhr bei RTL und im Liveticker bei n-tv.de) also nicht um einen Befreiungsschlag geht - dann schlicht und einfach um drei Punkte in einer EM-Qualifikationsgruppe, die ein Weltmeister eigentlich gewinnen sollte, mindestens aber überstehen muss. Und 2016 stimmen die Fans dann einen schönen Klassiker an: Ohne Holland fahr'n wir zur EM.
Wie stehen die Vorzeichen?
Blendend. Zwei Pflichtspielniederlagen hintereinander, das gab es unter Löw noch nie. Außerdem hat der Bundestrainer trotz des Ausfalls von Andre Schürrle noch 14 Feldspieler zur Verfügung, drei Wechsel sind also überhaupt kein Problem. Und: Gegen Irland hat eine deutsche Nationalmannschaft ohnehin noch kein Pflichtspiel verloren, insgesamt lautet die Bilanz: 9 Siege, 4 Remis, 5 Niederlagen. An die jüngere Vergangenheit haben die DFB-Kicker gute Erinnerungen: In der Qualifikation zur Weltmeisterschaft 2014 gewann Löws Team mit 6:1 in Dublin und 3:0 in Köln. Auch der bislang letzte Auftritt in der Arena Gelsenkirchen im September 2011 verlief torreich, Österreich wurde mit 6:2 bezwungen. Bessere statistische Voraussetzungen hatte die deutsche Mannschaft zuletzt - gegen Polen.
Deutschland - Irland, 20.45 Uhr
Deutschland: Neuer (FC Bayern/28 Jahre/55 Länderspiele) - Rüdiger (VfB Stuttgart/21/3 Tore), Boateng (FC Bayern/26/48), Hummels (Borussia Dortmund/25/37), Durm (Borussia Dortmund/22/4) - Rudy (1899Hoffenheim/24/3), Kroos (Real Madrid/24/54) - Müller (FC Bayern/25/59), Draxler (Schalke 04/21/14), Bellarabi (Bayer Leverkusen/24/1) - Götze (FC Bayern/22/38).
Irland: Forde (FC Millwall/34/21) - Meyler (Hull City/25/11), O'Shea (FC Sunderland/33/99), Wilson (Stoke City/27/19), Ward (FC Burnley/29/27) - McGready (FC Everton/28/71), Whelan (Stoke City/30/60), Quinn (Hull City/28/9), McClean (Wigan Athletic/25/24) - Walters (Stoke City/31/28) - Keane (Los Angeles Galaxy/34/136)
Schiedsrichter: Skomina (Slowenien).
Wie ist die DFB-Elf drauf?
Deutschland: Neuer (FC Bayern/28 Jahre/55 Länderspiele) - Rüdiger (VfB Stuttgart/21/3 Tore), Boateng (FC Bayern/26/48), Hummels (Borussia Dortmund/25/37), Durm (Borussia Dortmund/22/4) - Rudy (1899Hoffenheim/24/3), Kroos (Real Madrid/24/54) - Müller (FC Bayern/25/59), Draxler (Schalke 04/21/14), Bellarabi (Bayer Leverkusen/24/1) - Götze (FC Bayern/22/38).
Irland: Forde (FC Millwall/34/21) - Meyler (Hull City/25/11), O'Shea (FC Sunderland/33/99), Wilson (Stoke City/27/19), Ward (FC Burnley/29/27) - McGready (FC Everton/28/71), Whelan (Stoke City/30/60), Quinn (Hull City/28/9), McClean (Wigan Athletic/25/24) - Walters (Stoke City/31/28) - Keane (Los Angeles Galaxy/34/136)
Schiedsrichter: Skomina (Slowenien).
"Ich glaube, dass wir kein schlechtes Spiel gemacht haben", sagte Torwart Manuel Neuer nach dem 0:2 gegen Polen, an dem er selbst seinen Anteil hatte. Vor dem 0:1 kam er viel zu zögerlich aus seinem Kasten, verwunderlich für einen, der doch sonst so gern in der alten Bolzplatz-Tradition den fliegenden Torwart gibt. "Mein Fehler", gab Neuer zu, setzte aber nach: "Wäre ich auf der Linie geblieben, wäre der Ball auch rein gegangen." Eine bemerkenswerte Mentalität, die auch abgebrühte Pokerprofis an den Tag legen: Egal, wie gut man spielt, es kann trotzdem auch mal schief gehen. Verloren? Kein Grund, zu zweifeln. Das sieht auch Bundestrainer Joachim Löw so. Erst attestierte er seiner Mannschaft eine "sehr gute Organisation", lobte die Spielanlage und konstatierte, sie habe "sehr viele Chancen rausgespielt". Und dann verkündete er, dass er gegen Irland im Wesentlichen dieselbe Mannschaft wie am Samstag aufbieten wird. Das Selbstbewusstsein eines Weltmeisters.
Wie läuft es bei Irland?
Zwei Spiele, zwei Siege verbuchten die Iren bislang auf dem Weg nach Frankreich. Einem 2:1 in Georgien folgte ein lockeres 7:0 über Gibraltar "Es war mir wichtig, dass wir mit 6 Punkten nach Deutschland fahren", sagte Trainer Martin O'Neill. Was darauf hindeutet, dass er nicht unbedingt mit Punkten rechnet. Vor Probleme stellen will er den Weltmeister trotzdem, und das nicht nur mit einer dichten Abwehr: "Wir haben einige Angriffsoptionen." Damit meint er auch Robbie Keane, der seine ruhmreiche Karriere derzeit bei den Los Angeles Galaxy ausklingen lässt – in der Nationalmannschaft aber weiter für Schlagzeilen sorgt. Gegen Gibraltar brauchte er nur 13 Minuten für seinen Hattrick, es war der schnellste in der Geschichte der EM-Qualifikation. Insgesamt hat der 34-Jährige stolze 65 Treffer im irischen Trikot erzielt, nach dem Rücktritt von Miroslav Klose die weltweite Bestmarke unter allen aktiven Nationalspielern.
War sonst noch was?

Literat auf Irlands Bank: Der Bart von Co-Trainer Roy Keane kann mit Alexander Solschenyzin mithalten, sein Buch nicht ganz.
(Foto: imago/ZUMA Press)
Falls Ihnen der Name Roy Keane nichts sagt: Stellen Sie sich einfach eine Kneipenschläger-Version von Gernot Hassknecht vor. Als Fußballer war Keane brillant, als Mensch eine Zumutung. Er brachte es 2001 fertig, seinem Gegenspieler Alf Inge Haaland mit voller Absicht das Knie kaputt zu treten (für ganz Hartgesottene geht es hier zum Videobeweis), ihn danach übel zu beschimpfen – und all das in seiner Biographie zuzugeben, ohne ein Wort der Entschuldigung oder Reue. Das Vergehen Haalands: Er hatte es einige Jahre zuvor gewagt, Keane, der sich mit gerissenem Kreuzband am Boden wand, Schauspielerei zu unterstellen. Weil der 67-fache irische Nationalspieler in diesen Tagen seine zweite Biographie vorgelegt hat, labt sich der Boulevard an neuen Räuberpistolen. Unter anderem brüstet sich Keane damit, in seiner Zeit bei Manchester United seinem viel größeren Torwart Peter Schmeichel bei einer Schlägerei auf einem Hotelzimmer einen Kopfstoß verpasst zu haben. Wie der Kampf ausging, daran kann sich Keane angeblich nicht erinnern: "Ich war einfach zu besoffen."
Warum das alles erwähnenswert ist? Nun, dieser Mann hat einen Job beim irischen Verband bekommen. Beim selben Verband, der ihn 2002 aus dem WM-Team schmiss. Der "Saipan Incident" gehört in Irland zur Popkultur, die Schimpftirade Keanes gegen den damaligen Trainer Mick McCarthy ist legendär. Für alle Liebhaber etwas derberer Sprache, hier die überlieferte Version:"Mick, you're a liar … you're a fucking wanker. I didn't rate you as a player, I don't rate you as a manager, and I don't rate you as a person. You're a fucking wanker and you can stick your World Cup up your arse. The only reason I have any dealings with you is that somehow you are the manager of my country! You can stick it up your bollocks."
Der irische Verband bot Keane übrigens angeblich trotzdem an, er könne die WM spielen, eine reuiges "Sorry!" vorausgesetzt. Keane lehnte ab. Heute sitzt er als Co-Trainer von Martin O'Neill auf Schalke auf der Bank. Wir möchten nicht in der Haut des Vierten Offiziellen stecken.
Quelle: ntv.de