Fußball

"Teilweise wenig seriös" Nagelsmanns Job wird immer komplizierter

Julian Nagelsmann denkt nach.

Julian Nagelsmann denkt nach.

(Foto: picture alliance / Wagner)

Der FC Bayern ist in der Ergebniskrise - und eine Ergebniskrise ist beim FC Bayern immer eine veritable Krise. Vier sieglose Bundesliga-Spiele in Serie, das gab es zuletzt vor 20 Jahren. Entsprechend wird geredet. Auch über Trainer Julian Nagelsmann.

Während sich der FC Bayern in einer starken Champions-League-Gruppe bislang keine Blöße gegeben hat, ist im Liga-Alltag mächtig Sand im Getriebe des deutschen Rekordmeistes. Nach drei Remis setzte es am Wochenende eine 0:1-Pleite beim FC Augsburg. Kein Wunder, dass kritische Stimmen an Coach Julian Nagelsmann nicht leiser werden.

Dass der FC Bayern erstmals seit 20 Jahren vier Bundesliga-Partien in Folge sieglos bestritt, setzte Coach Julian Nagelsmann sichtlich zu. "Ich denke über alles nach. Über mich, über die Situation, über alles", gab der 35-Jährige auf der Pressekonferenz im Anschluss vielsagend zu Protokoll. Klar ist: "Es muss sich viel ändern."

"Kritisch auseinandersetzen"

Kein Wunder, der Gegenwind nimmt deutlich zu, der Ton der Klubführung wird rauer. "Wir werden dem Ganzen auf den Grund gehen", sagte Bayerns Vorstandsboss Oliver Kahn am Sonntag gegenüber "Sport1". Man beschäftige sich "jetzt nicht mit irgendwelchen anderen Trainern, wir sind von Julian total überzeugt." Die Länderspielpause solle aber nun intensiv genutzt werden, "um in die Analyse zu gehen" und um sich "auch kritisch auseinanderzusetzen".

Das 2:0 unter der Woche über den FC Barcelona mit dem abgewanderten Titelgaranten Robert Lewandowski war ein kurzer Stimmungsaufheller. Doch Kapitän Manuel Neuer hatte schon nach dem zweiten Sieg gegen einen europäischen Hochkaräter, nach dem Auftakterfolg gegen Inter Mailand, vor den Alltagsaufgaben gewarnt: "Wir dürfen jetzt nicht übertreiben, wir haben jedes Spiel in der Champions League gewonnen. Gegen Inter und Barcelona hatten wir Räume und Platz, wie man auch an unserem zweiten Tor sehen", sagte der Torwart bei Amazon Prime. "Gegen Mannschaften, die hinten kompakt stehen, müssen wir es jedoch wieder besser machen. Da wartet jetzt mit dem FC Augsburg ein solcher Gegner auf uns." Gegen Augsburg reichte es nicht einmal zu einem Tor, auch, weil Augsburgs Torwart Rafal Gikiewicz in der Nachspielzeit einen Kopfball Neuers mit einer Glanztat entschärfte.

Bayern-Boss Kahn lieferte die Gründe in einer Blitzanalyse - mit deutlicher Kritik an der Mannschaft: "Ich denke, dass wir uns eine Fülle an Möglichkeiten herausarbeiten und viel zu wenige Tore machen. Es gelingt uns einfach nicht, zum Schluss den Punch zu machen. Immer wieder kann der Gegner klären, immer wieder ist der letzte Pass zu schlampig gespielt, immer wieder fehlt es in letzter Konsequenz an der nötigen Konzentration." Sportvorstand Hasan Salihamidžić sagte, dass es nun "keine Ausreden mehr gibt."

Salihamidžić hatte Nagelsmann zuvor noch zugestanden, dass der 34-Jährige "gerade seinen Stil findet. So einen Kader hat er noch nicht gehabt". Sein Trainer, den man vor der letzten Saison für die kolportierte Rekordablöse von bis zu 25 Millionen Euro von RB Leipzig geholt hatte, befinde sich noch in einem "Lernprozess". Doch Lernprozesse, die müssen beim FC Bayern traditionell schneller zu Ergebnissen führen als in anderen Ausbildungsbetrieben.

"Kein gutes Jahr für den FC Bayern"

Schon die vergangene Saison verlief für die gehobenen Ansprüche des FC Bayern überaus enttäuschend: Zweitrunden-Aus im DFB-Pokal, eine den Verein erschütternde Viertelfinal-Pleite gegen den FC Villarreal in der Champions League und die deutsche Meisterschaft als einzigem Titel. Es war trotz des ersten wichtigen Titels in der Laufbahn Julian Nagelsmanns kein gutes Jahr für den FC Bayern. "Ein Aus gegen Villarreal im Viertelfinale spiegelt nicht die Erwartungshaltung des FC Bayern und seiner Fans wider", ätzte der ehemalige Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge seinerzeit in der "Bild"-Zeitung.

Der "Kicker" berichtet derweil, dass auch aus dem Team immer mehr kritische Stimmen an Nagelsmann zu vernehmen sind. "Bedingungslos" ist der Rückhalt wohl nicht mehr, heißt es. Führungsstil und Kommunikation würden dem Übungsleiter angekreidet, einige Reaktionen "teilweise als wenig seriös gewertet". Die Reaktion auf die erneute Nachfrage nach dem Fehlen einer "echten Neun" legte das dünne Nervenkostüm endgültig frei: "Es ist doch wurscht, was ich antworte", bockte Nagelsmann. "Was macht es, wenn ich sage: Nein. Und was macht es, wenn ich sage: Ja. Wir haben die klassische Neun mit Choupo-Moting heute eingewechselt und einen anderen haben wir nicht. Es ist doch eigentlich egal, was ich jetzt antworte. Wenn ich Nein sage, dann heißt es: 'Er erkennt das Problem nicht'. Wenn ich Ja sage, dann schreiben alle: 'Er vermisst Lewandowski'."

(Dieser Artikel wurde am Montag, 19. September 2022 erstmals veröffentlicht.)

Quelle: ntv.de, ter

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