Blatter bleibt Fifa-Chef - vorerst Platinis Palastrevolution war nur Theater
29.05.2015, 21:41 Uhr
Bien joué? Joseph Blatter und Michel Platini nach der Wahl in Zürich.
(Foto: REUTERS)
Uefa-Chef Michel Platini stellte sich vor aller Welt gegen Joseph Blatter. Eine Kampfkandidatur gegen den alten und nun neuen Fifa-Präsidenten wollte er nicht. Und doch kämpft Platini bereits; um Anerkennung, die er im Jahr 2019 ernten kann.
Wer eine Revolution anzettelt, kann dies aus zwei Gründen tun: Weil die Abscheu für das Bestehende so stark ist, dass es nicht mehr auszuhalten ist. Oder, weil ein schneller Umsturz wahrscheinlich ist, da die Mehrheit die eigenen Ziele unterstützt. Uefa-Boss Michel Platini hat aus keinem der beiden Gründe gehandelt. Er stellte sich im Zuge der Fifa-Korruptionsaffäre trotzdem öffentlich gegen Fifa-Präsident Joseph Blatter. Seine Motivation war wohl: mehr Macht. Seine Tränen: Theater.
Was das Geld und die Bedeutung der Ligen betrifft, mag die Uefa der wichtigste Kontinentalverband innerhalb der Fifa sein. Bei Entscheidungen des Kongresses, wie der Präsidentschaftswahl, sind es die Europäer nicht. 209 nationale Fußballverbände sind Mitglieder der weltweiten Organisation, 54 davon kommen aus Europa. Als Platini ankündigte, die Uefa empfehle ihren Mitgliedern, die Abstimmung zu boykottieren und eine Verschiebung der Präsidentschaftswahl um sechs Monate forderte, sah er den Wechsel greifbar nahe.
Am nächsten Tag sprachen ein paar nationale europäische Verbände und Platini mit Blatter, legten ihm den sofortigen Rücktritt nahe. Der weigerte sich jedoch, und danach war von Boykott keine Rede mehr - sondern von Voten für den jordanischen Gegenkandidaten Prinz Ali bin al-Hussein. Da hatten die Uefa und Platini den Kampf schon verloren. Zu lange hatte Blatter die Strippen gezogen, seit seinem Antritt 1998 zu viele Interessen unterschiedlicher Nationalverbände bedient und sich so langfristige Unterstützung gesichert.
Handschlag zum Sieg
Prinz Ali erzielte ein zwar respektables Ergebnis, aber der Schweizer trug den Sieg in Zürich wie erwartet davon und kündigte als Teil seiner Dankesworte sogleich an, er werde am Ende seiner Amtszeit im Jahr 2019 an einen Nachfolger übergeben. Blatter ist in vier Jahren 83 Jahre alt, schon jetzt wirkt er teilweise fahrig. Auch Platini bleibt das nicht verborgen. Der Franzose gratulierte seinem Freund; beide lächelten vertraut, als sie sich die Hand gaben.
Der Uefa-Chef hat sich in den vergangenen Tagen gerade wegen der Wiederwahl Blatters in eine exzellente Position manövriert. Bereits nach dessen Weigerung, sofort zu gehen, wusste Platini, dass sein Aufstand nicht zur Niederlage Blatters führen würde. Zugleich präsentierte er sich als meinungs- und führungsstark, weil die meisten europäischen Nationalverbände der Empfehlung der Uefa folgten. Unterstützte der in Afrika und Asien beliebte Schweizer bei der kommenden Wahl nun den Uefa-Chef, wäre das ein Trumpf.
Platinis Palastrevolution war wohl nur Theater, um seinen Machtanspruch zu demonstrieren. Ob das alles so geplant war, sei dahingestellt. Möglich ist auch, dass der Franzose plötzlich merkte, dass die Kooperation mit Blatter trotz der mutmaßlichen, jahrzehntelangen Korruption sicherer an die Spitze der Fifa führen wird, als eine schnelle Entscheidung um jeden Preis. Platini kann warten - und in vier Jahren statt auf einen Umsturz auf eine wohlgeplante Ablösung mit ihm als Sieger hoffen.
Quelle: ntv.de