Kampf um Europa weiter offen Spektakel in Wolfsburg, Hertha desolat
13.06.2020, 17:35 Uhr
Weghorst trifft mit Turban, muss aber trotzdem eine 2:0-Führung gegen Freiburg aus der Hand geben.
(Foto: Joachim Sielski/Sielski-Press/POOL/Sielski)
Der Labbadia-Effekt verpufft: Hertha verliert das zweite Spiel in Folge und geht im Olympiastadion gegen Frankfurt baden. Wolfsburg verpasst Big Points im Kampf um die Europa League gegen resistente Freiburger. Union Berlin siegt in Köln - und macht einen Riesenschritt in Richtung Klassenerhalt.
Hertha BSC - Eintracht Frankfurt 1:4 (1:0)
Eintracht Frankfurt hat das Halbfinal-Aus im DFB-Pokal gut verkraftet und sich in der Fußball-Bundesliga von letzten Abstiegssorgen befreit. Drei Tage nach der Pokal-Niederlage bei Bayern München gewannen die Hessen bei Hertha BSC 4:1 (0:1) und zogen in der Tabelle an den Berlinern vorbei. Beide Teams haben im Kampf um die Europa-League-Qualifikation nur Außenseiterchancen. Der Aufschwung der Hertha unter Trainer Bruno Labbadia ist derweil vorerst beendet.
Die Blau-Weißen, die nach der Roten Karte für Dedryck Boyata (45., Notbremse) die zweite Hälfte in Unterzahl bestritten, kassierten die zweite Niederlage nacheinander. Angreifer Krzysztof Piatek (24.) brachte Hertha BSC nach einer gelungenen Einzelaktion in Führung. Bas Dost (51.), Andre Silva (62., 87.) und Evan N'Dicka (68.) drehten das Spiel für Frankfurt. Labbadia baute seine Formation auch aufgrund von Verletzungen um, unter anderem fehlte der am Pfeifferschen Drüsenfieber erkrankte Maximilian Mittelstädt. Dafür kamen Arne Maier und Piatek zum Startelfdebüt unter Labbadia, der das Team in der Corona-Zwangspause übernommen hatte. Auf der Gegenseite rotierte Adi Hütter kräftigt und nahm gleich sieben Änderungen vor.
In einem sehr körperbetonten Duell hatte Hertha BSC zunächst Mühe. Die Labbadia-Elf legte eine harte Gangart an den Tag, fand im Spielaufbau aber kaum Lösungen gegen die gut organisierten Gäste. Hertha behalf sich vieler Sicherheitspässe, das Tempo fehlte, auch das Zusammenspiel zwischen den Angreifern Vedad Ibisevic und Piatek stimmte noch nicht.
Boyata sieht Rot
Die Eintracht stand im Mittelfeld kompakt und war nach Balleroberungen um schnelles Umschalten bemüht. Allerdings waren die Hessen dabei zu unpräzise. Auch bei ruhenden Bällen fehlte die Genauigkeit: Filip Kostic (14.) zielte bei einem Freistoß von der Strafraumkante etwas zu hoch.
Besser machte es zehn Minuten später Piatek auf der Gegenseite. Der Pole setzte sich im Strafraum gegen drei Frankfurter durch und traf zur schmeichelhaften Führung. Frankfurt brachte das Gegentor nicht aus dem Konzept. Die Gäste blieben in den Zweikämpfen dominant und drängten auf den Ausgleich.
Die größte Chance auf das Tor verwehrte der Eintracht der Videobeweis: Nach Boyatas Foul an Dost hatte Schiedsrichter Robert Hartmann zunächst auf den Elfmeterpunkt gezeigt, die Entscheidung aber kurz darauf korrigiert. Den folgenden Freistoß verzog Kostic knapp, für Boyata war das Spiel vorzeitig beendet. Nach dem Seitenwechsel zog sich Hertha früh in die eigene Hälfte zurück - und wurde für die Passivität prompt bestraft. Auch nach dem Ausgleich kamen die Blau-Weißen kaum zu Entlastungsangriffen. Frankfurt bestimmte das Geschehen und belohnte sich mit sehenswert herausgespielten Toren.
VfL Wolfsburg - SC Freiburg 2:2 (2:1)
Der VfL Wolfsburg hat eine große Chance verpasst, sich im Rennen um die Europa-League-Plätze vielleicht schon entscheidend abzusetzen. Gegen den direkten Konkurrenten SC Freiburg spielten die Niedersachsen nach einer 2:0-Führung nur 2:2 (2:1). Kurz vor und kurz nach der Pause glichen die Freiburger Lucas Höler (43. Minute) und Roland Sallai (46.) die beiden Tore von Wout Weghorst (14. /27./Foulelfmeter) noch aus. Nach einer Stunde hatten die Gäste sogar die große Chance auf einen Sieg, doch Wolfsburgs Kevin Mbabu klärte nach einem Schuss von Philipp Lienhart noch kurz vor der Torlinie (61.).
Drei Spieltage vor dem Saisonende haben die "Wölfe" zwar weiterhin die besten Chancen, erneut in die Europa League einzuziehen. Denn sie bleiben trotz dieser Enttäuschung auf dem sechsten Tabellenplatz, der den direkten Weg nach Europa ohne den Umweg der Qualifikationsspiele bedeutet. Allerdings beträgt der Vorsprung auf den Tabellensiebten TSG Hoffenheim und den Tabellenachten Freiburg nur drei und vier Punkte. Hätte der VfL seine Führung über die Zeit gebracht, wäre er seinen beiden Konkurrenten auf fünf und sieben Zähler enteilt.
Freiburg holt Zwei-Tore-Rückstand auf
Großer Pechvogel der Wolfsburger war zudem Stürmer Daniel Ginczek, dem in der ersten Halbzeit gleich zwei Tore nach dem Einsatz des Videobeweises aberkannt wurden. In der 22. Minute stellte Schiedsrichter Bastian Dankert beim Blick auf seinen Bildschirm nicht nur fest, dass Gincezk bei seinem ersten Treffer im Abseits stand, sondern dass es im Strafraum auch ein Foul des Freiburgers Nicolas Höfler gab. Also annullierte er das Tor, gab aber Elfmeter - und den verwandelte Weghorst (27.) zum scheinbar sicheren 2:0. Wieder nur eine Minute später schien Gincezk mit dem 3:0 schon alles klar gemacht zu haben, doch wieder gab der Videoassistent dem Schiedsrichter ein Zeichen. Diesmal hatte sich der VfL-Stürmer selbst an die Fingerspitzen geköpft - auch das Tor zählte nicht.
Das hielt Freiburg im Spiel - und wie! In der 33. Minute vergab der Ungar Roland Sallai zunächst noch eine große Chance. Doch kurz vor und kurz nach der Pause holte der Sport-Club seinen Zwei-Tore-Rückstand auf einmal auf. Vor allem das Tor zum 2:2 wäre aber ohne große Wolfsburger Hilfe nicht gefallen, denn Verteidiger Marin Pongracic trat im Strafraum einfach über den Ball.
Kurz nach den beiden Gegentreffern hatte der VfL jeweils die Chance zur direkten Antwort, doch Weghorst (44.) und Josip Brekalo (52.) vergaben zwei gute Möglichkeiten. Es waren die letzten für die Gastgeber. Wolfsburg war zwar trotz des Schocks der verspielten Führung weiter die optisch überlegene Mannschaft. So nah wie die Freiburger bei der Großchance durch Lienhart und einer weiteren guten Möglichkeit für Nils Petersen (76.) kamen sie dem 3:2 aber nie. Es bleibt dabei: Die "Wölfe" können seit der Corona-Pause im eigenen Stadion nicht mehr gewinnen. Drei Auswärtssiegen stehen nun zwei tatsächliche und diese gefühlte Heimniederlage entgegen. Außerdem ist das Restprogramm mit Spielen in Mönchengladbach schon am Dienstag bei Schalke 04 und gegen den FC Bayern München nicht einfach. Bei den Freiburgern dagegen läuft es: Erst der Sieg gegen Gladbach, dann der Geburtstag und die Vertragsverlängerung von Trainer Christian Streich - und jetzt dieser Erfolg der Moral. Die fünfte Europacup-Teilnahme der Vereinsgeschichte bleibt so weiter möglich.
1. FC Köln - Union Berlin 1:2 (0:1)
Union Berlin hat den Bann im Abstiegskampf gebrochen und darf nun beinahe schon für die nächste Saison in der Fußball-Bundesliga planen. Im Aufsteigerduell beim 1. FC Köln feierten die Köpenicker mit 2:1 (1:0) ihren ersten Sieg seit Ende Februar, drei Spiele vor Schluss wuchs der Abstand auf die Abstiegszone damit auf komfortable sieben Zähler an. Für die punktgleichen Kölner setzte sich der Sinkflug seit der Coronapause indes ungebremst fort.
Seit der Unterbrechung hat die Mannschaft von Trainer Markus Gisdol nicht gewonnen, am Samstag sorgten die Berliner Marvin Friedrich (39.) und Christian Gentner (67.) dafür, dass es so bleibt. Jhon Cordoba (90.+2) erzielte den Treffer zum Endstand. Dank des starken Zwischenspurts nach der Gisdol-Verpflichtung im Winter sind die Abstiegssorgen in Köln dennoch überschaubar. Noch vor dem Spiel hatte Gisdol von einem Gefühl berichtet, dass er bei der Arbeit mit seinem Team zuletzt hatte. Dieses wolle "den Sack zumachen", endlich wieder siegen, um auch die letzten Zweifel zu zerstreuen.
Doch beide Mannschaften schleppten ihre Negativ-Serien mit auf den Rasen, das war gerade in der Anfangsphase zu erkennen. Bemüht, Fehler zu vermeiden, wirkten FC und Union uninspiriert. Köln schaffte es nicht, das Spiel zu gestalten, die ersten Chancen des Spiels boten sich Berlin nach Ballverlusten der Gastgeber: Marcus Ingvartsen (5.) und Sebastian Andersson (21.) verfehlten jeweils das Tor von Timo Horn.
Gentner trifft gegen Lieblingsgegner
Wenig später war Köln der Führung ganz nahe. Nach einem Freistoß des insgesamt schwachen Mark Uth scheiterte Rafael Czichos an Union-Torwart Rafal Gikiewicz. Die Großchance weckte den FC aber nicht auf.
Denn Köln hatte zwar häufiger den Ball, Union blieb tendenziell aber gefährlicher: Nach einer halben Stunde nahm Schiedsrichter Martin Petersen (Stuttgart) einen Handelfmeter nach Ansicht der Videobilder noch zurück (33.), sechs Minuten später war Friedrich nach einer Ecke per Kopf erfolgreich. Der Gast ging verdient in Führung.
In der Pause stellte Köln daraufhin um, stellte Uth und Jhon Cordoba in Anthony Modeste einen weiteren Stürmer zur Seite. Und der FC baute nun erstmals Druck auf. Modeste (50.) verfehlte per Kopf, Cordoba verpasste eine gefährliche Flanke haarscharf (55.), Florian Kainz (61.) zwang Gikiewicz zur nächsten starken Parade. Effizient war aber weiterhin nur der Gast, wie schon bei der Führung nutzte Berlin eine Ecke: Gentner stand nach einer zu kurzen Klärung plötzlich völlig frei, verarbeitete den Ball stark und blieb vor Horn ruhig. Köln bleibt damit so etwas wie der Lieblingsgegner des langjährigen Stuttgarters, es war Gentners sechstes Ligator gegen die Geißböcke - gegen keine andere Mannschaft traf er so häufig.
Quelle: ntv.de, dbe/sid