Sponsoren ziehen sich zurück Unter großem Druck gibt Katar Ausbeutung zu
07.04.2022, 10:29 Uhr
Das Logo der WM in Katar.
(Foto: Darko Bandic/AP/dpa)
Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International halten den Druck auf WM-Gastgeber Katar hoch. Ein neuer Bericht wirft dem Emirat schwere Menschenrechtsverletzungen vor. Die Organisatoren reagieren und geben die Ausbeutung von Arbeitern zu. Die Schuld schieben sie aber privaten Firmen zu.
Nach erneuten Vorwürfen von Amnesty International haben die WM-Organisatoren in Katar die Ausbeutung von Arbeitern im Zusammenhang mit Fußball-Turnieren in dem Land zugegeben. Die Menschenrechtsorganisation hatte zuvor einen Bericht veröffentlicht und privaten Sicherheitsfirmen in Katar darin die Ausbeutung von Arbeitsmigranten vorgeworfen.
Diese seien "schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen" ausgesetzt, die "teilweise Zwangsarbeit" entsprächen, teilte Amnesty am Mittwoch mit. So hätten Arbeiter gegen ihren Willen und unter Androhung von Strafen Arbeit verrichten müssen. "Manche von ihnen mussten bis zu 84 Wochenstunden arbeiten - und das mit dem Wissen der katarischen Regierung", kritisierte die Menschenrechtsorganisation.
Drei Firmen hätten sich in mehreren Bereichen nicht an Regeln gehalten, hieß es daraufhin in der Stellungnahme der WM-Organisatoren aus Katar. Betroffen waren demnach private Sicherheitsfirmen, die bei der Klub-WM und dem Arabien-Pokal eingespannt waren.
"Von Januar bis Januar, von Sonntag bis Sonntag"
"Diese Verstöße waren absolut inakzeptabel und haben zu einer Reihe von Maßnahmen geführt, darunter das Platzieren von Auftragnehmern auf Beobachtungslisten oder schwarzen Listen, um zu verhindern, dass sie bei zukünftigen Projekten arbeiten - inklusive der FIFA Weltmeisterschaft - bevor diese Auftragnehmer dem Arbeitsministerium für weitere Untersuchungen und Strafen gemeldet wurden", hieß es demnach.
Amnesty berief sich für den neuen Bericht auf Gespräche mit Personal von acht Sicherheitsfirmen. Darin beklagen Mitarbeiter, ihnen würden freie Tage und Urlaub vorenthalten. "Wir arbeiten von Januar bis Januar, von Sonntag bis Sonntag, kein freier Tag", zitiert die Organisation einen Wachmann aus Uganda. Anderen Mitarbeitern sei der Lohn gekürzt worden, wenn sie wegen Krankheit nicht arbeiten konnten.
Mindestens drei Firmen hätten Sicherheitspersonal an WM-Projekte und Veranstaltungen des Weltverbands FIFA ausgeliehen, hieß es. Auch hier seien einige der Wachmänner Zwangsarbeit ausgesetzt gewesen. "Unsere Erkenntnisse zeigen erneut, dass die katarische Regierung nicht ernsthaft darum bemüht ist, ihre eigenen Gesetze umzusetzen und diejenigen zur Rechenschaft zu ziehen, die sie brechen", erklärte die Amnesty-Expertin für den Nahen Osten, Katja Müller-Fahlbusch.
Sponsoren ziehen sich zurück
Dem reichen Emirat werden immer wieder die Ausbeutung von Arbeitsmigranten und andere Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen. Katars Regierung weist die Vorwürfe zurück und führt dabei Reformen an. So sei das Kafala-System abgebaut worden. Dieses bindet ausländische Arbeiter fest an einen einheimischen Bürgen wie einen Arbeitgeber und öffnet Ausbeutung häufig Tür und Tor. In Katar können Migranten laut Gesetz ohne Zustimmung ihres Arbeitgebers nicht ausreisen oder den Job wechseln. Menschenrechtler kritisieren, offiziell sei das Kafala-System zwar abgeschafft, "de facto" aber noch da.
Die Fußball-WM beginnt am 21. November und geht bis zum 18. Dezember. Als Reaktion auf Menschenrechtsverletzungen waren in den vergangenen Monaten immer wieder Rufe nach einem Boykott laut geworden. Ein sportlicher Boykott ist nicht zu erwarten, doch einige Sponsoren haben ihr Fernbleiben angekündigt. So verzichtet der Hauptsponsor der niederländischen Fußball-Nationalmannschaft auf einen Auftritt bei der WM. "Die Menschenrechtslage im Land ist der Grund, warum wir dieses Mal nichts machen", sagte ein Sprecher der Bank ING der Tageszeitung "De Telegraaf".
Demnach verzichtet das Unternehmen auf den Kauf von Eintrittskarten für Mitarbeiter und Gäste. Auch weitere Sponsoren wie die Supermarktkette Albert Heijn, KPN, die niederländische Lotteriegesellschaft Loterij und die Krypto-Börse Bitvavo werden nicht anwesend sein in Katar. Der Schriftzug ING wird aber weiter auf den Shirts der niederländischen Mannschaft zu sehen sein, den Fokus will der Konzern auf die Frauen-Nationalmannschaft während der EM im Sommer legen.
Quelle: ntv.de, sue/dpa