Fußball

Özil schweigt zehn Wochen Vom Erdogan-Foto bis zum Rücktritt

Nach mehr als zwei Monaten bricht Mesut Özil sein Schweigen.

Nach mehr als zwei Monaten bricht Mesut Özil sein Schweigen.

(Foto: picture alliance/dpa)

Mehr als zwei Monate vergehen nach dem Treffen mit dem türkischen Staatspräsidenten Erdogan, ehe sich Özil dazu äußert. Er tritt aus der DFB-Elf zurück und kritisiert den Verband. Zuvor versuchen Löw, Bierhoff und Co. die Debatte zu beenden.

13. Mai: Mesut Özil und Ilkay Gündogan treffen den türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan. Fotos der Spieler mit dem umstrittenen Politiker gehen um die Welt. Erdogan erhält Vereins-Trikots der beiden deutschen Nationalspieler, Gündogans trägt die Widmung "Für meinen Präsidenten, hochachtungsvoll".

Özil überreicht Erdogan sein Arsenal-Trikot.

Özil überreicht Erdogan sein Arsenal-Trikot.

(Foto: dpa)

14. Mai: DFB-Präsident Reinhard Grindel twittert: "Der DFB respektiert und achtet selbstverständlich die besondere Situation unserer Spieler mit Migrationshintergrund. Aber der Fußball und der DFB stehen für Werte, die von Herrn Erdogan nicht hinreichend beachtet werden. Deshalb ist es nicht gut, dass sich unsere Nationalspieler für seine Wahlkampfmanöver missbrauchen lassen. Der Integrationsarbeit des DFB haben unsere beiden Spieler mit dieser Aktion sicher nicht geholfen."

Gündogan stellt klar: "Es war nicht unsere Absicht, mit diesem Bild ein politisches Statement abzugeben, geschweige denn Wahlkampf zu machen." Im Gegensatz dazu schweigt Özil.

15. Mai: Bundestrainer Joachim Löw beruft Özil und Gündogan in den vorläufigen WM-Kader, kritisiert aber beide Spieler: "Das war keine glückliche Aktion. Wenn man für Deutschland spielt, dann vertritt man das Land und die deutschen Werte." Dennoch sei ein Verzicht der beiden für die WM "zu keiner Sekunde" Thema gewesen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel lässt von ihrem Regierungssprecher ausrichten: Es sei eine Situation gewesen, "die Fragen aufwarf und zu Missverständnissen einlud".

Özil nicht zu nominieren, stand für Löw nicht zur Debatte.

Özil nicht zu nominieren, stand für Löw nicht zur Debatte.

(Foto: imago/East News)

19. Mai: Özil und Gündogan treffen sich mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. Der schreibt anschließend bei Facebook: "Heimat gibt es auch im Plural. Ein Mensch kann mehr als eine Heimat haben und neue Heimat finden. Das hat die Bundesrepublik für Millionen von Menschen bewiesen und es hat uns bereichert." Gleichzeitig nimmt er die Spieler in Schutz: "Mesut Özil hat mir heute gesagt: 'Ich bin hier aufgewachsen und stehe zu meinem Land.'"

24. Mai: Löw erklärt das Erdogate für beendet: "Beide Spieler kamen auf uns zu und wollten es mit uns klären. Mir war es recht, gerade vor Beginn des Trainingslagers. Beide Spieler wollten uns klarmachen, dass es keine politische Botschaft war. Es war die Idee von Ilkay, den Bundespräsidenten zu besuchen. Daher sind diese Dinge besprochen und für mich geklärt."

2. Juni: Beim Länderspiel in Klagenfurt gegen Österreich (1:2) pfeift das Publikum Özil und Gündogan aus. Thomas Müller verteidigt sie: Beide seien ein "wichtiger Teil unseres Teams".

5. Juni: Die Debatte schwelt weiter, Gündogan äußert sich erneut: "Die Reaktionen haben mich getroffen, vor allem auch die persönlichen Beleidigungen. Weil ich schon der Meinung bin, dass einige Vorwürfe, die jetzt gegen Mesut und mich aufgekommen sind, nicht zu 100 Prozent stimmen." Zudem erklärt er noch einmal das Geschehene: "Wir haben aufgrund unserer türkischen Wurzeln noch einen sehr starken Bezug zur Türkei. Das heißt aber nicht, dass wir jemals behauptet hätten, Herr Steinmeier sei nicht unser Bundespräsident oder Frau Merkel nicht unsere Bundeskanzlerin. Deshalb war es auch nie ein Thema, ein politisches Statement zu setzen."

Bierhoff will die Debatte zwangsweise beenden.

Bierhoff will die Debatte zwangsweise beenden.

(Foto: imago/ULMER Pressebildagentur)

7. Juni: Nationalmannschafts-Manager Oliver Bierhoff will die Debatte beenden: "Was hätten wir noch mehr machen sollen? Ich bin der Meinung, wir haben sehr viel gemacht - und jetzt reicht es dann auch."

8. Juni: Beim Länderspiel gegen Saudi-Arabien in Leverkusen (2:1) wird Gündogan bei seiner Einwechslung ausgepfiffen.

12. Juni: Özil äußert sich weiterhin nicht zu dem Treffen und lässt verkünden, dass er es auch künftig nicht tun wird. Bierhoff erklärt dazu: "Mündig heißt ja, dass man selbst entscheidet und verantwortet, wie man reagiert. Und das tut Mesut. Ob es in diesem Fall richtig und gut für ihn ist, steht auf einem anderen Blatt."

17. Juni - 27. Juni: Das DFB-Team bestreitet bei der WM drei Vorrundenspiele gegen Mexiko, Schweden und Südkorea - und scheitert am Einzug ins Achtelfinale. Das WM-Aus des Titelverteidigers ist besiegelt. Özil steht gegen Mexiko und Südkorea in der Startelf, Gündogan wird gegen Schweden eingewechselt.

5. Juli: Nachdem Bierhoff am 12. Juni die Causa Özil beenden wollte, äußert er sich selbst im "Welt"-Interview kritisch gegenüber dem 29-Jährigen: "Wir haben Spieler bei der deutschen Nationalmannschaft bislang noch nie zu etwas gezwungen, sondern immer versucht, sie für eine Sache zu überzeugen. Das ist uns bei Mesut nicht gelungen. Und insofern hätte man überlegen müssen, ob man sportlich auf ihn verzichtet."

 6. Juli: Nur einen Tag später rudert er zurück - diesmal in der "Bild"-Zeitung: "Es tut mir leid, dass ich mich da offenbar falsch ausgedrückt habe und diese Aussagen missinterpretiert werden. Sie bedeuten in keinem Fall, dass es im Nachhinein falsch gewesen sei, Mesut mitzunehmen."

8. Juli: Özils Vater Mustafa ist empört über Bierhoffs Aussagen, er kontert in der "Bild am Sonntag": "Diese Aussage ist eine Frechheit. Sie dient meiner Meinung nach nur dazu, die eigene Haut zu retten."

Grindel, der Özil und Gündogan schon im Mai kritisierte, fordert nun im "Kicker" ein Statement von Özil: "Es stimmt, dass sich Mesut bisher nicht geäußert hat. Das hat viele Fans enttäuscht, weil sie Fragen haben und eine Antwort erwarten. Diese Antwort erwarten sie zu Recht. Deshalb ist für mich völlig klar, dass sich Mesut, wenn er aus dem Urlaub zurückkehrt, auch in seinem eigenen Interesse öffentlich äußern sollte." Zudem sieht er die Nationalmannschaftskarriere Özils in Gefahr: "Daneben müssen wir die sportliche Analyse abwarten und schauen, ob Joachim Löw weiter mit ihm plant."

22. Juli: Özil gibt seinen Rücktritt aus der Nationalmannschaft bekannt: "Mit schwerem Herzen und nach langer Überlegung werde ich wegen der jüngsten Ereignisse nicht mehr für Deutschland auf internationaler Ebene spielen, solange ich dieses Gefühl von Rassismus und Respektlosigkeit verspüre." Zudem greift er unter anderem den DFB an, beschuldigt Grindel des Rassismus.

Quelle: ntv.de, ara/dpa

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