Schwierige Rückkehr zum BVB Wehe, Herr Götze liefert nicht
21.07.2016, 13:38 Uhr
Wehe, wenn er nicht liefert...
(Foto: imago sportfotodienst)
Borussia Dortmund holt Mario Götze zurück. Etwa 25 Millionen Euro überweist der BVB an den FC Bayern. Ganz schön viel Geld für einen, der sportlich zuletzt nur ganz selten überzeugen konnte – und bei den Fans sehr, sehr umstritten ist.
Herr Götze sucht das Glück. In Dortmund vermutet er es. Bei der Borussia. Also packt er seine Sachen, schnürt seine Schuhe und stampft zurück nach Dortmund. Nun gibt's sicher eine ganze Menge Menschen im Land, die nicht unbedingt vermuten, dass das Ruhrgebiet der Hort der Glückseligkeit ist. Mag sein, dass es sich an den deutschen Küsten oder in den Bergen entspannter lebt. Das Blöde ist aber: Herr Götze ist Fußballprofi. Und er möchte gerne weiter in der Bundesliga spielen. Am liebsten ganz oben. Doch für dieses Jobprofil gibt's nur sehr, sehr wenige Arbeitsplätze. Einen zum Beispiel jetzt in Dortmund. Wie passend, dass er den bereits bestens kennt. Bis vor drei Jahren spielt er im Pott, glücklich und gut, ehe es ihn nach München zog, wo er trotz 60 Scorerpunkten (36 Tore, 24 Assists) in 114 Pflichtspielen nicht so glücklich war und zuletzt auch nicht mehr so gut.
Nun also zurück zum Glück – oder nicht? Na, wenn das mal so einfach wäre. Götze jedenfalls glaubt dran. Und der BVB auch. Sonst hätte er sicher nicht 25 Millionen Euro nach München überwiesen, um den kleinen Dribbler erneut unter Vertrag zu nehmen. Zu schön sind die Erinnerungen an das wilde Angriffsgewirbel Götzes mit den Kollegen Shinji Kagawa, Marco Reus, Nuri Sahin (alle noch beziehungsweise wieder da) und Robert Lewandowski. Aber eine Erinnerung ist eine Erinnerung. Sie kann schön sein, aber auch schön schmerzhaft. Und manchmal ist es besser, die romantische Vergangenheit ruhen zu lassen. Vor allem, wenn es um die Liebe geht.
Echte Liebe wird zu echtem Hass
Und die hat Mario Götze beim BVB seit seinem Debüt als 17-Jähriger am 21. November 2009 immer erfahren. Muss ja auch so sein. Denn der Klub wirbt ja vehement angestrengt mit der echten Liebe. Fast vier Jahre hat das Fußball-Wunderkind sie erfüllt, hat die Fans verzaubert. Wenn "Spieltach" war, wie sie in Dortmund gerne sagen, liefen tausende Götzes zum Stadion. Das Trikot des mittlerweile 24-Jährigen, es war eines der beliebtesten. Aber so innig die Liebe war, so groß waren Wut, Frust und teilweise sogar Hass, als der Kreativling die Beziehung aufkündigte und zum Erzfeind an der Isar wechselte. Noch brutaler hätte die Fans wohl nur sein Abgang nach Schalke getroffen.
Die Götze-Trikots wurden weggeschmissen, zerrissen, teilweise verbrannt, die Nummer auf dem Rücken durchgestrichen, überklebt. Der Liebling wurde zum geächteten Verräter. Gellende Pfeifkonzerte, Beleidigungen, Schmähungen, Drohungen – es wurde verdammt emotional, wenn der Kerl und seine Ex aufeinandertrafen. So emotional, dass selbst die Kluboberen des BVB die eigene Anhängerschaft zur Mäßigung aufforderten.
Nun also kehrt er zurück und sagt: "Es ist mein Ziel, wieder meinen besten Fußball zu spielen. Für uns alle, den Klub und die BVB-Fans." Dennoch sind die sich in ihrer Begeisterung über den Transfer sehr uneins. Die Freunde des gepflegten Fußballs freuen sich auf einen eigentlich Hochbegabten. Die Anhänger der echten, der angeblich ehrlichen Liebe müllen die sozialen Medien mit ihrer Wut zu. Für Götze wird die Rückkehr in den Signal-Iduna-Park also alles andere als gemütlicher Besuch im heimeligen Wohnzimmer. Ein Teil wird ihn zwar sicher euphorisch feiern, ein anderer aber meckern oder bestenfalls stumm bleiben.
Extrem hohe Erwartungen
Sie alle eint aber eine extrem hohe Erwartung an den verlorenen Sohn. In der tüchtig umgekrempelten und künftig sehr jungen Borussia-Mannschaft fehlt es nach Abgängen von Mats Hummels (FC Bayern), Ilkay Gündogan (Manchester City) und Henrikh Mkhitaryan (Manchester United) noch an Strukturen, die der Mannschaft Halt und Orientierung geben. Ein Typ, der Deutschland vor zwei Jahren zum Weltmeister gemacht hat, darf sich da nicht verstecken. Schon gar nicht, wenn er so viel Geld kostet.
Aber mit dem Verstecken, das hat Götze in den vergangenen zwei Jahren zunehmend besser hinbekommen. Nach seinem Triumph-Tor gegen Argentinien gab's wohl keine fußballerische Aktion mehr, die irgendjemand nachhaltig in Erinnerung geblieben ist, auch wenn das Vergleichsmaß Weltmeistermachertor eigentlich ziemlich unfair ist. Bei den Bayern mit dem fast zynischen Götze-Charmeur Josep Guardiola gelang kaum noch was – und auch nicht mehr beim immer so fürsorglichen Papa Löw in der Nationalmannschaft. Die gerade erst zu Ende gegangene EM in Frankreich darf durchaus als Tiefpunkt seiner jungen Karriere betrachtet werden.
Rund um Götze sind in den vergangenen drei Jahren nach und nach alle Wohlfühlzonen weggebrochen – eine neue will er sich nun wieder beim BVB aufbauen. Dafür muss er allerdings sofort und konstant liefern, so gut, so erfolgreich, so ballschmeichelnd, so beeindruckend wie damals vor 2013. Seine Gegner – und das sind im schwarzgelben Fanlager aktuell nicht sehr wenige – wird er, wenn überhaupt, nur so überzeugen. Herr Götzes Suche nach dem Glück, sie kann endlich wieder erfolgreich sein. Aber wehe, er dümpelt weiter im Münchener Guardiola-Modus durchs Revier ...
Quelle: ntv.de