So läuft das Spiel gegen Frankreich Wenn der Onomastiker alle Zweifel beseitigt
07.07.2016, 17:48 Uhr
Freudentaumel nach dem verwandelten Elfmeter von Jonas Hector im Viertelfinale gegen Italien - ob es heute Abend auch Grund zu Feiern gibt?
(Foto: imago/Laci Perenyi)
Deutschland schlägt Gastgeber Frankreich im Halbfinale der Fußball-Europameisterschaft. Rein wissenschaftlich betrachtet, ist das Ding schon vor Abpfiff durch. Blöd nur: Einen erneuten 7:1-Erfolg gibt’s wohl nicht.
Worum geht's?
Schlichtweg darum, wer am Sonntag im Stade des France zu Saint Denis das Endspiel dieser Fußballeuropameisterschaft gegen Portugal bestreitet. Einen Favoriten gib es heute (ab 21 Uhr im Liveticker bei n-tv.de) nicht, wenn die deutsche Mannschaft vor 64.000 Zuschauern im Stade Vélodrome in der südfranzösischen Hafenstadt Marseille an der Mittelmeerküste auf Gastgeber Frankreich trifft. Aber: Die DFB-Elf hat sich in ihrer Rolle als Heimpartyschreck gut eingerichtet. 1966 verlor Deutschland zwar in Wembley das Finale der Weltmeisterschaft gegen Gastgeber England, seitdem aber ist die Bilanz makellos: Neun Mal hat seitdem ein deutsches Team gegen den Ausrichter einer EM oder WM gespielt. Und neun Mal hat es gewonnen - vor zwei Jahren im Halbfinale mit 7:1 gegen Brasilien. Das wissen sie auch in Frankreich. Und so vergleicht die französische Sporttageszeitung "L’Equipe" das Duell mit dem Nachbarn auch mit "der Besteigung des Mount Everest".
Wie ist die Ausgangslage?
Thomas Müller, der bei diesem Turnier so unglückliche Jäger des verlorenen Tores, glaubt allerdings kaum, dass sich die Geschichte wiederholt: "Man kann nicht davon ausgehen, dass wir 7:1 gewinnen." Abgesehen vor der Absurdität dieses einmaligen Ergebnisses wird es heute mit Sicherheit enger zugehen als 2014 in Belo Horizonte. Während sich Joachim Löw nach den anstrengenden 120 Minuten inklusive Elfmetergrotestke gegen Italien überlegen muss, wie der die Ausfälle des verletzten Mario Gomez, des angeschlagenen Sami Khedira und des gesperrten Mats Hummels kompensiert, wittert Frankreich nach dem fulminanten 5:2 im Viertelfinale gegen Island seine Chance. Die Stimmung im Land hat sich um einiges verbessert und tendiert in Richtung Euphorie, fast scheint es so, dass Les Bleus es wieder einmal geschafft haben, die gespaltene Nation zumindest auf dem Fußballplatz zu einen. Dementsprechend viel steht allerdings für das Team von Didier Deschamps auf dem Spiel. Was Frankreichs Trainer zu der verblüffenden Feststellung veranlasste: "Alles ist möglich."
Wie ist die deutsche Mannschaft drauf?
Wie soll es einer Mannschaft schon gehen, die von coolsten Bundestrainer aller Zeiten angeleitet wird? Joachim Löw ruht in sich und genießt. Verletzungssorgen. "Wir nehmen es so, wie es ist." Und er ist sich sicher, dass er eine Lösung findet. "Ich liebe K.-o.-Spiele. Ich freue mich auf dieses Spiel genauso, wie ich mich auf das Spiel gegen Italien gefreut habe." Und wie sieht sein Plan aus? Das sagt er, wie stets, nicht. Für Gomez übernimmt entweder Vornamensvetter Götze den Job als zentraler Angreifer, oder Müller rückt in die Mitte. Wenn er das tut, bilden wohl Julian Draxler links, Mesut Özil in der Mitte und Götze rechts die offensive Dreierreihe im Mittelfeld. Vor der Viererabwehrkette, in der Benedikt Höwedes den gesperrten Hummels als Innenverteidiger neben Jérome Boateng ersetzt, ist Toni Kroos als eine Hälfte der Doppelsechs gesetzt. Die andere Hälfte wird dann doch etwas überraschend der zuletzt wegen einer Zerrung angeschlagene Bastian Schweinsteiger einnehmen – und nicht die zuletzt gehandelten Emre Can (FC Liverpool) und Julian Weigl (Borussia Dortmund). "Basti konnte heute das ganze Abschlusstraining absolvieren. Er wird auf jeden Fall dabei sein. Er wird definitiv beginnen. Er hat die Physis und die Kraft, von Anfang an zu spielen", erklärte Löw am Mittwochabend bei der obligatorischen Pressekonferenz vor dem Spiel im Stade Vélodrome. "In so einem Hexenkessel ist seine Erfahrung enorm wichtig." Und, noch wichtiger: "Sein Verletzung ist auskuriert." Denn angeschlagene Spieler, die wollte Löw ja zu 100 Prozent nicht mehr spielen lassen. Das hat er ja diese Woche im DFB-Basecamp in Évian noch einmal nachdrücklich betont.
Was machen die Franzosen so?
Sie loben den Gegner: "Deutschland ist nun einmal Deutschland. Die beste Mannschaft in Europa - und der Welt", sagt Trainer Deschamps: "Sie haben so viel technische Qualität, schon beim Torhüter angefangen." Das heißt aber nicht, dass er nicht an seine Mannschaft glaubt. Sein Plan verspricht ein Offensivspektakel: "Je mehr wir sie zum Verteidigen zwingen, umso besser." Die Zeitung "Le Parisien" fand gar vier Argumente, "um an den Erfolg von Les Bleus zu glauben". Nämlich: "Den feurigen Angriff" mit dem Tordreieck Antoine Griezmann (vier Treffer), Olivier Giroud und Dimitri Payet (jeweils drei), Deschamps' "erweiterbare Taktik", ein "dezimiertes Deutschland" und eine französische Mannschaft, die "zuversichtlich ist wie nie". Und Verbandschef Noël Le Graët versicherte "L'Equipe" angesichts der Tatsache, dass sein Land seit 58 Jahren kein K.-o.-Spiel mehr gegen eine DFB-Elf gewonnen hat: "Les Bleus haben keine Angst mehr vor den Deutschen." Ein richtiges K.-o.-Spiel war die Partie um Platz drei bei der WM 1958 in Schweden ja nicht. Frankreich siegte jedenfalls mit 6:3.
War sonst noch etwas?
Aber hallo! Sollten Sie jemals den Verdacht gehabt haben, n-tv.de würde nicht alles für eine erfolgreiche deutsche EM-Mission tun, dann räumen wir jetzt endgültig jeden Zweifel aus! Deutschland wird Europameister, weil wir die richtigen Namen haben, Löw, Özil, Khedira und so. Und glauben Sie jetzt bloß nicht, das Heilwasser von Évian oder die Hitze von Marseille (rund 35 Grad) hätten uns den Verstand geraubt. Ne, ne, wir bedienen uns da lediglich der Expertise von Deutschlands bekanntestem Onomastiker (Namensforscher). Professor Dr. Jürgen Udolph ist nämlich voll und ganz davon überzeugt, dass die Namen Rückschlüsse auf den Charakter geben, das hat er dem Sport-Informations-Dienst verraten. Da wäre zum Beispiel der Herr Khedira: "Sein Nachname stammt vom arabischen 'al-Qadir' ab, einem von 99 Beinahmen Allahs und der bedeutet 'der zu allem Fähige' oder 'der Besitzer aller Macht und Autorität'." Okay, blödes Beispiel, denn Khedira spielt ja nicht. Egal, das Pulver geht uns ja nicht aus. Nehmen wir Toni Kroos. Da passt der Nachname zum Auftreten auf dem Rasen. Er beruht auf dem mittelniederdeutschen Wort "krôs" und bedeutet Kanne, Krug oder Trinkgefäß. "Kroos kann ein Beiname für den Wirt gewesen sein", erklärt Udolph. Warum das passt? Beim WM-Triumph 2014 hatte Kroos bei brasilianischen Medien den Spitznamen "Garçon" (Kellner), weil er seine Teamkollegen so gekonnt mit Pässen bediente. Lesen Sie noch mit? Gut! Geht nämlich weiter. Mit dem Mesut. "Özil" leitet sich aus der türkischen Vokabel "öz" ab. Daraus entsteht "Özel", was so viel bedeutet wie "speziell, eigen". Von der Hand zu weisen ist das ja nicht, egal ob Fan oder Kritiker.
Aber es wird noch besser, wenn Sie denn noch können. Leroy Sané zum Beispiel, spielt zwar bislang nicht, doch sein Name könnte beim Kampf um den EM-Thron eine Bestimmung sein. "Leroy ist wahrscheinlich auf französisch 'le roi', der König, zurückzuführen", sagt der Onomastiker. Geht es aber nur nach der Bedeutung des Namens, gibt es keinen besseren als den des Bundestrainers, glaubt Udolph: "Löw ist eine Kurzform von Löwe. Dieser Name wurde in erster Linie von Familien übernommen, die die Eigenschaften des Tieres hatten: kräftig, stark, tapfer und mutig." So: Und jetzt sagen Sie nochmal, wir würden nicht alles versuchen!
Quelle: ntv.de