Collinas Erben

"Collinas Erben" ziehen den Hut Ganz am Ende meckert niemand über die Schiris

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Schiedsrichter Tobias Stieler leitete das wohl wichtigste Spiel des Saisonfinals und traf schwerwiegende Entscheidungen.

Schiedsrichter Tobias Stieler leitete das wohl wichtigste Spiel des Saisonfinals und traf schwerwiegende Entscheidungen.

(Foto: picture alliance / Dennis Ewert/RHR-FOTO)

Am letzten Spieltag in der ersten und zweiten Fußball-Bundesliga zeigen die Schiedsrichter und ihre VAR starke Leistungen, auch in den brisantesten Begegnungen. Keine einzige Entscheidung steht im Mittelpunkt. Besonders zwei Shooting Stars der Saison überzeugen.

Die Schiedsrichter und auch die Video-Assistenten in der ersten und zweiten Bundesliga dürften am vergangenen Wochenende aufgeatmet haben. Gab es unlängst noch aufgeregte öffentliche Diskussionen über fehlende VAR-Eingriffe, nicht gegebene Strafstöße und den Vorschlag, ehemalige Profifußballer in der Kölner Videozentrale einzusetzen, so brachten die Unparteiischen nun den letzten Spieltag in den beiden höchsten deutschen Spielklassen über die Bühne, ohne dass hernach viel über sie und ihre Entscheidungen debattiert wurde. Und das Ausbleiben von Kritik ist für Referees ja durchaus eine Form des Lobes.

Begünstigt wurde das sicherlich dadurch, dass die Schiedsrichter und die VAR relativ wenige knifflige Situationen zu bewerten hatten. Zwei davon trugen sich in der Partie zwischen Borussia Dortmund und Hertha BSC (2:1) zu, nach der die Berliner auf den Relegationsplatz abrutschten. Als eine Viertelstunde gespielt war, drang Ishak Belfodil auf der rechten Angriffsseite in den Strafraum der Gastgeber ein und schlug einen Haken um seinen Gegenspieler Dan-Axel Zagadou. Der Dortmunder Verteidiger geriet infolgedessen in eine gegenläufige Bewegung und traf beim erfolglosen Versuch, den Ball zu erreichen, mit seinem rechten Fuß Belfodils linken Unterschenkel. Der Herthaner ging zu Boden.

Schiedsrichter Tobias Stieler pfiff und entschied auf Strafstoß, doch fast gleichzeitig hob sein Assistent die Fahne, um zu signalisieren, dass sich Belfodil zuvor beim Zuspiel im Abseits befunden hatte. Daraufhin nahm der Unparteiischen seine Elfmeterentscheidung zurück, aber auch dabei sollte es nicht bleiben. Denn Video-Assistent Benjamin Brand fand bei der Überprüfung der Szene heraus, dass Belfodil nicht im Abseits gewesen war. Damit hätte Stieler zu seiner ursprünglichen Entscheidung, den Berlinern einen Strafstoß zuzuerkennen, auch ohne On-Field-Review zurückkehren können. Doch er beschloss, sich die Szene am Monitor selbst noch einmal anzusehen.

Stielers Elfmeterentscheidungen sind streng, aber vertretbar

Das war schon aus Gründen der Transparenz und der Klarheit in diesem für die Hertha so bedeutsamen Spiel sinnvoll, schließlich könnte bei der Abfolge "Strafstoß - kein Strafstoß, sondern Abseits - doch kein Abseits, sondern Strafstoß" so mancher den Durchblick verloren haben. Den Elfmeter zu geben, den Belfodil selbst zum 0:1 verwandelte, war dabei eine zumindest vertretbare Entscheidung. Zwar war der Treffer an Belfodils Unterschenkel nicht übermäßig heftig, aber doch ein deutlicher Impuls gegen das Standbein. Dass Tobias Stieler diesen als ursächlich dafür bewertete, dass der Berliner beim Hakenschlagen fiel, war jedenfalls nachvollziehbar, zumal seine Zweikampfbewertung in dieser Partie generell eher strikt war.

Nach 65 Minuten gab es auch für den BVB einen Strafstoß. Vorausgegangen war ein Handspiel von Herthas Verteidiger Marvin Plattenhardt im eigenen Strafraum nach einem Freistoß für die Gastgeber und dem folgenden Ablenken des Balles durch den Berliner Santiago Ascacíbar mit angelegtem Oberarm. Referee Stieler hatte Plattenhardts Ballkontakt mit dem Unterarm vermutlich gar nicht wahrgenommen, es kam jedenfalls zu einem weiteren On-Field-Review. Auch die darauf folgende, zweite Elfmeterentscheidung fällt in die Kategorie "hart, aber vertretbar": Zwar kam der Ball für Plattenhardt gewiss etwas überraschend aus kurzer Distanz von seinem Mitspieler Ascacíbar, doch der Herthaner hatte seinen Arm zuvor ein Stück vom Körper abgespreizt und damit die Trefferfläche vergrößert.

Schröder und Jablonski: Überzeugende Shooting Stars

Die intensive und am Ende dramatische Begegnung des VfB Stuttgart gegen den 1. FC Köln (2:1) brachte Schiedsrichter Robert Schröder, der nicht zum ersten Mal in dieser Saison mit der Leitung eines potenziell brisanten Spiels betraut worden war, unterdessen souverän über die Runden und behielt auch in der turbulenten Schlussphase den Überblick. Der - vergebene - Strafstoß für den VfB in der elften Minute nach einem Foulspiel von Luca Kilian gegen Tiago Tomas war vollauf berechtigt. Ob Saša Kalajdžić bei seinem nach dem folgenden Eckstoß erzielten Kopfballtreffer zum 1:0 den linken Arm regelwidrig gegen Timo Hübers eingesetzt hatte, ließ sich mit den Fernsehbildern nicht zweifelsfrei aufklären. Eine Schlagbewegung gegen den Kölner Verteidiger war jedenfalls nicht auszumachen.

Auch Sven Jablonski - wie Schröder einer jener Referees, die in dieser Spielzeit immer wieder in Partien eingesetzt wurden, die stärker im Fokus waren - überzeugte im Spiel Bayer Leverkusen - SC Freiburg (2:1). Mit der Gelben Karte für den Freiburger Maximilian Eggestein nach dessen - nicht allzu intensivem - Treffer mit der Sohle an der Achillessehne und dem Knöchel von Moussa Diaby setzte er bereits nach zwei Minuten eine klare Grenze. Als Diaby eine Viertelstunde später im Sprung kurz mit den Stollen auf Eggesteins Knie trat, sich so gewissermaßen revanchierte und ebenfalls verwarnt wurde, wäre auch ein Feldverweis in Betracht gekommen. Doch es passte zu Jablonskis eher großzügiger Linie in dieser für die Freiburger so wichtigen Begegnung, dass er es, da ein Ermessensspielraum vorhanden war, bei Gelb beließ - und dafür Akzeptanz fand.

Aufstiegskampf in Liga zwei: Brych, Aytekin und Zwayer souverän

Im Spiel zwischen dem 1. FC Union Berlin und dem VfL Bochum (3:2) ließ der Unparteiische Marco Fritz ebenfalls nichts anbrennen. Als der Bochumer Robert Tesche nach 23 Minuten im eigenen Strafraum seinen linken Arm in die Flugbahn des Balles brachte, lief die Partie zwar zunächst weiter. Doch nach dem berechtigten Eingriff von VAR Pascal Müller und dem folgenden On-Field-Review gab Fritz schließlich doch noch den fälligen Strafstoß, den Taiwo Awoniyi zum 2:0 verwandelte.

Fritz' Kollege Martin Petersen annullierte derweil ebenfalls zu Recht das vermeintliche Siegtor des 1. FSV Mainz 05 in der Begegnung gegen Eintracht Frankfurt (2:2) wegen eines Handspiels von Jonathan Burkardt, dem Eintracht-Torwart Kevin Trapp den Ball beim misslungenen Fangversuch gegen den Oberarm gedrückt hatte. Da der Ball von Burkardts Arm ins Tor ging und auch ein unabsichtliches oder sogar unvermeidliches Handspiel des Torschützen strafbar ist, wenn es bei der Torerzielung oder unmittelbar davor geschieht, durfte der Treffer nicht zählen.

In der Zweiten Bundesliga zeigten die Unparteiischen am letzten Spieltag vor allem in den Begegnungen, in denen es um den Aufstieg ging, ebenfalls tadellose Leistungen. Ihre sportliche Leitung hatte dazu auch einige der absoluten Spitzenkräfte entsandt: Felix Brych amtierte im Spiel Hansa Rostock - Hamburger SV (2:3), Deniz Aytekin beaufsichtigte die Partie des SV Darmstadt 98 gegen den SC Paderborn 07 (3:0), und Felix Zwayer leitete die Auseinandersetzung zwischen Werder Bremen und Jahn Regensburg (2:0). Alle drei erledigten ihre Aufgaben geräuschlos und souverän. Und das ist sehr wohl der Rede wert.

Quelle: ntv.de

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