"Collinas Erben" frohlocken Sogar der unglückliche FC Bayern lobt den VAR
20.03.2023, 06:39 Uhr

Bei Borussia Dortmund, so sagt der Schiri-Boss, hatten sie Glück mit einer Entscheidung.
(Foto: picture alliance / nordphoto GmbH / Kröger)
In Leverkusen wird der Video-Assistent am 25. Spieltag zum "Lebensretter" des Schiedsrichters, in den Abstiegsduellen dagegen lösen die Unparteiischen auch anspruchsvolle spielrelevante Aufgaben, ohne den VAR zu benötigen. Lediglich in Dortmund gibt es eine Kontroverse über ein schwierig zu bewertendes Handspiel.
Bei all der Schelte, die die Video-Assistenten immer wieder - aber längst nicht immer zu Recht - einstecken müssen, bot das sonntägliche Spiel zwischen Bayer 04 Leverkusen und dem FC Bayern München (2:1) einen deutlichen und etwas kuriosen Kontrast. Zweimal nahm Schiedsrichter Tobias Stieler eine "Schwalbe" von Amine Adli im Strafraum der Bayern wahr und verwarnte ihn deshalb jeweils, beide Male intervenierte VAR Sören Storks jedoch völlig zu Recht, weil Adli klar gefoult worden war. Stieler nahm folgerichtig in beiden Fällen die Gelbe Karte zurück, bat Adli per Handschlag um Entschuldigung und sprach den Leverkusenern einen Strafstoß zu, den Exequiel Palacios sicher verwandelte.
Ohne VAR hätten die Hausherren die Partie also womöglich mit 0:1 verloren, Amine Adli hätte mit Gelb-Rot das Feld verlassen müssen, und dem Unparteiischen wäre eine Welle der Kritik entgegengeschlagen. So aber waren am Ende alle einverstanden, die Leverkusener ohnehin, der Referee ebenfalls - "Lebensretter" nannte er seinen Kollegen erkennbar erleichtert im Interview des Senders DAZN sogar -, und auch Bayern-Trainer Julian Nagelsmann hielt fest: "Ich bin generell ein Freund vom VAR", sagte der Coach: "Heute waren es zwei Elfmeter, demnach war alles im Sinne der Gerechtigkeit. Von daher war es bitter, aber fair."
Er habe die Kontakte von Benjamin Pavard und Dayot Upamecano gegen Adli auf dem Feld nicht wahrgenommen, und das "atypische Fallmuster" des Leverkuseners habe aus seiner Sicht für eine "Schwalbe" gesprochen, machte der Spielleiter transparent, wie es zu den falschen Entscheidungen gekommen war. Umso dankbarer war er für die Unterstützung aus Köln: "Das war heute ein Paradebeispiel für die perfekte Zusammenarbeit mit dem Videoassistenten." Der bereits verwarnte Pavard hätte für sein Foul an Adli - mit dem er einen aussichtsreichen Angriff unterband und bei dem er nicht versucht hatte, den Ball zu spielen - allerdings Gelb-Rot bekommen müssen.
"Dahouds Handspiel ist für uns strafbar"
Wäre es doch nur immer so klar und offensichtlich, dass ein klarer und offensichtlicher Fehler vorliegt, wie bei den beiden Entscheidungen in Leverkusen! In der Begegnung Borussia Dortmund - 1. FC Köln (6:1) ging es nach 27 Minuten nicht so eindeutig zu. Da lenkte der Dortmunder Mahmoud Dahoud beim Stand vom 2:0 den Ball nach einer Hereingabe von Florian Kainz im eigenen Strafraum mit dem rechten Arm ins Toraus, Schiedsrichter Daniel Siebert entschied sich gegen einen Handelfmeter. Dabei blieb es nach der Überprüfung durch VAR Pascal Müller. Wie so oft bei Handspielen gab es auch hier Argumente für und gegen die getroffene Entscheidung.
Peter Sippel, der sportliche Leiter der Bundesliga-Referees, stufte den ausgebliebenen Elfmeterpfiff als Fehler ein: "Die Hand ist doch sehr weit oben, und er blockt damit den Ball, daher ist es für uns ein strafbares Handspiel", sagte er in der Sendung "Doppelpass". Geltend machen könnte man aber auch, dass Dahoud in einer normalen Laufbewegung war und seinen Arm somit nicht unnatürlich erhoben hatte. Zudem war der Ball kurz vor dem Handspiel aus geringer Distanz von Jonas Hector abgelenkt worden und dadurch etwas anders auf Dahoud zugekommen, als dieser es erwarten konnte. Ohne diese Änderung der Flugbahn wäre es womöglich nicht zum Handspiel gekommen.
Für den VAR sei Sieberts Entscheidung nicht klar und offensichtlich falsch gewesen, erklärte Sippel den Grund, warum es nicht zum On-Field-Review kam. Tatsächlich war der Fall nicht völlig eindeutig. Sippel wies allerdings auch darauf hin, dass die Regelauslegung beim Handspiel international vergleichsweise streng sei und man sich in der Bundesliga an diesen Vorgaben orientieren müsse, denn "sonst haben wir eine zu große Diskrepanz". In UEFA-Wettbewerben etwa werden Handspiele fast immer geahndet, wenn die Hand oder der Arm ein Stück vom Körper abgespreizt oder über Schulterhöhe gehalten wird, auch wenn der Körper dadurch nicht auf unnatürliche Weise vergrößert wird. Gemessen daran war Dahouds Handspiel ahndungswürdig.
Willenborg löst gleich vier knifflige Fälle ohne Hilfe des VAR
In den anderen Partien des 25. Spieltags - auch in jenen der abstiegsbedrohten Teams - blieben den Unparteiischen und ihren Video-Assistenten solche besonders strittigen Szenen erspart. Und den Schiedsrichtern gelang es durchweg, ohne Hinzuziehung des VAR die spielrelevanten Situationen korrekt zu bewerten. Besonders erwähnenswert war das im Kellerduell zwischen der TSG 1899 Hoffenheim und Hertha BSC (3:1), in dem der exzellent leitende Referee Frank Willenborg gleich in vier entscheidenden Szenen auf Anhieb richtig lag.
In der 22. Minute bewertete er das Handspiel von Tolga Cigerci im eigenen Strafraum zu Recht als strafbar - der Berliner hatte beide Arme über den Kopf gestreckt und damit den Ball berührt. Es gab hier genauso zu Recht einen Strafstoß für die Gastgeber wie eine Viertelstunde später, als Filip Uremović seinen Gegenspieler Ihlas Bebou zu Fall brachte. Das Handspiel des Hoffenheimers Robert Skov kurz vor dem eigenen Tor wiederum stufte Willenborg nach 49 Minuten richtigerweise als nicht ahndungswürdig ein, denn Skov hatte erkennbar versucht, das Handspiel durch das Wegziehen seines Armes zu vermeiden, als der Ball aus kurzer Distanz von seinem Torwart Oliver Baumann auf ihn zukam. Ebenfalls korrekt war der Feldverweis gegen Munas Dabbur in der 71. Minute nach einem rüden Tritt in die Wade von Dodi Lukebakio.
Auch in Augsburg und Stuttgart liegen die Referees richtig
Auch Willenborgs Kollege Daniel Schlager entschied im Spiel des FC Augsburg gegen den FC Schalke 04 (1:1) in wesentlichen Szenen richtig: Der Tritt von Ermedin Demirović mit weit erhobenem Fuß gegen den Kopf von Tom Krauß im Zweikampf um den Ball nach 53 Minuten erfolgte zwar gewiss nicht absichtlich, aber das war unerheblich, zumal Demirović seinen Gegenspieler im Blick hatte. Unzweifelhaft berechtigt war auch der Strafstoß für die Schalker in der Nachspielzeit - Schlager hatte sehr gut erkannt, dass Jeffrey Gouweleeuw im Augsburger Strafraum gegen Simon Terodde einen Wimpernschlag zu spät kam und nur das Bein des Schalkers traf, der seinerseits den Ball gespielt hatte.
In der Partie des VfB Stuttgart gegen den VfL Wolfsburg (0:1) entschloss sich Schiedsrichter Felix Brych unterdessen wenige Minuten vor Schluss, das Handspiel des Wolfsburgers Sebastiaan Bornauw im eigenen Strafraum nach einem Schuss von Enzo Millot nicht als strafbar zu bewerten. Auch diese Entscheidung war völlig korrekt, denn Bornauw hatte seinen Oberarm am Körper angelegt und seinen Unterarm nach hinten gezogen, um ein Handspiel zu verhindern. Insgesamt war es für die Referees und ihre Helfer an den Monitoren in Köln ein erfolgreicher Spieltag ohne größere Diskussionen - und dafür mit VAR-Eingriffen, die allseits gelobt wurden. Das passiert auch nicht jedes Wochenende.
Quelle: ntv.de