
Uli Hoeneß hatte schon vor 20 Jahren schwer zu leiden.
Wie sich die Ereignisse gleichen: Vor 20 Jahren verliert der FC Bayern wie am vergangenen Wochenende beim VfL Bochum. Mit neun Punkten Rückstand auf den Tabellenführer und nach dem vorzeitigen Aus im DFB-Pokal ist damals klar: Es muss alles anders werden, auch dank eines neuen Trainers für die "leblose Star-Truppe".
"Der neue Trainer muss mit harter Hand die Spieler wieder auf den Pfad der Tugend führen." Bayern-Manager Uli Hoeneß hatte vor zwanzig Jahren genug von seiner Mannschaft. Als der Rekordmeister im Mai 2004 beschloss, Felix Magath aus seinem Vertrag beim VfB Stuttgart herauszukaufen und ein Jahr früher als geplant zum FC Bayern zu holen, da war das Kind schon in den Brunnen gefallen. Nur mit Mühe und Not hatte der amtierende Meister und Pokalsieger unter der Regie eines müden Ottmar Hitzfeld noch die direkte Qualifikation für die Champions League geschafft. Doch dann stand endgültig fest, dass es so nicht mehr weitergehen könne.
Denn im Februar vor genau zwanzig Jahren hatten die Bayern nach einer Niederlage beim VfL Bochum (!) bereits unglaubliche neun Punkte Rückstand auf den Tabellenersten aus Bremen gehabt. Und allen Durchhalteparolen zum Trotz: Nach der Niederlage im Ruhrstadion war den Verantwortlichen des Rekordmeisters - genau wie heute - klar geworden, dass sich dringend im Verein etwas ändern müsste. Und ähnlich wie heute klammerten sich damals die letzten Hoffnungen des Klubs noch an das Achtelfinale der Champions League. Doch nach zwei wenig spektakulären Spielen, die allenfalls von der alten Rivalität des Klassikers lebten, musste man sich Real Madrid geschlagen geben. Experte Lothar Matthäus hatte schon vor den beiden Partien im Frühjahr 2004 wenig Hoffnung für den Rekordmeister gehabt: "Bayern tritt so schlecht auf wie seit Jahren nicht. Ich sehe schwarz, dass sie in diesem Jahr einen Titel holen." Er sollte Recht behalten.
Neururer-Elf ist Bayern-Stars überlegen
In der Rückschau ist es fast unglaublich, wie sehr sich Ereignisse von damals und heute ähneln. Die auffälligste Parallele bei diesem Déjà-vu ist besonders die Vehemenz des Absturzes. Denn genau wie heute verfügte der FC Bayern damals über einen Kader, der eigentlich über jeden Zweifel erhaben war. Bei der verdienten Niederlage in Bochum standen Spieler wie Oliver Kahn, Willy Sagnol, Bixente Lizarazu, Zé Roberto, Roy Makaay oder auch das junge Nachwuchstalent Bastian Schweinsteiger auf dem Platz. Eine Mannschaft also, die den VfL Bochum eigentlich zu jeder Zeit hätte schlagen müssen können. Doch die "jungen Wilden" des VfL um ihren extravaganten Trainer Peter Neururer ("Der Bekloppteste von allen bin wohl ich selbst") spielte den 1:0-Sieg gegen die Bayern am Ende ohne Probleme runter.
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Wie schlecht es um den Rekordmeister damals wirklich stand, zeigte sich auch an dem großen Selbstvertrauen der Bremer - die schon nach dem 20. Spieltag anfingen, die Meisterparty zu planen. Auch wenn Vorstandsboss Jürgen L. Born offiziell und professionell tiefstapelte ("Bis zur Meisterschaft ist es noch ein langer Weg"), verriet er dennoch im kleinen Kreis, was denn im Falle eines Triumphs geplant sei: "Die Feier findet mit Sicherheit am Rathaus statt. Unser Bürgermeister und die Senatoren bieten das an." Und genau so kam es dann später auch. Am Tag nach dem 33. Spieltag feierte man ausgelassen und bei herrlichem Wetter auf dem Balkon des Rathauses. Und weil es schön war, ließ man es auch nach dem siegreichen DFB-Pokalfinale, das der SV Werder Bremen mit 3:2 gegen den Zweitligisten Alemannia Aachen, der im Viertelfinale Titelverteidiger Bayern München (!) ausgeschaltet hatte, gewann, noch einmal tüchtig krachen.
Magath soll Schock umwandeln
In München hatte man zu diesem Zeitpunkt schon längst den Wechsel auf der Position des Cheftrainers zur neuen Saison bekannt gegeben. Felix Magaths eindeutige Aufgabe lautete, so die Presse, eine "leblose Star-Truppe wieder flottzumachen." Der Schock nach einer Spielzeit voller Misserfolge saß tief beim Rekordmeister. Und so forderte Manager Uli Hoeneß unmissverständlich vom neuen Coach Felix Magath einen Kurswechsel - bei einem nahezu unveränderten Team: "Er ist bekannt dafür, dass er auf große Namen keine Rücksicht nimmt, dass er eine Mannschaft mit einer ziemlich straffen Hand führt, und dass er sie zum Laufen bringt." Doch das las sich auf dem Papier alles viel einfacher, als es am Ende sein sollte. Denn nach dem dritten Spieltag und einer 4:1-Klatsche bei Bayer Leverkusen standen die Bayern nur auf dem 11. Tabellenplatz.
Und nachdem Felix Magath gleich zu Beginn seiner Amtszeit beim Rekordmeister festgestellt hatte, dass "allgemein eine schlechte Stimmung, Unzufriedenheit und Unsicherheit" vorgeherrscht hatte, änderte er nach einer Aussprache mit der Mannschaft seine Taktik. Anders als gewohnt und anders, als es sein Spitzname in der Branche "Quälix" vermuten lässt, ging er auf die Spieler zu und lockerte etwas die Zügel: "Ich habe im Training etwas weniger gemacht und die Leistungen nicht mehr so hart kritisiert." Und das wurde von Erfolg gekrönt - auch wenn Felix Magath, trotz aller Titel, am Ende nie so richtig beim FC Bayern München ankommen sollte. Aber das ist dann wieder eine andere Geschichte voller kurioser Missverständnisse.
Quelle: ntv.de