Fußball-WM 2018

Als das Spiel noch lief Die Tränen des José María Giménez

Der Uruguayer ringt schon während des Spiels mit seinen Emotionen.

Der Uruguayer ringt schon während des Spiels mit seinen Emotionen.

(Foto: imago/Imaginechina)

Für Uruguay platzt gegen Frankreich der Traum vom WM-Halbfinale. Als Schlussmann Fernando Muslera dem Gegner das zweite Tor schenkt, verliert einer die Fassung, obwohl das Spiel noch läuft. José María Giménez weint.

Es war klar, dass es vorbei war. Das wussten sie, das wussten alle, die das Spiel gesehen hatten. Das 0:1 hätten Uruguays Fußballer im Viertelfinale der Weltmeisterschaft in Russland noch aufholen können, irgendwie, vielleicht, auch ohne ihren verletzten Topstürmer Edison Cavani. Aber als ihr Torhüter Fernando Muslera nach einer guten Stunde den Franzosen das zweite Tor schenkte, war im Grunde klar, wer die Vorschlussrunde erreichen würde. Und José María Giménez, der 23 Jahre junge Abwehrspieler der La Celeste, der Himmelblauen, sank im eigenen Strafraum auf den Rasen: Dann lag er dort und vergrub seinen Kopf unter den tätowierten Armen.

Während Diego Godín, der fast zehn Jahre ältere Kapitän der Uruguayer und Giménez' Partner in der Innenverteidigung beim spanischen Erstligisten Atlético Madrid und in der Nationalmannschaft, in die Hände klatschte, um seine Kollegen anzutreiben, fand Giménez keine tröstenden Worte für seinen Torhüter, dem in dieser 61. Minute nach einem eigentlich harmlosen Schuss des Franzosen Antoine Griezmann aus 20 Metern der Ball durch die Hände geglitten war. Giménez schien es einfach nicht glauben zu wollen, er war zu sehr mit sich selbst beschäftigt. Die letzte halbe Stunde in Nischni Nowgorod an diesem späten Freitagnachmittag dürfte für ihn nicht schön gewesen sein - so wenig wie für alle Uruguayer, die davon geträumt hatten, dass es dieses Mal gar zum dritten Weltmeistertitel nach 1930 und 1950 reichten könnte irgendwie, vielleicht.

Uruguays Fans bieten großes Kino

Wie sehr ihn das alles mitgenommen hatte, zeigte sich dann in der 89. Minute. Kurz zuvor hatte der argentinische Schiedsrichter Nestor Pitana auf Freistoß entschieden, weil eben jener Giménez den Franzosen Paul Pogba gefoult hatte. Griezmann ging zum Ball und legte ihn sich in zentraler Position 23 Meter vor Uruguays Kasten zurecht in dem Ansinnen, sein viertes Tor bei dieser WM zu erzielen. Giménez ging in die Mauer, um genau das zu verhindern. Und wenn sie es nicht direkt erkennen konnten, weil es zu weit weg war, so sahen es die 43.319 Zuschauer im Stadion auf den Videoleinwänden.

Giménez stand dort zwischen Matías Vecino von Inter Mailand und dem kurz vor dem 0:2 in der Hoffnung auf eine Wende eingewechselten Angreifer Maximiliano Gómez von Celta Vigo - und weinte. Als trüge er die Hoffnungen aller 3,4 Millionen Einwohner des kleinen südamerikanischen Landes auf seinen Schultern. Auch nach dem Schlusspfiff war er nicht zu trösten. Godín versuchte, ihn vom Rasen hochzuziehen, Torwart Muslera eilte herbei. Schließlich kümmerten sich auch die Franzosen um ihn, der noch ein Jahr jüngere Außenverteidiger Lucas Hernández war einer der Ersten, der mit seinem Klubkollegen sprach.

Ganz großes Kino boten derweil die Fans der Uruguayer, die den Anhängern der Les Bleus die ganze Partie über hörbar überlegen waren. Schon Minuten vor dem Abpfiff, als längst alle wussten, dass es vorbei war, schwenkten sie ihre Schals über ihren Köpfen und feierten ihre Mannschaft. Und auch der neutrale Teil des Publikums hatte sich da schon längst auf die Seite des Außenseiters geschlagen. Der 71 Jahre alte Trainer Óscar Washington Tabárez sagte hinterher: "Natürlich ist diese Niederlage schmerzhaft. Aber ich habe meinen Spielern gesagt, dass sie stolz sein und erhobenen Hauptes in die Heimat zurückkehren können."

Nun gelte für seine Mannschaft, die bis zu diesem Freitag nur beim 2:1 im Achtelfinale gegen Cristiano Ronaldos Portugal ein Gegentor kassiert hatte, den Blick nach vorne zu richten. "Eine Weltmeisterschaft findet schließlich alle vier Jahre statt." Das sei ja das Schöne am Fußball: "Es geht immer weiter." Hoffentlich hat José María Giménez gut zugehört.

Quelle: ntv.de

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