Brasilien schocken, Traum leben Ludwig/Walkenhorst baggern Beach-Gold an

Kira Walkenhorst und Laura Ludwig (r.) haben Gold im Blick, dafür aber müssen die Brasilianerinnen geschlagen werden. Eine verdammt schwere Aufgabe.

Kira Walkenhorst und Laura Ludwig (r.) haben Gold im Blick, dafür aber müssen die Brasilianerinnen geschlagen werden. Eine verdammt schwere Aufgabe.

(Foto: AP)

Mit dem Halbfinal-Einzug bei Olympia schreiben Laura Ludwig und Kira Walkenhorst Beachvolleyball-Geschichte. Im Kampf ums Finale wartet jetzt eine Schlacht: gegen das brasilianische Top-Duo und gegen eine tobende Arena.

In Brasilien gegen Brasilien? Für Beachvolleyballerin Kira Walkenhorst wird es definitiv eine "Premiere". Erleben darf sie die ab 21 Uhr deutscher Zeit an der Seite von Laura Ludwig im olympischen Beachvolleyball-Tempel an der Copacabana. Vor 15.000 Zuschauern trifft das beste deutsche Beachduo im ersten Halbfinale auf die brasilianische Top-Paarung Franca Maestrini und Talita Rocha. Im Duell mit der Nr. 1 der Setzliste entscheidet sich für Ludwig/Walkenhorst, ob sie am Mittwoch um Gold als Krönung ihrer Spiele blocken, baggern und schmettern oder um Bronze, ihren Minimaltraum.

Eine Medaille für Ludwig/Walkenhorst, sie wäre noch so ein Novum. Ihr Einzug ins Halbfinale war ja auch schon eines. "Schön, ne? Mir kommen gleich wieder die Tränen", kommentierte Ludwig die historische Tat am Sonntag im Viertelfinale gegen die Kanadierinnen Sarah Pavan und Heather Bansley. Noch nie ist eine europäische Damenpaarung bei Olympia so weit gekommen.

Ludwig und Walkenhorst waren glücklich und es war ihnen anzusehen. Kanada mit 21:14, 21:14 demontiert, im "gefühlten Finale" (Walkenhorst) zwei Chancen auf eine Medaille erspielt, und das auch noch an der Copacabana, für die Brasilianer die Wiege des Sports. Wie kann man da nicht glücklich sein? "Man hat gesehen, mir ist ein tierischer Stein vom Herzen gefallen, ich war tierisch aufgelöst", sprudelte es aus Ludwig heraus, ehe sie stockte. Ihr war aufgefallen: "Wir benutzen das Wort tierisch ganz schön oft."

"Wir werden besser und besser"

Tierisch gut wäre allerdings keine unzutreffende Beschreibung für die Leistung von Ludwig und Walkenhorst in Rio de Janeiro. Als Nr. 1 der Weltrangliste und formstärkstes Team 2016 nach Brasilien gereist, spielen sie in Brasilien wie Anwärter auf Gold. Fünf Spiele, fünf Siege und nur gegen Italien zum Vorrundenabschluss wirklich Mühe. "Ein gutes Turnier", findet Walkenhorst, und vor allem: "Wir werden besser und besser."

Das Viertelfinale gegen konsternierte Kanadierinnen in nur 37 Minuten war eine Demonstration. "Wir haben ja auch in den letzten Wochen und Monaten gezeigt, dass wir echt gut spielen können. Das haben wir zum Glück im Viertelfinale auch gezeigt", sagte Ludwig: "Auch nochmal eine Schippe draufgepackt zu den letzten Spielen, das wollten wir." Von Blockabwehr und Aufschlag "war es eins unserer besten Spiele", sagte Walkenhorst.

Sportlich und emotional bot es aber nur eine Ahnung davon, was sie im Halbfinale erwarten wird. Dann werden Ludwig und Walkenhorst erstmals mittendrin sein in einer jener Schlachten, zu der ein olympisches Beachvolleyball-Spiel in Rio mit brasilianischer Beteiligung bei engem Spielverlauf unweigerlich mutiert. Nicht im Sand, die Regeln sehen auch in Brasilien keinen Feindkontakt vor. Aber Ludwig/Walkenhorst werden nicht nur gegen Franca und Talita spielen. Auf sie wartet eine tobende Arena als Gegner, stellvertretend für das gesamte Land.

Wieder jubeln, das ist das Ziel.

Wieder jubeln, das ist das Ziel.

(Foto: imago/Eibner)

"Es war eine unglaubliche Atmosphäre, das beste Spiel, das ich jemals spielen durfte", schwärmte die Schweizerin Nadine Zumkehr nach ihrem Viertelfinale gegen Franca/Talita. Mit ihrer Partnerin Joana Heidrich hatte sie die Brasilianerinnen am Rand einer Niederlage, im zweiten Satz hatten sie drei Matchbälle. Doch in den entscheidenden Momenten zeigten die Brasilianerinnen angetrieben vom Publikum ihre Weltklasse, retteten sich mit 27:25 in den Entscheidungssatz und dort mit 15:13 ins Halbfinale. Herzzerreißend für Zumkehr, aber einmalig: "Das Publikum war verrückt. Ich möchte das tief in meinem Herzen bewahren, weil es unvergesslich war."

Hart genießen

Genau darauf, ließ Ludwig durchblicken, freut sie sich gegen brasilianische Gegner: "Es wird noch härter werden, aber wir werden es genießen." Bei ihren dritten Spielen ist sie angekommen bei Olympia und endlich auch im Halbfinale, das sie an der Seite von Lara Goller in Peking deutlich (Platz 9) und in London knapp verpasst hatte, da wurden sie Fünfte. Seit 2013 spielt sie mit Walkenhorst zusammen. Nach verletzungsbedingten Startschwierigkeiten stehen die Hamburgerinnen bei Olympia nun auf Anhieb dort, wo über die Medaillen entschieden wird.

Entscheidend für den seit Jahresbeginn konstanten Erfolg: Die Rückschläge haben sie als Team "noch mehr zusammengeschweißt und stärker gemacht", sagte Ludwig der "Welt". Hinzu kommen Trainer Jürgen Wagner, der in London Julius Brink und Jonas Reckermann zu Sensations-Gold geführt hatte, und ein ausgefeiltes Scouting-System als Erfolgskomponenten. Wenn Walkenhorst davon erzählt, wie die Gegner auch in Rio in stundenlanger Videoanalyse seziert werden, dann klingt es, als würden sie und Ludwig ihren Gegner besser kennen als der sich selbst.

"Natürlich sind die Gegner auch sehr variabel und verändern auch immer wieder was. Ganz genau kannst du auch nicht alles voraussagen", erzählte Walkenhorst: "Aber wenn du unter Druck bist, wenn du in Stresssituationen bist, dann verfällst du schon in deine gewohnten Muster. Das sind dann die Bälle, die unsere Trainer gut voraussagen." Druck aufbauen, Stress erzeugen, dazu sind Walkenhorst und Ludwig jederzeit in der Lage, gegen jedes Team der Welt. Ludwig sagt: "Die Hauptsache ist, dass wir uns auf uns konzentrieren. Das ist das A und O, egal wer da drüben steht."

"Ehrlich, im Moment sind sie das Team, das es zu schlagen gilt", sagte die Kanadierin Sarah Pavan nach der Viertelfinalabfuhr anerkennend: "Jeder auf der Tour hatte in diesem Jahr mit ihnen Probleme. Wenn sie weiter so spielen, können sie alles gewinnen." Das schwant auch den Brasilianern vor dem nächsten großen Heim-Halbfinale gegen ein deutsches Team. "Wir müssen gewinnen. Beachvolleyball ist ein brasilianisches Ding", sagte der Journalist Tarcísio Alves n-tv.de zwar: "Aber das war Fußball auch."

Quelle: ntv.de

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