Olympia

Die Sportler haben es verdient Warum Sie bei Olympia einschalten müssen

Alles im Blick, alle Blicke auf sie.

Alles im Blick, alle Blicke auf sie.

(Foto: AP)

Die Olympischen Spiele liefern viele Gründe, warum man sie ignorieren sollte. Gastgeber China ächtet Menschenrechte. Die Pandemie, trotz der das Großevent durchgezogen wird. Das Milliardengeschäft der Organisatoren. Aber ein wichtiger Grund, sie nicht zu ignorieren, bleibt: die Athletinnen und Athleten.

Menschenrechtsverstöße, verweigerte Meinungsfreiheit, Völkermordvorwürfe gegen das totalitäre Regime China. Milliarden-Wahnsinn für protzige Olympia-Bauten. Absurdes Machtgebaren auch des Internationalen Olympischen Komitees IOC. Ein Mega-Event inmitten der Pandemie. Die am Freitag beginnenden Olympischen Winterspiele in Peking stehen arg in der Kritik - zu Recht. Ist es da überhaupt angemessen, sich für Sportlerinnen und Sportler zu freuen, mit ihnen mitzufiebern? Ja, absolut!

Denn die Olympioniken können nichts für die Umstände, sie haben sich den Austragungsort nicht ausgesucht, sie finden die Vergabe nach Peking oftmals genauso fragwürdig. Sie sehen, dass auf ihre Kosten dieses Milliarden-Event durchgedrückt wird, dass sie als Hauptakteure auch ausgenutzt werden, mit ihnen Geld gescheffelt wird. Geld, von dem nicht viel bei ihnen ankommt. Kaum jemand verspürt unbändige Lust, für die Spiele nach Peking zu reisen.

Hinein in die Olympia-Blase, mit allen heftigen Einschränkungen, der Abgrenzung von der Außenwelt, täglichen Corona-Tests, oftmals Tage, wenn nicht Wochen zuvor abgeschottet von der eigenen Familie, um nichts zu riskieren. Immer mit dem Wissen im Hinterkopf, dass es selbst in Peking noch schlecht ausgehen kann. Sie nehmen es in Kauf. Denn Olympische Spiele sind das Größte, was sie in der Karriere erleben können. Oft nur ein einziges Mal, nur alle vier Jahre, Trainingspläne sind über den gesamten Olympia-Zyklus abgestimmt, der symbolische Stellenwert ist enorm.

Ohne Idole stirbt der Leistungssport

Wer arbeitet, muss Geld verdienen, da geht es Athletinnen und Athleten nicht anders als anderen Menschen. Bob-Pilot Johannes Lochner rechnet es in der ARD-Dokumentation "Spiel mit dem Feuer" vor: Pro Saison hat er für sein Team Fixkosten von 150.000 Euro. Zum Vergleich: Für einen Olympiasieg zahlt die deutsche Sporthilfe eine Prämie von 20.000 Euro, das reicht bei Weitem nicht. Leistungssport ist teuer, Lochner und Co. müssen ihn sich leisten können. Das geht bei den meisten Deutschen lediglich mithilfe von Sponsoren. Die aber zahlen nur, wenn ihre Sportler medial präsent sind.

Ohnehin ein Problem bei Olympia, wo persönliche Sponsoren der Athleten fast gar nicht präsentiert werden dürfen. Zudem hängt die Förderung eines jeden Sportlers von Ergebnissen ab, je erfolgreicher, desto größer der Lohn, die Einstufung in die Kaderförderung. Das gilt auch für die Fördergruppen etwa der Bundeswehr und -polizei: Wer die geforderten Leistungen nicht erbringt, wird entsprechend dem eigenen Dienstgrad in die regulären Einsätze versetzt.

Warum ist Christian Neureuther in den 1970er-Jahren so ein erfolgreicher Skirennläufer geworden? Weil er als kleines Kind die kürzlich verstorbene Heidi Biebl bei den Olympischen Spielen 1960 im Fernsehen gesehen hat. So erzählte er es am Montag in der ARD. Wo keine Idole mehr sind, wachsen keine nach. Eine weiter fortschreitende Entfremdung zerstört den Leistungssport. Dann gäbe es zwar keinen Ärger mehr um den Milliarden-Wahnsinn und Vorwürfe gegen das IOC, aber es gäbe auch keine Treffen der Sportler aus aller Welt mehr.

Einen Boykott von den Sportlerinnen und Sportlern zu fordern, ist falsch und ungerecht. Sie können nichts für die Verfehlungen des IOC, für Nachlässigkeiten der Politik, für die systemischen Probleme. Sie können nicht heilen, was Jahre zuvor versäumt wurde. Sie wollen ihren Jobs nachgehen, ihren Traum leben, ihre Wünsche erfüllen - und den Nachwuchs für ihren Sport begeistern. Es ist wichtig, dass die Olympischen Spiele trotz aller berechtigter Kritik stattfinden. Die Athletinnen und Athleten können und sollen dabei die Bühne nutzen, die ihnen ihr Sport gewährt. Sie können das System Olympia nicht ändern, aber sie können dazu beitragen, dass der Druck so groß wird, dass es geändert werden muss.

Quelle: ntv.de

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