"Ein Stück Zeitgeschichte" Möllemann-Flyer für 10 Euro
05.12.2002, 15:48 UhrVon einer limitierten Auflage kann man nicht sprechen: Über 8 Millionen Flugblätter ließ Jürgen W. Möllemann, ehemaliger FDP-Bundesvize, kurz vor der Bundestagswahl am 22. September drucken und an die Haushalte in Nordrhein-Westfalen verteilen. Der Flyer erlangte schnell Berühmtheit, denn in der Wurfsendung wurden Isarels Premier Ariel Scharon und der Vize-Chef des Zentralrats der Juden in Deutschland, Michel Friedman, scharf kritisiert.
Nun, drei Monate später, kann sich jeder ärgern, der den Flyer achtlos in die Altpapier-Tonne pfefferte. Bei Ebay werden die Original-Flyer nämlich schon jetzt versteigert. Die Preise liegen bei über 10 Euro. Warum Sie so viel Geld für eine Massendrucksache ausgeben sollen, erklärt ihnen ein Anbieter: "Sie wollen sich eine eigene Meinung bilden, wie es zum Ausgang der Bundestagswahl 2002 kam? Sie wollen den Auslöser mit eigenen Augen sehen? Dann nutzen Sie diese einzigartige Möglichkeit ein Stück Zeitgeschichte zu ersteigern."
Möllemann hatte im Bundestagswahlkampf mit dem Flugblatt für erheblichen Wirbel gesorgt. Die FDP-Führung ging nach Veröffentlichung des Textes auf Distanz zu Möllemann. Im Laufe der Ermittlungen zu dem umstrittenen Flugblatt wurde Möllemann vorgeworfen, am 20. September ein illegales Sonderkonto eingerichtet zu haben, um eben dieses Flugblatt zu finanzieren. Die größtenteils anonymisierten Überweisungen seien von Banken gekommen, bei denen bis zu 8.000 Euro hohe Einzelbeträge bar eingezahlt wurden. 838.000 Euro seien für das NRW-weit verbreitete Flugblatt abgebucht worden, mit dem Möllemann seine Attacken gegen die israelische Regierung und den Zentralrat der Juden wiederholt hatte. Möllemann erklärte später, er habe das Flugblatt mit Mitteln aus seinem Privatvermögen finanziert.
Am 20.Oktober trat Möllemann als Chef der nordrhein-westfälischen FDP und als Vorsitzender der Düsseldorfer Landtagsfraktion zurück. Inzwischen leitete die Partei ein Ausschluss-Verfahren gegen Möllemann ein.
Quelle: ntv.de