Technik

Bequemer Scheiden Per Mausklick zum Single-Leben

Scheiden tut weh, sagt der Volksmund. Damit wenigstens die Geldbörse nicht leidet, können sich in den USAScheidungswillige zu Dumping-Preisen per Internet vom Ehepartner trennen. "Scheidungszauberer" oder "Lückenloser Fall " nennen sich dieWeb-Anbieter, die den werdenden Single beim Ausfüllen der nötigen Formulare an die Hand nehmen. Auch in Deutschland ist die Online-Konsultation im Kommen, steht allerdings auf rechtlich eherschwammigem Boden.

"Das Verfahren war so einfach. Es ist ein schönes Konzept für den aktiven, vielbeschäftigten Erwachsenen, der sich um ernsthafte Angelegenheiten kümmern muss", schreibt eine dankbare Geschiedene aufeiner US-Scheidungswebpage. Hinter diesen Seiten stecken imNormalfall Rechtsanwaltsassistenten. Sie helfen sogar in ungewöhnlichen Fällen: "Sie können Ihren Ehepartner nicht finden?Lassen Sie sich trotzdem scheiden. Hier steht, wie!"

Kosten-Streit in Deutschland

Während die Scheidung per Internet in den USA im besten Fall nur349 US-Dollar kostet, teilweise sogar mit Geld-zurück-Garantie, sorgt der Preis für die deutsche "Online-Scheidung" für Streit. Denn im Gegensatz zu den USA herrscht bei einer deutschen ScheidungAnwaltszwang, erklärt Ingeborg Rakete-Dombeck, Vorsitzende des Familienrechtsausschusses der Bundesrechtsanwaltskammer. Das bedeutetauch, dass eine Scheidung nicht billiger angeboten werden kann, nurweil der Anwalt per Internet auftritt - er ist an die Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte (BRAGO) gebunden.

Damit liegen die Kosten einer Scheidung in Deutschland, bestehend aus Prozessgebühr, Verhandlungsgebühr und Beweisgebühr, in der Regel bei etwa einem Monatseinkommen. "Wenn diese Gebühren eingeschränkt berechnet werden, handelt es sich um eine nicht erlaubteGebührenunterschreitung", erläutert Rakete-Dombeck.

"Zeit, Nerven, Fahrerei"

Aus diesem Grund berechnet auch die Gelsenkirchener Anwältin BeateMeinberg für die Hilfe beim Ausfüllen der Formulare, das Einreichender Scheidung und die vollständige Abwicklung nicht einen Centweniger bei ihrem Online-Scheidungs-Service, als wenn jemand in ihre Praxis kommt. Trotzdem habe die Scheidung per Internet Vorteile: "Esist bequemer, man kann abends oder am Wochenende vom PC zu Hause ausdie Formulare ausfüllen", sagt Meinberg. Außerdem biete das Internet eine gewisse Anonymität: "Online brauchen die Leute keine Sorge zuhaben, Privates preisgeben zu müssen, es werden nur Faktenabgefragt." Außerdem spare man "Zeit, Nerven, Fahrerei"

Manipulierte Anwaltskammern?

Andere Online-Scheidungsanwälte werben aber trotz BRAGO auch mitfinanzieller Ersparnis. "Wir bieten ein beschränktes Mandat an, dasheißt, wir sind bei der Beweisaufnahme nicht anwesend und berechnen daher auch nicht die Gebühr dafür", erläutert der Münsteraner AnwaltChristian Scholz den günstigeren Preis seines Online-Angebots. Die für ihn zuständige Anwaltskammer Hamm hat diesen Vorgang nach eigenemBekunden abgesegnet.

"Die Kammern haben da eine uneinheitliche Handhabung", berichtetIngrid Groß, Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Familien- undErbrecht im Deutschen Anwaltsverein. Sie ist gegen den Wegfall derBeweisgebühr und argumentiert damit, dass der Anwaltszwang für dasgesamte Verfahren gelte. Das wüssten auch die Richter - sie würdenGroß zufolge das Verfahren einfach einstellen, wenn der Anwalt fehle.Deswegen wendeten einige Anwälte den Trick an, den Raum während der Beweisaufnahme nur geistig zu verlassen." Das nennt sich geistiger Vorbehalt, im Grunde ist das ein Verstoß, eine schlichte Lüge."

Problem der Haftung

Ein weiteres Problem der meist beratungsarmen Online-Scheidungstellt sich bei der Frage der Haftung, denn ein Anwalt istverpflichtet, vor Risiken, wie dem Verlust der Krankenversicherung,umfassend zu warnen. Allerdings gilt das Online-Angebot, genau wie in den USA, nur für so genannte einverständliche Scheidungen, bei denen die Eheleute ohnehin in Freundschaft auseinander gehen und sich über die Aufteilung von Geld, Kindern und Haus einig sind.

Laut Rakete-Dombeck kommt das aber nur selten vor: "Jeder sagt:"Ich will mich einverständlich scheiden lassen". Meist ändert sichdas sehr schnell." Um solche Sachverhalte vorher auszuloten, bieteteine amerikanische Internetseite ein "Scheidungs-Quiz". Dort werdendann so subtile Fragen gestellt wie: "Ist alles, was Sie wollen,Rache?"

Johanna Durnbaugh, dpa

Quelle: ntv.de

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